# taz.de -- Flüchtlinge aus Nordkorea in China: "Rette meinen Freund"
       
       > Bislang schickt China Flüchtlinge aus Nordkorea zurück. Dagegen regt sich
       > jetzt Protest in Südkorea. Helfen würde den Flüchtlingen ein
       > südkoreanischer Pass.
       
 (IMG) Bild: Täglich versammeln sich Aktivisten in Seoul, um gegen Chinas Abschiebung nordkoreanischer Flüchtlinge zu protestieren.
       
       SEOUL taz | Kim Eun-ju bricht unter Tränen die Stimme, als sie in
       fließendem Chinesisch einen Brief an Chinas Präsidenten Hu Jintao verliest.
       Seit einer Woche demonstriert sie gemeinsam mit Freunden vor der
       chinesischen Botschaft in Seoul. Täglich versammeln sich Aktivisten und
       einfache Bürger, um gegen Chinas langjährige Abschiebung nordkoreanischer
       Flüchtlinge zu protestieren.
       
       An Fahrt gewann die Bewegung angesichts der geplanten Zwangsabschiebung von
       34 Nordkoreaner. Neun wurden bereits vor einer Woche expediert. China
       beruft sich dabei auf das Freundschaftsabkommen mit Nordkorea, das die
       Abschiebung bilateral regelt. Die Genfer Flüchtlingskonvention von 1954 sei
       nicht anzuwenden, da es sich bei den Nordkoreanern um
       Wirtschaftsflüchtlinge handele, argumentiert Peking.
       
       In China halten sich Schätzungen zufolge bis zu 150.000 Nordkoreaner
       illegal auf. Werden sie festgenommen, droht ihnen Abschiebung.
       Südkoreanische Medien berichten, den nordkoreanischen Behörden zeige die
       Farbe des Stempels im Pass, ob das Fluchtziel Südkorea gewesen sei. In
       diesem Fall droht in Nordkorea die Todesstrafe oder lebenslange Haft in
       einem Straflager. Nach Südkorea geschafft haben es bis heute gut 23.000
       nordkoreanische Flüchtlinge.
       
       Eine davon ist die junge Kim Eun-ju. Wenn sie wie bei der Demonstration am
       Donnerstag die Abschiebung anprangert, kommen Erinnerungen hoch. Auch sie
       wurde 2002 - als Kind - geschnappt und flüchtete kurz darauf erneut,
       diesmal erfolgreich. Wer heute rückgeführt wird, dürfte weniger Glück
       haben. Der junge Diktator im Norden muss seine Macht festigen. Das geht am
       besten, indem er an Flüchtlingen ein Exempel statuiert.
       
       ## Offener Druck
       
       Südkorea, das Nordkoreaner formal als eigene Staatsbürger anerkennt, hatte
       sich bislang beim Thema bedeckt gehalten. Doch inzwischen wird aktiv und
       offen Druck ausgeübt. Cho Byung-jae, Sprecher im Außenamt, sagt: "Wir
       drängen die Chinesen, Fluchtwillige in ein Drittland ausreisen zu lassen."
       Aus humanitären Gründen solle Peking den Willen der Flüchtlinge
       akzeptieren. Staatspräsident Lee Myung-bak forderte am Mittwoch gar China
       auf, die Nordkoreaner "internationalen Normen entsprechend zu behandeln, so
       es nicht um Kriminelle gehe."
       
       Südkoreas Regierung erwägt, den Flüchtlingen künftig Bescheinigungen über
       eine südkoreanische Staatsbürgerschaft auszustellen, um ihre Ausreise zu
       ermöglichen. Das wäre ein historischer Schritt. Auch bei der nächsten
       Sitzung des UN-Menschenrechtsrats will Südkorea das Thema ansprechen.
       
       Die neue Haltung der südkoreanischen Regierung ist insofern etwas
       überraschend, ist China doch der wichtigste Handelspartner des Landes. Dass
       Südkoreas Regierung von der bisherigen Politiklinie abrückt, hat auch mit
       dem starken Druck einer neuen Generation junger Aktivisten zu tun. War
       Nordkorea bislang eher ein Thema für Veteranen und Ultrarechte, engagieren
       sich jetzt erstmals auch einfache Studierende. In sozialen Netzwerken
       treffen sie sich unter dem Motto "SaveMyFriend".
       
       Auch Prominente, Schauspieler und Sänger, die das Thema bislang aus
       Imagegründen mieden, beteiligen sich an der modernen Rettungskampagne. Die
       Parlamentarierin Park Sun-young von der konservativen Partei für Freiheit
       und Fortschritt, die sich seit Jahren für nordkoreanischer Flüchtlinge
       einsetzt, hat am Dienstag sogar einen Hungerstreik begonnen.
       
       26 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) J. Janowski
 (DIR) M. Kollenberg
       
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