# taz.de -- Mitsprache der Kommunen bei Massenställen: Der Zersiedelung vorbeugen
       
       > Beim Bau von Ställen für Massentierhaltung soll Gemeinden nun ein
       > größeres Mitspracherecht eingeräumt werden. Das behindert den
       > Fortschritt, findet der Bauernverband.
       
 (IMG) Bild: Innerhalb der Bevölkerung ist es zuletzt immer wieder zu Protesten gegen Massentierhaltung gekommen. Nun hat der Bund per Gesetzentwurf reagiert.
       
       BERLIN taz | Die Bundesregierung will den Bau von Massenställen neu regeln.
       So hat das Bundesbauministerium jetzt einen Entwurf für eine
       Gesetzesnovelle zur Stellungnahme an Länder und Verbände geschickt – in
       Abstimmung mit dem Landwirtschaftsministerium, wie eine Sprecherin von
       Ministerin Ilse Aigner (CSU) betont.
       
       Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass vor dem Bau großer Anlagen
       künftig ein Bebauungsplan aufgestellt werden muss – das würde das
       Mitspracherecht der Kommunen bei der Errichtung von Massenställen stärken.
       Nur Anlagen, die unter den Grenzen für eine Umweltverträglichkeitsprüfung
       liegen, dürften noch ohne Bebauungsplan genehmigt werden.
       
       „Die Anzahl der errichteten und beantragten Betriebe hat in den letzten
       Jahren stark zugenommen“, heißt es in der Begründung zu der Novelle.
       Massenställe sind im Baurecht bevorzugt: Eigentlich soll außerhalb von
       Gemeinden nicht gebaut werden, um einer Zersiedelung vorzubeugen. Die
       Ställe gehören zu den Ausnahmen, bei denen doch gebaut werden darf, was
       Tierschützern seit langem ein Dorn im Auge ist.
       
       Kritik an dem Gesetzentwurf kommt vom Bauernverband. „Mit einem
       Bebauungsplan wird es nicht mehr möglich sein, Ställe zu bauen“, sagt
       Sprecher Michael Lohse. Da komme es der Erfahrung nach sofort zu Protesten
       von Bürgerinitiativen.
       
       ## Grünen finden geplante Neureglung schwach
       
       Zwar gebe es derzeit aus Regionen, in denen sich Anlagen befinden, auch
       Klagen, beispielweise über Geruchsbelästigungen oder verschmutzte Gewässer,
       etwa wenn Gülle zu konzentriert auf die Felder gebracht werde. „Aber hier
       müssen die Länder die vorhandenen Gesetze konsequent anwenden“, sagt Lohse.
       Die Novelle in ihrer jetzigen Form führe dazu, dass einfach alte Anlagen
       weiter betrieben würden anstelle von neuen, moderneren Anlagen.
       
       Den Grünen ist die geplante Neuregelung dagegen zu schwach. Denn
       beispielsweise bei Mastgeflügel ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung
       mitunter erst ab 85.000 Tieren Pflicht. „Die Grenzen sind noch viel zu
       hoch“, sagt Friedrich Ostendorff, Agrarexperte der Grünen. Wer die Hürde
       umgehen wolle, bleibe eben hundert Tiere unter der Grenze. Er fordert, die
       Grenzen mindestens zu halbieren. Zudem müsse festgelegt werden, dass mehr
       als die Hälfte des notwendigen Futters auf Flächen angebaut wird, die zum
       Betrieb gehören.
       
       Diese Ergänzung sieht auch ein Papier aus dem Bundesumweltministerium vor.
       „Eine Tierhaltung, die nicht in einem ausgewogenen Verhältnis zum
       Pflanzenbau steht, führt zu einer Reihe negativer Umweltauswirkungen“,
       heißt es zur Begründung. Als „deutlich besser“ bezeichnet auch Ulrich
       Jasper von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) die
       Ergänzungen aus dem Umweltministerium.
       
       Dass die Ministerien überhaupt an einer Änderung des Baurechts für
       Tierställe arbeiten, ist auch auf den Druck aus den Kommunen
       zurückzuführen: In der Vergangenheit war es wiederholt zu Fällen gekommen,
       in denen geplante Massenställe zu anhaltenden Protesten aus der Bevölkerung
       führten und die Kommunen sich mehr Handlungsmöglichkeiten wünschten, um den
       Bau von Massenställen abzulehnen. Das Gesetz soll nach der derzeitigen
       Planung Mitte des Jahres verabschiedet werden.
       
       27 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Aigner erklärt Mindesthaltbarkeitsdatum: Futterpädagogik im Supermarkt
       
       Mit einer Aufklärungskampagne über das Mindeshaltbarkeitsdatum will
       Verbraucherministerin Aigner übermäßige Verschwendung von Lebensmitteln
       verhindern. Millionen Infoblätter werden verteilt.
       
 (DIR) Debatte Postdemokratie: Tod des Fachpolitikers
       
       Die Kommunen werden entmachtet. Der Einfluss von Medien, Lobbys und
       Kampagnen wächst. Das gräbt der Demokratie insgesamt das Wasser ab.
       
 (DIR) Hygieneprobleme bei Wiesenhof: Geflügelschlächter stillgelegt
       
       Bei einer Routinekontrolle wurden auf dem Geflügelschlachthof Möckern
       hygienische Mängel festgestellt. Der Betrieb wurde vorübergehend
       eingestellt.
       
 (DIR) Massientierhaltungs-Gegner: Bündnis gegen Billigfleisch
       
       Auch in Schleswig-Holstein nimmt die Massentierhaltung zu.
       Bürgerinitiativen und Tierschützer haben ein Bündnis gegründet, um für
       Alternativen zu werben.
       
 (DIR) Demonstration zur Grünen Woche: Umweltschützer fordern Agrarwende
       
       Tausende Menschen demonstrieren gegen Tierquälerei und Umweltzerstörung
       durch die industrielle Landwirtschaft. Die Politik aber bewegt sich nur
       langsam.
       
 (DIR) Demo zum Start der Grünen Woche: Protest gegen Agrarindustrie
       
       Landwirte, Umwelt- und Tierschützer wollen am Samstag in Berlin auf die
       Straße gehen. Ihr Forderung: Klares Reduktionsziel für Antibiotika in der
       Tierhaltung.
       
 (DIR) Agrarfabrik: Hähnchenmast mit Hindernissen
       
       Die Region Hannover genehmigt neue Mastanlage für den Riesenschlachthof in
       Wietze, verschärft allerdings die Brandschutzauflagen. Das treibt die
       Kosten hoch.