# taz.de -- Bezness-Prävention im Internet: Die Rache der Strandprinzessinnen
       
       > Bezness steht für enttäuschte Urlaubsliebe und verletzte Gefühle. Ein
       > Internetforum verspricht Hilfe. Zensur, Ausgrenzung und der Vorwurf der
       > Meinungsmache führten die User zu taz.de.
       
 (IMG) Bild: Lässt der Strand-Adonis die Hosen runter, erlebt die Strandprinzessin oft eine böse Überraschungen.
       
       BERLIN taz | Unverkennbar orientalisch: dunkel geschminkte Frauenaugen
       blicken dem Leser entgegen, der auf der Homepage „1001 Geschichte“ landet.
       Das Forum, das seit 2003 besteht, verspricht Aufklärung und Prävention im
       selbsterklärten Kampf gegen Bezness". Der Begriff mutierte in den letzten
       Jahren zum Inbegriff für weibliche Enttäuschung im touristischen
       Liebeshandel; er steht für Frauen, die sich von Urlaubsbekanntschaften
       ausnehmen lassen.
       
       Ein [1][taz-Artikel], der das Bezness-Phänomen unter die Lupe nahm und auf
       „1001 Geschichte“ hinwies, sorgte für Aufruhr unter der Leserschaft:
       1001-UserInnen nutzten das taz-Forum, um sich in über 300 Kommentaren über
       Zensur und Mobbing im 1001-Forum zu beschweren. Auch über dessen
       Meinungsmache: „Unter dem Deckmäntelchen angeblicher Hilfestellung lässt
       sich prächtig eine fragwürdige Meinungsbildung betreiben“, schreibt ein
       taz.de-User.
       
       Auf „1001 Geschichte“,„againstbezness“, „turkish-talk“ und ähnlichen Foren
       können sich enttäuschte Frauen Rat holen, die Geschichten anderer lesen und
       im Forum diskutieren. „1001 Geschichte“ ist das größte Portal seiner Art.
       Rund 3.000 LeserInnen nutzen die Website täglich, mehr als 7.000 haben sich
       laut hauseigener Statistik für die Foren angemeldet, um sich gegenseitig
       mit „wertvollen Informationen zu helfen“. Wer Bezness googelt, stößt sofort
       auf das Forum.
       
       Evelyne Kern, Gründerin des Forums und des Vereins CiB e.V. (Community of
       interests against Bezness), ist Autorin des autobiografischen Buches „Sand
       in der Seele“. Sie fiel selbst einem tunesischen Beznesser „zum Opfer“.
       Ihre Geschichte hat sie auf „1001 Geschichte“ erzählt, mehrere hundert
       Berichte anderer Betroffener folgten.
       
       ## Das Urlaubsmärchen wird zur Liebes-Mär
       
       Sie sind alle nach dem gleichen Muster gestrickt: Sie, mittleren Alters,
       unglücklich verliebt oder geschieden, reist ins – meist muslimische –
       Ausland. Dort verliebt sie sich in ihn, „Habibi“, voller Leidenschaft und
       guter Manieren, Moslem. Nach einigen romantischen Wochen am Strand voller
       finanzieller Zuwendungen für den Mann, wird der Traum zum Albtraum, der
       Lover zum Tyrann. Es folgen Rechtsstreit, Scheidungen.
       
       Latenter Unterton der Geschichten: Orientalische Männer sind
       Sozialschmarotzer, Peiniger, Lügner und Betrüger, die den guten Willen und
       das Verlangen deutscher Frauen nach Zärtlichkeit ausnutzen. Rosamunde
       Pilcher lässt von den pauschaltouristischen Stränden des Mittelmeers
       grüßen.
       
       Dass das Forum Aufklärungsarbeit im Zusammenhang mit den professionellen
       Liebesschwindlern leistet, lässt sich nicht bestreiten. Doch die gut
       gemeinten Ratschläge zeichnen ein einseitiges Bild. Die Frauen sehen sich
       als Opfer, denen vom „bösen“ Mann alles genommen wurde – und der „Böse“ ist
       fast immer Moslem. „Fakt ist, dass nun mal für 95 Prozent unserer
       Bezness-Fälle Moslems verantwortlich sind“, heißt es auf der Seite.
       
       ## „Unsägliche“ Verlinkungen
       
       Aussagen wie diese ließen die Bloggerin „Alien59“, Betreiberin des
       Watchblogs „[2][denn der Schoß ist fruchtbar noch]“ aufhorchen. Sie sieht
       in Kerns Forum eine gezielte Aktion, ausländische Männer zu stigmatisieren.
       Die ehemalige Mitarbeiterin des IAF, des Verbands internationaler Familien
       und Partnerschaften, lebt in Jordanien und beobachtet das Forum seit
       einigen Jahren: „Der Umgangston und die Verallgemeinerungen dort gegenüber
       Ausländern – insbesondere Muslimen – ist unmöglich“, sagt sie.
       
       „Unsäglich“ fände sie auch die Verbindungen des Forums zu „den ganzen
       rechten Ecken“. Links und Hinweise auf pi-news und die Junge Freiheit
       fänden sich auf der Seite, im Gegenzug schreibt der Populistenblog pi-news
       begeistert: „Bitte empfehlen Sie die Seite weiter!“. Das Pendant „kybeline“
       bezeichnet das Forum als „wertvolle Seite“. Der umstrittene Kopp-Verlag
       berichtet regelmäßig in lobenden Tönen über „1001 Geschichte“.
       
       ## Psychotherapie für die Paschas
       
       In den Threads des Forums wird zugespitzt: Europäerinnen sind für
       ausländische Männer „Aufenthaltserlaubnisse auf zwei Beinen“. Arabischen
       Männer wären „grundsätzlich Pascha-Typen, hat Papa ja meist auch
       vorgelebt“; „Psychotherapie für die islamische Welt“ sei etwas „absolut
       Nötiges“. Immer wieder finden sich auch UserInnen, die dem Tenor
       widersprechen. Doch im Großen und Ganzen, so „Alien59“, „erinnert der
       Umgangston doch stark an politically incorrect“.
       
       Die Bloggerin und Kennerin binationaler Beziehungen hält Evelyne Kern
       zugute, dass sie eingreife, wenn der Ton allzu diffamierende Züge annehme.
       Um sich vom rechten Rand zu distanzieren, dürften die Forenbetreiber
       Kommentare wie die oben genannten aber gar nicht erst zulassen. Außerdem
       mache der rechte Beigeschmack „den ursprünglich guten Zweck kaputt.“
       
       Den Vorwurf, diskriminierende oder islamophobe Töne im Forum zuzulassen,
       finden die Betreiber des Forums absurd; oft liest man, dass 1001 eben kein
       Kuschelforum sei. Sie halten daran fest, dass das Forum sich nicht gegen
       muslimische Männer im Allgemeinen, sondern nur den Bezness-Betrug geht. Zu
       einer weiteren Stellungnahme der taz gegenüber war Frau Kern nicht bereit.
       
       ## Populistische Schriften
       
       Der Blick auf die Buchempfehlungen zeigt, dass im hauseigenen Kern-Verlag
       neben Kerns Erstling Bücher wie „Der Teufel kochte tunesisch“ oder „Der
       Heuchler aus dem Morgenland“ vertrieben werden. Dazu werden Bücher wie
       Necla Keleks „Chaos der Kulturen“ und Hiltrud Schröders „Mohammeds deutsche
       Töchter“ empfohlen. Auch populistische Schriften wie „Tödliche Toleranz“
       von Jürgen Lachmann, „Das Dschihad-System“ von Manfred Kleine-Hartlage –
       und Udo Ulfkottes „SOS Abendland“, das laut Forum aufdecken würde, „was die
       Islamisten gerne vor Euch verborgen hätten“.
       
       Es ist die Vermittlung eines einseitigen Bildes, die permanente
       Stigmatisierung arabischer junger Männer als Heiratsschwindler und
       Sozialschmarotzer unter dem Deckmantel der
       „Das-wird-man-ja-wohl-noch-sagen-dürfen“-Meinungsfreiheit, die dem Leser
       aufstößt. Und immer wieder der Ruf nach politischen Konsequenzen, um die
       „Bezness-Mafia“ zu stoppen.
       
       Kerns CiB-Verein fordert unter anderem, die Arbeitserlaubnis von der Ehe
       abzukoppeln und weist immer wieder auf den verursachten wirtschaftlichen
       Schaden der Beznesser für die deutsche Wirtschaft hin („jährlich fließen
       Millionen Devisen in orientalische Taschen“). Die Essenz: „diese“ Männer
       sollten nicht mehr nach Deutschland dürfen, binationale
       Familienzusammenführung sollten schwerer werden und Kinder führten nur zu
       erschwerten Abschiebebedingungen.
       
       Diese Forderungen empören „Alien59“. Mit ihrem Blog möchte sie
       Aufmerksamkeit schaffen – und unterstützt von ihren LeserInnen vor allem
       eins zeigen: „Es ist nicht die deutsche Mehrheit, die diese politischen
       Veränderungen fordert.“
       
       29 Feb 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /!83853/
 (DIR) [2] http://watchblog1001.wordpress.com/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katalina Präkelt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Spanien
 (DIR) Film
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Wenn der Sehnsuchtsort Alltag wird: Die Fischerfrauen von Conil
       
       Ein Besuch bei Bettina Bretzigheimer und Sonja Raschert an der Costa de la
       Luz. Was früher ein ruhiges Fischerdorf war, ist heute Touristenhochburg.
       
 (DIR) Aufgeschreckte Couchpotaoes: Die Kinder der Beznesser
       
       Zehn Jahre hat der Filmemacher Alex Pistra die Treffen mit seinem
       tunesischen Vater dokumentiert. Er hatte ihn seit früher Kindheit nicht
       mehr gesehen.
       
 (DIR) Weiblicher Sextourismus: Verbrämte Lusttäterinnen
       
       Sommer, Sonne und große Gefühle im Sonderangebot. Warum viele Frauen kleine
       Liebesflüsterer zu großen Liebhabern stilisieren.
       
 (DIR) Liebeshändel unterwegs: Die Liebe in Zeiten pauschaler Reisen
       
       Die Russinnen kommen! Und führen schwarze Listen über glutäugige Beznesser.