# taz.de -- Hygiene-Skandal in Bremer Klinik: Frühchen-Station muss schließen
       
       > Im Klinikum Bremen-Mitte sind bei drei Frühchen erneut
       > antibiotikaresistente Keime aufgetaucht. Nun wurde klar: Seit 2009 ist es
       > immer wieder derselbe Keim.
       
 (IMG) Bild: Schon wieder in den Schlagzeilen: Frühchen-Station im Klinikum Bremen Mitte.
       
       BREMEN taz | Seit 2009 grassiert auf der Frühchen-Intensivstation des
       Klinikums Bremen-Mitte (KBM) derselbe Krankenhaus-Keim. Am Donnerstag sind
       dort bei drei Frühchen erneut ESBL-erregende Klebsiellen nachgewiesen
       worden. Seit Montagabend steht zweifelsfrei fest: Die Keime sind identisch
       mit denen, die schon im letzten Jahr 23 Frühchen besiedelt und zum Tod von
       drei Frühgeborenen geführt hatten. Auch mit einer Probe aus 2009 stimmen
       die Keime überein. Dass die Neonatologie am KBM nach einem am Freitag
       verhängten Aufnahmestopp wieder öffnet, ist unwahrscheinlich. Die
       Gesundheitssenatorin erwägt eine Verlegung der Station ins Bremer Klinikum
       Links der Weser.
       
       Erkrankt ist bislang keines der Kinder. Eine Sprecherin der kommunalen
       Klinik-Holding „Gesundheit Nord“ (Geno) sagte, zwei von ihnen wögen bereits
       über 2.000 Gramm und seien wohlauf. Dem dritten Frühchen allerdings gehe es
       gesundheitlich nicht gut, es wiege nur 600 Gramm. Die drei Babys wurden von
       den sieben weiteren Kindern auf der Station isoliert. Bei ihnen wurde der
       Keim nicht festgestellt. Wo er herkommt, weiß niemand. Erst am 9. Januar
       wurde die Station wieder eröffnet, nach einer umfassenden
       Hygiene-Sanierung. Bodenbeläge, Waschbecken, Arbeitsinseln – alles wurde
       ausgetauscht und desinfiziert.
       
       Eine Maßnahme, mit der das Klinikum Bremen-Mitte auch das Vertrauen der
       Patientinnen wieder gewinnen wollte. Denn im November 2011 war bekannt
       geworden, dass ESBL-erregende Klebsiellen zum Tod von drei Frühchen geführt
       hatten, die Keime auf der Neonatologie-Station aber bereits seit April
       immer wieder aufgetaucht waren. Zu spät waren das Gesundheitsamt und die
       Gesundheitssenatorin informiert worden. Kurz darauf entließ der
       Geno-Geschäftsführer den Chefarzt fristlos, die Staatsanwaltschaft begann
       zu ermitteln. Ein Untersuchungsausschuss beschäftigt sich seitdem mit den
       Krankenhauskeimen.
       
       ## Vom Personal übertragen?
       
       Antibiotika-resistente Keime sind bei einem schwachen Immunsystem besonders
       gefährlich. Weil im KBM das ESBL-Bakterium nun bei drei Kindern
       gleichzeitig vorkommt, geht Klaus-Dieter Zastrow, Vorstand der Deutschen
       Gesellschaft für Krankenhaushygiene davon aus, dass es vom Personal
       übertragen wurde. „Der Keim wird durch ordentliche Händedesinfektion
       abgetötet“, so Zastrow. „Man muss die Arbeitsabläufe, den Hygiene-Plan und
       den Pflegestandard knallhart überprüfen.“ Zastrow hatte bereits im Januar
       nach dem Umbau der Station vor dem Untersuchungsausschuss gesagt, dass vom
       Personal vermutlich die gleichen Fehler gemacht würden. Ebenso hatte er
       erklärt, dass die Stelle des Krankenhaus-Hygienikers durch einen Facharzt
       besetzt sein müsse, auf den die anderen Ärzte hören. Der
       Krankenhaus-Hygieniker des KBM ist jedoch ein Diplom-Biologe.
       
       Erneut gefunden wurde der Keim bei einem wöchentlichen, neu eingeführten
       Routinetest. Das Gesundheitsamt schickte Experten, die Senatorin rief zur
       Krisensitzung. Am Freitag traf ein fünfköpfiges Team des
       Robert-Koch-Instituts in Bremen ein. Im November hatten sie die Quelle
       nicht ausmachen können – zu lang waren die Infektionen her. Auch ordnete
       die Gesundheitssenatorin ein Personalscreening von allen 50
       MitarbeiterInnen an.
       
       Schon jetzt aber lasse die Senatorin Jürgens-Pieper prüfen, welche
       Umbaumaßnahmen nötig seien, um die Frühchen-Intensivstation in das Klinikum
       Links der Weser zu verlegen, sagte ihre Sprecherin. Schwangere Frauen mit
       dem Risiko einer Frühgeburt werden nun dorthin geschickt.
       
       Erst Mitte 2010 waren die Neonatologie-Stationen von den Krankenhäusern
       Bremen-Nord und Links der Weser ans Klinikum Mitte verlegt worden – als
       Teil einer Zentralisierungs-Strategie des Geno-Chefs Diethelm Hansen, die
       die Versorgungsqualität verbessern und wirtschaftliche Vorteile bringen
       sollte.
       
       28 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jean-Philipp Baeck
 (DIR) Jean-Philipp Baeck
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Correctiv
 (DIR) Frühchen
 (DIR) Frühchen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Krankenhaus-Hygiene: Eine unhygienische Auswertung
       
       Nach einem „Hygiene-Atlas“ für Krankenhäuser, veröffentlicht von ARD und
       Correctiv, ist Bremen Schlusslicht. Doch die „Auswertung“ sagt nichts aus.
       
 (DIR) Neue alte Frühchenstation in Bremen: Neue Babys im Klinikum Mitte
       
       Das Klinikum Bremen-Mitte bekommt eine neue Station für Frühgeborene. Der
       Neubau ist nach verschärften Hygienestandards geplant. Eröffnung ist Mitte
       2019.
       
 (DIR) Wildwuchs bei Krankenhaus-Hygiene: Der Keim-Skandal und seine Folgen
       
       Im November 2011 sorgte der Tod dreier Babys im Bremer Klinikum
       Bremen-Mitte für Aufsehen: Schuld waren nicht behandelbare Keime. Was hat
       sich seither geändert?
       
 (DIR) Kinderintensiv-Station betroffen: Wieder Keime in Bremer Klinik
       
       Auf der Kinderintensiv-Station des Klinikums Bremen-Mitte sind wieder
       antibiotikaresistente Keime aufgetaucht. Bei einem zehn Wochen alten Jungen
       wurden sie nachgewiesen.
       
 (DIR) Klinik-Chef plädiert für „nicht schuldig“: „Schleichender Prozess“ an der Weser
       
       Ein Untersuchungsausschuss des Bremer Landtags untersucht den
       Klinik-Skandal um die toten Frühchen. Jetzt sagte der zuständige
       Krankenhaus-Manager aus.
       
 (DIR) Klinik-Skandal in Bremen: Wieder zwei tote Frühchen
       
       Bremens Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper hat den Geschäftsführer
       der kommunalen Kliniken gefeuert. Einmal mehr war sie nicht vollständig
       informiert worden.
       
 (DIR) Kommentar Krankenhauskeime auf Bremer Frühchenstation: Die Debatte lenkt ab
       
       Ob beim Keimausbruch auf einer Bremer Frühchenstation die Arbeitsbelastung
       zu mangelnder Hygiene führte oder nicht: Klar ist, das Gesundheitssystem
       als solches macht krank und tötet.
       
 (DIR) HYGIENE-SKANDAL: Aufnahmestopp wegen ESBL
       
       Drei Frühchen am Klinikum Bremen-Mitte weisen erneut den
       antibiotika-resistenten ESBL-Erreger auf. Ein neuer Aufnahmstopp wurde
       verhängt.
       
 (DIR) Wieder Darmkeim in Bremer Klinik: Frühchen von Keimen befallen
       
       Bei nunmehr drei Frühchen wurden in einer Bremer Klinik resistente Keime
       festgestellt. Bisher sind die Kinder jedoch gesund.
       
 (DIR) Untersuchungsausschuss: Eingeschränkt auskunftswillig
       
       Die Geschäftsführung des Klinikums Bremen-Mitte verteidigt die
       Zentralisierung der Frühgeborenenstation, hüllt sich sonst aber in
       Schweigen