# taz.de -- Klinik-Skandal in Bremen: Wieder zwei tote Frühchen
       
       > Bremens Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper hat den
       > Geschäftsführer der kommunalen Kliniken gefeuert. Einmal mehr war sie
       > nicht vollständig informiert worden.
       
 (IMG) Bild: Hat das Vertrauen in ihren Klinikchef verloren: Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD).
       
       BREMEN taz | 13 Mikrofone waren vor ihr aufgebaut, als Bremens
       Gesundheitssenatorin Renate Jürgen-Pieper (SPD) gestern vor die Presse
       trat. Wieder sind im Bremer Klinikum Mitte zwei Frühgeborene gestorben.
       Erste Untersuchungen haben erneut Hinweise auf Klebsiella-Keime ergeben.
       Zudem war bereits am Montag eher beiläufig bekannt geworden, dass schon im
       Jahre 2009 der gen-identische Keim, der 2011 zu drei Todesfällen führte,
       auf dieser Station identifiziert worden war.
       
       Offenbar gibt es noch weitere Fälle infizierter Babys aus der
       Vergangenheit, die bisher nicht an den parlamentarischen
       Untersuchungsausschuss gemeldet wurden – „zu viele“, merkte Jürgens-Pieper
       an. Insbesondere auch dies meinte Jürgens-Pieper mit dem Hinweis auf einen
       „schleichenden Vertrauensverlust“, aufgrund dessen sie den Geschäftsführer
       der kommunalen Klinik-Holding „Gesundheit Nord“ (Geno), Friedhelm Hansen,
       von seiner Tätigkeit entbunden habe. Jürgens-Pieper sprach von „erheblichen
       Fehlern“, ohne Einzelheiten nennen zu wollen. Das werde einem
       arbeitsrechtlichen Verfahren vorbehalten bleiben, sagte sie. Ob Hansen
       fristlos oder fristgemäß gekündigt werden soll, sei noch offen.
       
       „Freigestellt“ von seiner Tätigkeit wurde auch der Krankenhaus-Hygieniker
       Axel Kappler. Er hatte die Information über die Fälle aus dem Jahre 2009
       zusammen mit einem Stapel anderer Unterlagen dem Untersuchungsausschuss auf
       den Tisch gepackt – offenbar ohne die Senatorin vorher von der Brisanz der
       Sache zu informieren. Seit wann diese Vorgänge intern bekannt sind, ist
       bisher offen. Bis in den vergangenen Sommer hinein waren Infektionen auf
       der Intensivstation einfach in einer Akte abgeheftet worden, eine
       systematische Auswertung offenbar unterblieben. So hatte man in einem
       Kühlschrank jetzt auch die alten Proben aus dem Jahr 2009 gefunden.
       
       ## Brisantes Detail zu spät erfahren
       
       Ein brisantes Detail, das einen Hinweis auf die Quelle der Infektionen
       geben könnte, hat die Senatorin auch erst dieser Tage erfahren: Es gibt
       eine Familie, die im Jahre 2009 mit einer Frühgeburt auf der
       Intensivstation war – damals wurde bei ihrem Kind der gen-identische Keim
       identifiziert, der dann 2011 zu den Todesfällen führte – und mit einem
       zweiten Kind im Jahre 2011, da allerdings ohne einen eindeutigen Nachweis
       dieses Keimes. Es soll nun untersucht werden, ob die Infektionen
       möglicherweise über Verwandtenbesuche dieser Familie in den Jahren 2009 und
       2011 in die Intensivstation hineingetragen wurde.
       
       Intensivstation und Gynäkologie im Klinikum Bremen-Mitte sollen nun bis auf
       Weiteres geschlossen werden. Die Gesundheitssenatorin hat die
       Klinik-Leitungen gebeten, zu prüfen, ob in zwei anderen Kliniken, in denen
       Frühchen-Stationen aufgrund der Zentralisierungs-Politik des
       Geschäftsführers Hansen geschlossen worden waren, nun wieder eingerichtet
       werden könnten. Hansen hatte sich dagegen im vergangenen Herbst nach den
       ersten toten Frühchen noch gewehrt. Man suche nach einer „Dauerlösung“,
       meinte Jürgens-Pieper, denn man werde kaum so schnell das Vertrauen in den
       Standort Klinikum Bremen-Mitte wiederherstellen können.
       
       Ihr „Vertrauensverlust“, so die Gesundheitssenatorin, beziehe sich auf das
       „Krisenmanagement“ des Geno-Geschäftsführers Hansen. Zu der Holding gehören
       vier kommunale Kliniken. Hansen hatte in den vergangenen Jahre alle
       Kompetenzen soweit wie möglich an sich gezogen und selbstbewusste
       Klinikchefs wie auch Chefärzte vergrault. Die derzeitigen Geschäftsführer
       der vier Einzelkliniken sind bisher nicht als eigenständige Entscheider in
       Erscheinung getreten, selbst der Chef des Klinikums-Mitte spielt in der
       Bewältigung der Krise seiner Frühchen-Station bisher keine erkennbare
       Rolle. Mit der Freistellung ihres Holding-Chefs werden sie die
       Verantwortung für ihre Kliniken übernehmen müssen.
       
       29 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Wolschner
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