# taz.de -- „Kalter Krieg“ zwischen Brüssel und Minsk: Racheaktion aus Weissrussland
       
       > Die EU zieht ihre Botschafter ab. Dahinter steht ein Schlagabtausch nach
       > der Ausweitung von Sanktionen durch Brüssel. Der Grund: anhaltende
       > Repressionen.
       
 (IMG) Bild: Halb zu Tode gehungert: Der Aktivist Sergej Kowalenko während der Urteilsverkündung am vergangenen Freitag in Vitebsk.
       
       BERLIN taz | „Ein diplomatischer kalter Krieg“ titelte die weißrussische
       oppositionelle Tageszeitung Narodnaja Volja auf ihrer Webseite am Mittwoch.
       Gemeint ist damit die jüngste Konfrontation zwischen der Europäischen Union
       und dem autoritären Regime in Minsk. Am Dienstagabend hatte die
       EU-Beauftragte für Außenpolitik, Catherine Ashton, den Abzug aller
       EU-Botschafter aus der weißrussischen Hauptstadt angeordnet. Sie reagierte
       damit auf die Aufforderung der weißrussischen Regierung, die Botschafter
       Polens und der EU hätten das Land unverzüglich zu verlassen.
       
       Diese sollten, so der Sprecherdes weißrussischen Außenministeriums, Andrej
       Sawinyk, zur Begründung, ihren Regierungen die Botschaft überbringen, dass
       jeglicher Druck auf Weißrussland unannehmbar sei. Wenn diese Entwicklung
       weitergehe, werde Minsk zu anderem Mitteln greifen, um seine Interessen zu
       verteidigen. Zudem werde Weißrussland allen Personen die Einreise
       verweigern, die an der Einführung dieser Maßnahmen mitgewirkt hätten.
       
       Dieser Schritt ist eindeutig eine Retourkutsche für die Ausweitung von
       Sanktionen gegen Weißrussland. Darauf hatten sich die EU-Außenminister
       ebenfalls am Dienstag verständigt. Brüssel erweiterte die Liste derer, die
       mit einem Einreiseverbot belegt und deren Konten gesperrt sind, um weitere
       21 Personen. Es handelt sich um 19 Richter und zwei Polizeibeamte, die für
       die Festnahmen und Verurteilungen von Regimegegnern verantwortlich gemacht
       werden.
       
       Seit der Niederschlagung der Proteste gegen die gefälschten
       Präsidentenwahlen am 19. Dezember 2010 lässt Staatschef Alexander
       Lukaschenko seine Schergen brutal gegen Oppositionelle vorgehen. Mehr als
       700 Menschen wurden verhaftet – darunter sieben oppositionelle
       Präsidentschaftskandidaten.
       
       ## Grüner EU-Abgeordneter fordert Wirtschaftssanktionen
       
       Erst am vergangenen Freitag verurteilte ein Gericht in Vitebsk den
       Politaktivisten Sergej Kovalenko zu einer 35-monatigen Haftstrafe. Der
       37-Jährige, der seit seiner Verhaftung Ende 2010 die meiste Zeit über im
       Hungerstreik war und jetzt einer lebenden Leiche ähnelt, wurde wegen
       Beteiligung an den Anti-Lukaschenko-Protesten im Dezember 2010 schuldig
       gesprochen. Damit soll er gegen Auflagen einer dreijährigen
       Bewährungsstrafe verstoßen haben, die wegen des Hissens einer
       oppositionellen weißrussischen Flagge gegen ihn verhängt worden war.
       
       Dem Grünen EU-Abgeordneten Werner Schulz gehen die Sanktionen gegen
       Weißrussland noch nicht weit genug. Er forderte die EU-Außenminister
       zusätzlich zu gezielten wirtschaftlichen Strafmaßnahmen gegen einzelne
       Firmen und Geschäftsleute auf.
       
       An der Einigkeit in diesem Punkt hapert es. Nicht zufällig verhinderte
       Slowenien per Androhung eines Vetos, dass am Dienstag auch der
       weißrussische Geschäftsmann Juri Chisch auf die schwarze Liste der EU
       gesetzt wurde. Der 48-Jährige kontrolliert zahlreiche Betriebe, unter
       anderem im Energie- und Bausektor. Eine der Mitgliedsfirmen seiner Holding
       Triple schloss kürzlich mit einer slowenischen Firma einen Vertrag über den
       Bau eines Luxushotels in Minsk ab. Es geht um mehr 100 Millionen Euro.
       
       29 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Natalja Sokolowa
       
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