# taz.de -- Bürgerkrieg in Syrien: Blackout über Baba Amr
       
       > Rebellen und Soldaten liefern sich heftige Gefechte in der syrischen
       > Stadt Homs. Die Rebellen sollen sich aus dem Stadtteil Baba Amr
       > zurückgezogen haben.
       
 (IMG) Bild: Kämpfer der Freien Syrischen Armee im Stadtteil al-Bayada, Homs.
       
       BERLIN taz | Homs ist zum Symbol des Protests und Widerstands gegen das
       Regime von Präsident Baschar al-Assad geworden. Seit nunmehr 27 Tagen ist
       die mittelsyrische Industriestadt von der Außenwelt abgeriegelt. Seit
       Mittwoch läuft eine Offensive der Regimetruppen gegen das Stadtviertel Baba
       Amr, in dem der Widerstand der Bevölkerung besonders heftig ist.
       
       Da das Quartier am Donnerstag offenbar vollständig von der Kommunikation
       abgeschnitten wurde, war es schwierig, sich ein genaues Bild von der Lage
       zu machen. Bereits zuvor war es wegen des Mangels an Diesel nicht möglich
       gewesen, Generatoren zu betreiben.
       
       Am Nachmittag meldeten die Nachrichtenagenturen dapd und Reuters, die
       syrischen Rebellen hätten einen „taktischen Rückzug“ aus Baba Amr
       bekanntgegeben. In einer Erklärung der Aufständischen vor Ort hieß es, die
       Entscheidung sei getroffen worden, um etwa 4.000 Zivilisten zu schützen,
       die ihre Häuser nicht verlassen wollten.
       
       Die Informationen aus Homs waren zunächst äußerst widersprüchlich. Am
       Donnerstagnachmittag hieß es bei afp unter Berufung auf Sicherheitskreise
       in Damaskus, die Armee habe die vollständige Kontrolle über Baba Amr
       erlangt. Die Soldaten verteilten nun Lebensmittel an die Bevölkerung und
       evakuierten Verletzte. Außerdem suchten sie nach den in Baba Amr
       festsitzenden ausländischen Journalisten.
       
       ## Artillerie und Panzer
       
       Demgegenüber hieß es bei dpa unter Berufung auf Aktivisten, die Armee habe
       begonnen, Baba Amr zu stürmen. Sie berichteten von Artillerieangriffen und
       Panzern, die rund um das Viertel in Stellung gebracht würden. Es sei zu
       verlustreichen Gefechten zwischen Angreifern und Verteidigern gekommen.
       
       Bereits am Vortag hatten offizielle Quellen von der Eroberung von Baba Amr
       berichtet. Doch Videos im Internet und Angaben von Aktivisten aus anderen
       Stadtteilen von Homs zeigten zunächst ein anderes Bild. Danach soll die
       Offensive von rund 7.000 Soldaten zurückgeschlagen worden sein. Diplomaten
       berichteten, offenbar sei auch die 4. gepanzerte Division im Einsatz, die
       von Maher al-Assad, dem jüngeren Bruder des Präsidenten, befehligt wird. Er
       steht in dem Ruf, besonders brutal zu sein.
       
       Ein von der britischen BBC verbreitetes Video weckt ebenfalls Zweifel an
       der offiziellen Darstellung. Der Film zeigt Panzer und Soldaten der
       regulären Armee, die sich in al-Inschaat, einem Nachbarviertel von Baba
       Amr, Scharmützel mit bewaffneten Oppositionellen liefern. Dies deutete eher
       darauf hin, dass das Gebiet noch nicht vollständig erobert wurde. Wie CNN
       unter Berufung auf Aktivisten berichtete, wurden in Homs am Donnerstag
       einige militärische Kontrollposten abgebaut. Dies habe die Befürchtung
       ausgelöst, dass ein erneuter Angriff bevorstehe.
       
       Vor dem Hintergrund der zunehmenden bewaffneten Auseinandersetzungen in
       Homs und anderen syrischen Städten gab der oppositionelle Nationalrat am
       Donnerstag die Bildung eines Militärbüros bekannt, um den bewaffneten
       Widerstand gegen das Regime zu koordinieren und Waffennachschub zu
       organisieren. Burhan Galliun, der Vorsitzende des Rats, sagte auf einer
       Pressekonferenz in Paris, das Militärbüro werde vermutlich in der Türkei
       angesiedelt werden.
       
       Am vergangenen Sonntag hatte sich eine Gruppe vom Nationalrat abgespalten
       und eine eigene Organisation ins Leben gerufen. Die Dachorganisation sah
       sich der Kritik ausgesetzt, weil sie den bewaffneten Widerstand nicht offen
       unterstützte.
       
       ## Gespräche über Waffenlieferungen
       
       Vertreter der Golfstaaten hatten in den vergangenen Tagen bereits die
       Möglichkeit von Waffenlieferungen ins Spiel gebracht. Angesichts der
       Blockade im UN-Sicherheitsrat kommen damit immer mehr regionale Akteure ins
       Spiel, die in Syrien ihre eigenen Ziele verfolgen. Dies kann auch für
       nichtstaatliche Gruppen wie Salafisten aus dem Libanon oder radikale
       Sunniten aus dem Irak gelten. 
       
       Auf internationaler Ebene verurteilte der UN-Menschenrechtsrat am
       Donnerstag mit großer Mehrheit die Gewalt gegen Zivilpersonen in Syrien. 37
       der 47 Ratsmitglieder stimmten für eine entsprechende, von der Türkei
       eingebrachte Resolution, Russland, China und Kuba dagegen. Indien, die
       Philippinen und Ecuador enthielten sich der Stimme. Vier Mitgliedsstaaten
       des Rats waren bei der Abstimmung nicht anwesend.
       
       In der Resolution wird Assads Regime in Damaskus aufgefordert, umgehend
       alle Angriffe auf Zivilpersonen zu stoppen und Hilfsorganisationen
       ungehinderten Zugang zu gewähren. Der Syrien-Sondergesandte der UNO, Kofi
       Annan, hat angekündigt, bald nach Damaskus zu reisen. Er rief Assad auf,
       das gewaltsame Vorgehen gegen die Opposition zu beenden. Die Regierung
       müsse vollständig kooperieren und auf eine demokratische und friedliche
       Lösung hinarbeiten.
       
       Mitarbeit: Andreas Zumach
       
       1 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Beate Seel
       
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