# taz.de -- Blatters Wahl zum Präsidenten: Fifa außer Kontrolle
       
       > Ein Europaratsausschuss übt massive Kritik an der Fifa. Derweil versinkt
       > Generalsekretär Valcke immer tiefer im Morast der Affäre um einen
       > verbalen Arschtritt.
       
 (IMG) Bild: Fifa-Generalsekretär Valcke glaubt falsch übersetzt worden zu sein. Von einem „Arschtritt“ für Brasilien war demanch nie die Rede.
       
       BERLIN taz | War da was? Beinahe wäre es in Vergessenheit geraten. Die
       Wiederwahl von Joseph Sepp Blatter als Präsident des Internationalen
       Fußballverbandes im 1. Juni 2011 war eines der größten Spektakel im
       vergangenen Sportjahr. Das Rennen, das Blatter auch deshalb so klar für
       sich entschieden hat, weil sein Gegenkandidat Mohamed bin Hammam aus Katar
       am Ende doch nicht angetreten ist, soll noch einmal untersucht werden.
       
       Das schlägt der Ausschuss für Kultur, Wissenschaft, Bildung des Europarats
       in einem Entschließungsentwurf für die Vollversammlung vor. Und vielleicht
       ist es ganz gut, dass die europäischen Instanzen bisweilen nicht so schnell
       arbeiten, hatten sich doch schon viele längst wieder mit Blatter abgefunden
       und abgewinkt: So ist sie eben, die Fifa.
       
       Die Reaktion des Weltverbandes ließ nicht lange auf sich warten. „Der
       Bericht enthält einige Ungenauigkeiten, die die Fifa richtigstellen
       möchte“, heißt es in einer Erklärung, die auf [1][fifa.com] veröffentlicht
       wurde. Der Bericht an den Europarat legt den Schluss nahe, Sepp Blatter
       habe seine Position an der Fifa-Spitze ausgenutzt, um sich Vorteile bei
       seiner Wiederwahl zu sichern.
       
       Rund um das Wahlspektakel von Zürich im Juni des Vorjahres ging es um
       Stimmenkäufe von Blatters Gegenkandidaten bei den mittelamerikanischen und
       karibischen Fußballverbänden. Die Fifa sagt nun, das sei doch alles von der
       Ethikkommission untersucht worden. Die hat damals auch über Blatter
       geurteilt. Während Bin Hammam vorgeworfen wurde, Stimmen gekauft zu haben,
       stand Blatter unter dem Verdacht, dies gewusst zu haben, es aber der
       Ethikkommission nicht gemeldet zu haben. Das Ergebnis ist bekannt.
       
       ## Ohne echte demokratische Kontrolle
       
       Bin Hammam wurde aus der Fußballfamilie ausgeschlossen. „Im Verfahren
       bezüglich Präsident Blatter wurden alle Vorwürfe vollständig ausgeräumt“,
       heißt es in der Fifa-Erklärung, in der der Verband einmal mehr den Eindruck
       erweckt, bei der Ethikkommission handle es sich um ein wahrhaft
       unabhängiges Gremium. Genau das wird im Europaratsbericht indes
       angezweifelt.
       
       Dort wird der Verband, dem ein sich immer weiter „verschlechterndes Image“
       anhänge, als ein „monistisches System“ bezeichnet, in dem der Präsident
       alleine, ohne echte demokratische Kontrolle viel zu viel entscheiden könne.
       In der Tat sitzt Blatter dem höchsten Gremium der Fifa, dem Kongress der
       208 Mitgliedsverbände, ebenso vor wie dem Exekutivkomitee. Zudem kann er
       darüber entscheiden, wer das höchste Verwaltungsamt im Verband innehat. Wer
       Generalsekretär wird, bestimmt der Präsident alleine.
       
       Fehlende Kontrollmöglichkeiten werden auch im Europaratsbericht angemahnt.
       Dass es die nicht gibt, dass er einzig und allein seinem Gönner Blatter
       verpflichtet ist, darüber dürfte der aktuelle Fifa-Generalsekretär Jérôme
       Valcke nicht ganz unglücklich sein.
       
       Der liegt momentan im Clinch mit der brasilianischen Regierung, die nicht
       mehr mit ihm sprechen möchte, nachdem er die Vorbereitungen auf die
       Fußball-WM 2014 in Brasilien heftig kritisiert hatte. Sein Chef Sepp
       Blatter musste sich bereits für seinen General entschuldigen, nun sandte
       auch Valcke ein Entschuldigungsschreiben nach Brasilia.
       
       ## Falsche Übersetzung
       
       Ein richtiger Befreiungsschlag war dies allerdings nicht. Valcke behauptet,
       er habe gar nicht gesagt, Brasilien brauche „einen Tritt in den Arsch“. Er
       habe vielmehr gesagt, die Bewerbung müsse „Tempo aufnehmen“. Er will falsch
       übersetzt worden sein und gibt die Schuld den Übersetzern, die seine
       Aussagen vom Französischen ins Portugiesische transferiert hätten.
       
       Nun gibt es erhebliche Zweifel, ob die betreffenden Aussagen am Wochenende
       am Rande des Treffens der Regelhüter des International Football Association
       Board (Ifab) überhaupt auf Französisch gefallen sind. Augenzeugen
       berichten, Valcke habe in lupenreinem Englisch gesagt: „You have to push
       yourself, kick your arse“.
       
       9 Mar 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://de.fifa.com/aboutfifa/organisation/footballgovernance/news/newsid=1596152/index.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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