# taz.de -- Gernot Erler über Israel und Iran: "Israel bereitet sich vor"
       
       > Frieden durch Aufrüstung? Das Angebot, Waffen an Israel zu liefern,
       > vergrößert den diplomatischen Spielraum, sagt der SPD-Politiker Gernot
       > Erler.
       
 (IMG) Bild: Mahmud Ahmadinedschad - verlegt er das iranische Atomprogramm unter die Erde?
       
       taz: Herr Erler, wie weit ist es noch bis zu einem israelischen
       Militärschlag? 
       
       Gernot Erler: Zunächst einmal geht die Hauptsorge nicht von Israel, sondern
       vom iranischen Atomprogramm und dem problematischen Umgang des Iran mit den
       Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde aus. Den Inspektoren
       wurde der Zugang zu bestimmten Anlagen verweigert. Das nährt den Verdacht,
       dass der Iran heimlich verbotene Aktivitäten zum Bau einer Atombombe
       vorantreiben könnte. Weil dies das Ausgangsproblem ist, müssen sich unsere
       Fragen auch in diese Richtung stellen.
       
       Die Frage war aber: Wie nah ist ein Militärschlag Israels? 
       
       Ich erwarte, dass sich der Konflikt auf dem Verhandlungsweg lösen lässt. Es
       ist aber davon auszugehen, dass hinter den Gesprächen von US-Präsident
       Obama und Israels Premierminister Netanjahu Realitäten stehen. Demnach
       bereitet sich Israel militärisch vor und macht geltend, dass für eine
       militärische Intervention ein Zeitfenster genutzt werden muss, das eng sei.
       Israel befürchtet, dass der Iran sein Atomprogramm derzeit unter die Erde
       verlagert und es dann militärisch nicht mehr zu stoppen sein könnte.
       
       Kanzlerin Angela Merkel hat wiederholt bekräftigt: „Die Sicherheit Israels
       zu schützen ist Teil der Staatsräson Deutschlands.“ Was heißt das im Fall
       eines bewaffneten Konflikts? 
       
       Es ist nicht sehr klug, auf eine solch spekulative Frage eine Antwort zu
       geben.
       
       Wieso? 
       
       Weil das immer einen Verhandlungserfolg erschweren kann. Ich konzentriere
       mich auf das, was ich für alternativlos halte: eine politische Lösung des
       Konflikts. Es gibt ja einen neuen Vorstoß der fünf ständigen Mitglieder des
       UN-Sicherheitsrats und Deutschlands, in Gesprächen zu einer Lösung zu
       kommen. Es müssen endlich effektive Kontrollen des Atomprogramms
       stattfinden können. Hierüber sollten wir reden. Alles andere ist unklug.
       
       Man könnte auch sagen: Es ist unklug, einen Krieg im Nahen Osten aufziehen
       zu sehen und nicht zu debattieren, was die Folgen in Deutschland wären. Nur
       fahrlässig oder schon Realitätsverlust? 
       
       Da frage ich, wer hier die Realität verweigert! Es sind sich doch alle
       einig, dass ein Militärschlag unkalkulierbare Folgen hätte. Übrigens würde
       es auch nach einem Militärschlag noch ein iranisches Atomprogramm geben,
       vielleicht nur etwas verzögert. Was soll denn die Weltgemeinschaft machen,
       wenn der Iran als Antwort auf einen völkerrechtlich ungedeckten Angriff
       Israels aus dem Atomwaffensperrvertrag aussteigen und offiziell eine
       Atomwaffe anstreben würde? Ich sehe den Realitätssinn wirklich eher bei
       denen, die auf den Verhandlungsprozess setzen.
       
       Das heißt? 
       
       Obamas Position ist am überzeugendsten: Alle Optionen bleiben offen, aber
       wir setzen auf Verhandlungen und raten von militärischen Abenteuern ab.
       
       Die neueste Option heißt: Die USA liefern Israel bunkerbrechende Waffen,
       dafür gibt es einen Zeitaufschub in Sachen Intervention. 
       
       Das hat eine bestimmte Logik. Das amerikanische Angebot der
       Waffenlieferungen an Israel entkräftete das israelische Argument, dass es
       nur noch jetzt zu einem Militärschlag kommen kann, weil es sonst zu spät
       sein könnte. Das heißt: Amerikanische Angebote für Waffenlieferungen an
       Israel vergrößern den Spielraum für eine diplomatische Lösung.
       
       9 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Überweisungsblockade: EU geht Iran ans Geld
       
       Ab Samstag werden alle Überweisungen an iranische Banken und Unternehmen
       blockiert. Das kommt dem Ende fast aller internationalen Geschäfte mit dem
       Land gleich.
       
 (DIR) Aus „Le Monde diplomatique“: Iran am langen Hebel
       
       Der Krieg gegen den Iran hat längst begonnen. Seit Jahren verschärft der
       Westen die Wirtschaftssanktionen und nimmt die unkalkulierbaren Folgen in
       Kauf.
       
 (DIR) Lage in Nahost beruhigt sich: Waffenstillstand im Gazastreifen
       
       Die Palästinenserbewegung und Israel lassen vorerst die Waffen ruhen. Die
       Lage in der Region entspannte sich. Zwischen den Konfliktparteien hatte
       Ägypten vermittelt.
       
 (DIR) Kommentar Hamas: Fahrlässiger Denkzettel für die Hamas
       
       Im Nahen Osten verdrehen sich die Vorzeichen: Die Hamas positioniert sich
       gegen die Raketen und sucht Hilfe auf der internationalen Ebene.
       
 (DIR) Deutsche Banken fördern Atomwaffen: Lukrative, aber tödliche Allianz
       
       Deutsche Geldinstitute unterstützen die internationale
       Atomwaffen-industrie. Die Allianz gilt als stärkster Förderer. Dort redet
       man sich mit einer fehlende Gesetzesgrundlage raus.
       
 (DIR) Iranischer Atomkonflikt: Deutschland muss Farbe bekennen
       
       Der Streit ums iranische Atomprogramm dominiert die deutsche
       Sicherheitspolitik. Über den Ernstfall wird geschwiegen. Was aber, wenn die
       Verhandlungen scheitern?
       
 (DIR) Kommentar Deutschland und Iran: Beim Ernstfall versagt
       
       Deutschland darf die Unabhängigkeit bei Entscheidung zu militärischen
       Interventionen nicht abgeben. Im diplomatischen Ernstfall Iran ist das
       bereits geschehen.
       
 (DIR) Netanjahu in Washington: Das Nein zum Krieg ist leise
       
       Rund 100 FriedensaktivistInnen stehen vor der Tür und protestieren gegen
       einen Irankrieg, als Israels Premier vor 13.000 Gästen der
       Israel-Lobbygruppe AIPAC spricht.
       
 (DIR) Israel will den Präventivschlag gegen Iran: Vom kleinen und großen Teufel
       
       Die USA wollen Sanktionen und Verhandlungen mit den Mullahs noch Zeit
       einräumen. Israels Premier Netanjahu möchte das iranische Atomprogramm
       bombardieren.