# taz.de -- Bundestagswahlkampf der Grünen: Frauenrevolte für die Quote
       
       > Junge grüne Politikerinnen protestieren gegen Jürgen Trittin als
       > alleinigen Spitzenkandidaten. Mancher Satz im Protestschreiben klingt wie
       > eine direkte Attacke auf ihn.
       
 (IMG) Bild: „Eine Spitze ohne Frauen wäre altbacken“, sagt Gesine Agena.
       
       BERLIN taz | Deutlicher können sie ihren Parteifreunden kaum die Leviten
       lesen. „Lasst eure Finger von der Quote!“ steht fett gedruckt über einem
       Aufruf, den zwei Dutzend Grünen-Politikerinnen unterzeichnet haben. Und
       auch der Rest lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. „Wir sprechen
       uns entschieden dagegen aus, bei der Besetzung des grünen Spitzenpersonals
       zur Bundestagswahl ’Und tschüss‘ zur Quote zu sagen“, schreiben die
       Verfasserinnen.
       
       Unterschrieben haben das zweiseitige Papier, das der taz vorliegt, unter
       anderen die Bundestagsabgeordneten Agnieszka Brugger und Agnes Krumwiede,
       die Europaabgeordnete Ska Keller und die Sprecherin der Grünen Jugend, Sina
       Doughan – aber auch viele Frauen aus den Kreisverbänden.
       
       Der Aufruf ist ausdrücklich als Statement junger Frauen zum aktuellen
       Streit über das Spitzenpersonal gedacht: „Wir möchten bewusst machen, dass
       junge Frauen die Quote für etwas Wichtiges und Hochmodernes halten“, sagte
       die Initiatorin Brugger am Dienstag. Denn die jüngste Debatte habe den
       Unterton gehabt, „die Quote ist etwas aus der Mottenkiste.“
       
       Damit spielt die Abgeordnete auf den Machtkampf der Spitzengrünen an. Seit
       Wochen wartet die Partei darauf, dass sich die ParteichefInnen Claudia Roth
       und Cem Özdemir und die Fraktionsvorsitzenden Renate Künast und Jürgen
       Trittin einigen, in welcher Kombination sie die Grünen im
       Bundestagswahlkampf vertreten.
       
       Zuletzt waren intern Stimmen laut geworden, Trittin zum alleinigen
       Kandidaten zu küren. Besonders manche Realos wie Baden-Württembergs
       Ministerpräsident Winfried Kretschmann präferieren eine personelle
       Zuspitzung. Sie wollen Trittin das Feld überlassen, obwohl er zum linken
       Flügel gehört. Doch Roth hatte in der taz auf die Quote gepocht und
       angekündigt, selbst antreten zu wollen.
       
       ## „Altbacken, uncool und einfältig“
       
       Der Aufruf der Junggrünen ist jetzt die erste konzertierte Aktion, bei der
       sich Frauen parteiintern abgesprochen haben. Bisher sprangen nur einzelne
       Landes- und BundespolitikerInnen Roth zur Seite. Trittin jedenfalls wird
       das Papier sorgfältig lesen, mancher Satz klingt wie eine direkte Attacke
       auf ihn selbst. „Eine Spitze ohne Frauen wäre doch altbacken, uncool und
       einfältig“, ist zum Beispiel ein Fazit. „Die Quote braucht es mehr denn
       je.“
       
       Mit ihrem Papier treffen die Politikerinnen ein Gefühl, das viele Frauen in
       der Partei teilen. Plädoyers für die Quote im Spitzenteam kamen gestern
       sowohl aus der Bundestagsfraktion als auch aus dem Bundesvorstand. Monika
       Lazar, die frauenpolitische Sprecherin der Fraktion, sagte: „Ich bin sehr
       überzeugt davon, dass uns Doppelspitzen gut zu Gesicht stehen.“
       
       Mit Blick auf den Streit in der Koalition über Frauenquoten in
       Führungsgremien argumentierte sie: „Gerade jetzt, da sich selbst in der
       Union immer mehr für Frauenquoten erwärmen, müssen die Grünen daran
       festhalten.“
       
       Auch Astrid Rothe-Beinlich, Mitglied im Bundesvorstand, sprach sich strikt
       gegen die Ein-Mann-allein-Variante aus. „Ein Spitzenteam muss
       selbstverständlich quotiert sein. Das entspricht den grünen Regularien und
       unserem Selbstverständnis.“ Rothe-Beinlich ist frauenpolitische Sprecherin
       der Partei, sie will für ihre Sicht im Vorstand kämpfen. Und sie kündigte
       selbstbewusst an: „Der Bundesvorstand wird ein Verfahren vorschlagen, das
       auf die Quotierung setzt. Da bin ich guten Mutes.“
       
       Trittin hatte sich zu den Avancen, ihn zum Solo-Spitzenmann zu machen,
       immer bedeckt gehalten. Ob er überhaupt mal ernsthaft damit geliebäugelt
       hat, das einzige grüne Gesicht im Wahlkampf zu sein, weiß nur er selbst. In
       seinem Umfeld hieß es, Trittin kenne seine Partei gut genug, um zu wissen,
       dass eine solche Lösung skeptisch gesehen werde. Klären wird sich das grüne
       Personalgezerre am Montag. Dann will der Bundesvorstand dem Parteirat ein
       Verfahren zur Personalfrage vorschlagen.
       
       14 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrich Schulte
       
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