# taz.de -- Polizeieinsatz beim Massaker von Utøya: Es hakte an mindestens 54 Punkten
       
       > Die Polizei entschuldigt sich für Fehler bei der Festnahme des
       > Attentäters Breivik. Augenzeugen glauben, dass die Behörden noch immer
       > nicht die ganze Wahrheit sagen.
       
 (IMG) Bild: Am 22. Juli 2011 hat der Attentäter Anders Breivik 69 Teilnehmer eines Ferienlagers auf Utøya erschossen.
       
       STOCKHOLM taz | Die 16-jährige Andrine Bakkene Espeland war eine der
       letzten Jugendlichen, die von Anders Breivik auf der Insel Utøya kaltblütig
       erschossen wurden. Sie könnte vermutlich noch leben, wenn der
       Polizeieinsatz an diesem 22. Juli 2011 nicht unnötig langsam gewesen wäre.
       Erstmals hat die norwegische Polizei ihr Versagen eingeräumt. "Es war gut,
       dieses Eingeständnis und eine Entschuldigung zu hören", erklärte Andrines
       51-jährige Mutter Unni im norwegischen Radio NRK: "Darauf haben wir lange
       warten müssen."
       
       "Ich entschuldige mich im Namen der Polizei, dass wir es nicht geschafft
       haben, den Täter früher festzunehmen", hatte Polizeidirektor Øystein Mæland
       am Donnerstagnachmittag in Oslo bei der Präsentation des polizeilichen
       Untersuchungsberichts zu den Vorgängen des 22. Juli erklärt: "Jede Minute
       war eine Minute zu spät, und es ist belastend, zu wissen, dass Leben hätten
       gerettet werden können." An nicht weniger als 54 Punkten habe es "gehakt".
       Die Polizei sei überfordert und unzureichend ausgestattet gewesen.
       
       Die gesamte Alarmkette habe nicht funktioniert, schon mit der Explosion im
       Regierungsviertel sei die Einsatzleitung überfordert gewesen; sie habe mit
       einem zweiten Bombenanschlag im Zentrum Oslos gerechnet. Die ersten
       Meldungen von Utøya seien falsch eingeordnet worden und die Fahndung nach
       dem Täter, von dem es sogar Fotos von Überwachungskameras gegeben habe, sei
       im System hängen geblieben. Hubschrauber seien zu spät alarmiert worden -
       und dann das Malheur mit dem Boot.
       
       Um 17.24 Uhr war der Alarm wegen einer "Schießerei" auf Utøya gekommen, um
       17.51 Uhr befand sich laut dem 166-seitigen Untersuchungsbericht auf der
       Festlandseite des Tyrifjords eine erste Polizeitruppe am Kai an der Stelle,
       wo man zur Insel ablegt. Doch statt nach zwei bis drei Minuten, die die
       Überfahrt von hier aus gedauert hätte, gelangte die Polizei erst eine halbe
       Stunde später, um 18.26 Uhr, auf die Insel, weil sie eine weiter entfernte
       Ablegestelle wählte und der Außenbordmotor des völlig überlasteten
       Polizeischlauchboots unterwegs versagte. Man habe dann versucht, zivile
       Boote zu requirieren, was aber erst gegen 18.20 Uhr gelungen sei.
       
       An diesem Punkt stieß der Bericht umgehend auf Misstrauen: Die Polizei sage
       nach wie vor nicht die ganze Wahrheit. Am Seeufer habe es von Privatbooten
       gewimmelt, betont Jørn Øverby, einer der Freiwilligen, die mit ihren Booten
       lange vor Ankunft der Polizei Jugendliche von der Insel retteten, selbst
       als sie von Breivik beschossen wurden: "Wir haben uns eben aus der
       Schusslinie geworfen." Wenn die Polizei behaupte, es habe keine Boote
       gegeben, dann, so Øverby "hat sie den Wald vor lauter Bäumen nicht
       gesehen".
       
       16 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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