# taz.de -- Kultursenatorin Kisseler über ihre Baustellen: "Ich finde diesen Umgang anstrengend"
       
       > Die Kommunikation mit Elbphilharmonie-Baukonzern Hochtief bleibt
       > schwierig. Auch die übrigen Baustellen von Kultursenatorin Barbara
       > Kisseler sind ein Jahr nach Amtsantritt kaum abgearbeitet
       
 (IMG) Bild: Klärt Elbphilharmonie-Probleme lieber intern als über die Medien: Barbara Kisseler.
       
       taz: Frau Kisseler, in puncto Elbphilharmonie steht die Stadt permanent als
       Hanswurst da, der von Hochtief öffentlich vorgeführt wird. Was tun Sie, um
       Ihr PR-Konzept zu verbessern? 
       
       Barbara Kisseler: Um es ganz deutlich zu sagen: Ich richte hier keine
       PR-Abteilung ein, die den Zweck hat, das Projekt Elbphilharmonie besser zu
       verkaufen, als es ist. Bei Hochtief mag das anders sein, das kann ich nicht
       beurteilen.
       
       Hochtief scheint die Medien gezielt mit Informationen zu füttern, die die
       Stadt ins schlechte Licht rücken. 
       
       Wir haben uns in der Tat manches Mal gewundert, wie bestimmte Dinge, die
       ich gerade mit der Hochtief-Leitungsebene vereinbart hatte, zwei Tage
       später konterkariert wurden durch eine anders lautende veröffentlichte
       Aussage.
       
       Wie haben Sie reagiert? 
       
       Weil ich uns für Vertreter einer mitteleuropäisch-höflich orientierten
       Gesellschaft halte, kläre ich interne Probleme auch intern.
       
       Behagt Ihnen dieses Spiel? 
       
       Ich muss sagen, dass ich diese Form des Umgangs ziemlich anstrengend finde.
       Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass steter Tropfen den Stein höhlt.
       Und man muss sich durch schlechtes Benehmen anderer nicht animiert fühlen,
       sich gleichfalls schlecht zu benehmen.
       
       Sprechen wir über die Museen. Bei Amtsantritt haben Sie sinngemäß gesagt:
       Falls die Kunsthalle ihr Defizit nicht selbst abbauen kann, werden wir
       daran etwas ändern. Warum tun Sie es nicht? 
       
       Weil die Kunsthalle im Moment mit den zur Verfügung gestellten Mitteln
       auskommt. Sie hat 2011 eine schwarze Null geschrieben und ihr
       Defizit-Problem gelöst. Und die Tatsache, dass die Galerie der Gegenwart
       wieder eine Kuratorin hat und die Stelle des Geschäftsführers
       ausgeschrieben ist, zeigt: Das Haus ist auf einem guten Weg.
       
       Vorigen Sommer sind Sie selbst von der SPD vorgeführt worden: Zwei Tage,
       nachdem Sie im Kulturausschuss für den Erhalt der Stiftung Historische
       Museen plädiert hatten, forderte die SPD die Herauslösung des
       Helms-Museums. Kurz darauf fanden Sie das dann auch in Ordnung. Warum? 
       
       Um es noch mal kurz richtigzustellen: Die inzwischen avisierte Fokussierung
       der Stiftung auf die drei großen Häuser – Museum der Arbeit, Museum für
       Hamburgische Geschichte und Altonaer Museum – widerspricht im Kern nicht
       der Idee, eine schlagkräftige Stiftung aus diesen Häusern zu machen. Unsere
       interne Kommunikation hätte damals allerdings klüger ablaufen können.
       
       Derzeit erarbeiten vier AGs die Neuprofilierung der Stiftung. Lautet der
       Arbeitsauftrag immer noch, wie unter Karin von Welck: Erstellt ein
       gemeinsames Profil und profiliert zugleich die einzelnen Häuser? 
       
       Nein. Sie sollen kein gemeinsames Profil erstellen. Sie sollen die
       Gesamtstiftung mit den Möglichkeiten, die diese Struktur bietet, was
       organisatorische Verbesserungen und die gemeinsame Nutzung von Ressourcen
       angeht, wahrnehmen.
       
       Und inhaltlich? 
       
       Sollen die Häuser die Geschichte der Stadt erzählen. Sie sollen überlegen,
       welche Aspekte Hamburger Geschichte die jeweiligen Häuser erzählen können.
       
       Aber dies ist ja nicht der erste Versuch, diese Museen aufzupeppen. Bislang
       sind alle Anläufe gescheitert; inhaltlich und didaktisch hat sich nichts
       geändert. Woran liegt das? 
       
       Daran, dass man lange versucht hat, von außen eine Lösung für Probleme zu
       finden, die im Innenleben der Stiftung liegen.
       
       Sie meinen die „Expertenkommission“ ihrer Vor-Vorgängerin Karin von Welck. 
       
       Zum Beispiel. Ich unterschätze nicht die Beratungsindustrie der
       Bundesrepublik. Aber ich finde es überzeugender, wenn die Mitarbeiter der
       Häuser selbst die Situation analysieren, um dann die eigene Rolle zu
       definieren. Das bedeutet eine andere Identifikation und eine andere
       Verantwortung.
       
       A propos Verantwortung: Warum dient sich die Kulturbehörde immer noch dem
       AKW-Konzern Vattenfall an, indem sie dessen Lesetage unterstützt? 
       
       Ach, manchmal wünsche ich mir etwas mehr Gelassenheit in der
       kulturpolitischen Diskussion. Ich finde, man muss in Rechnung stellen, dass
       Vattenfall sich seit vielen Jahren in dieser Form engagiert und dies immer
       als Bestandteil ihrer Unternehmensphilosophie verstanden hat. Und die
       Kooperation bei den Lesetagen bedeutet nicht, dass man jede
       umweltpolitische Tat des Konzerns unterstützt.
       
       Dann gibt es ja noch die ab 2013 geplante Kulturtaxe. Wie wollen Sie
       gewährleisten, dass sie für Kulturprojekte ausgegeben wird statt für
       Musicals? 
       
       Wo Kulturtaxe draufsteht, muss auch Kultur drin sein. Ich gehe derzeit
       davon aus, dass wir den überwiegenden Teil für kulturelle Zwecke, die
       unseren inhaltlichen Kriterien entsprechen, verwenden können. Zumal die
       Taxe Hamburg auch nach draußen kulturtouristisch attraktiver machen soll.
       Das geht aber in der Regel eher mit hochwertigen, ästhetisch herausragenden
       Angeboten als mit oberflächlichen Events. Dass darüber hinaus ein kleiner
       Teil des Geldes für die Verbesserung von Marketing-Strukturen verwandt
       wird, finde ich in Ordnung.
       
       Vor einem Jahr haben Sie gesagt, Sie wollten das Ungleichgewicht zwischen
       Hoch- und Subkultur verringern. Wie weit sind Sie da gekommen? 
       
       Einerseits gehen wir wieder konstruktiv miteinander um. Zudem haben wir die
       neuen Förderrichtlinien für die freien Theater umgesetzt, die die Szene von
       unsinnigen Vorgaben wie dem Eigenanteil bei Anträgen für
       Produktionsförderung befreit. Und wir haben der freien Künstlerszene 2011
       rund 7.000 Quadratmeter Fläche zur Zwischennutzung zur Verfügung gestellt.
       Derzeit erarbeiten wir ein Konzept für den Verbleib des Frappant in der
       Viktoria-Kaserne.
       
       Sprechen wir vom derzeit heiß diskutierten Buch „Kulturinfarkt“, in dem
       gefordert wird, die Hälfte aller Kulturinstitutionen zu schließen. Was
       könnte die Autoren getrieben haben? 
       
       Ich vermute, sie wollten provozieren. Die Autoren haben vermutlich
       jahrzehntelang versucht, den gesellschaftlichen Sinn von Kultur zu
       vermitteln und sind damit nicht angekommen. Da haben sie irgendwann
       wahrscheinlich entnervt gesagt: Jetzt leisten wir uns mal die
       Umkehr-Provokation.
       
       16 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Petra Schellen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Tourismus
       
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