# taz.de -- US-Gesundheitspolitiker: „Die Reform kann nicht gekippt werden“
       
       > Chris Jennings, Gesundheitspolitiker im US-Kongress, glaubt nicht, dass
       > die Gesundheitsreform aufgehalten werden kann. Einzelne Teile der Reform
       > sieht er allerdings in Gefahr.
       
 (IMG) Bild: Vor allem Anhänger der Tea-Party-Bewegung sperren sich gegen die Gesundheitsreform.
       
       taz: Hätten Sie damit gerechnet, dass dieses Gesetz vor dem
       Verfassungsgericht landet? 
       
       Chris Jennings: Wenn Sie mich das vor der Debatte gefragt hätten, hätte ich
       Nein gesagt. Ich halte es für das überparteilichste Gesetz, dass
       hierzulande in Kraft getreten ist. Viele seine Grundzüge basieren auf
       politischen Ideen und Konzepten, die von Republikanern vertreten wurden.
       Sie wurden von konservativen Führern der 70er, 80er und 90er Jahre
       mitentwickelt, beispielsweise Newt Gingrich, Mitt Romney, Arnold
       Schwarzenegger oder Richard Nixon.
       
       Wenn das Oberste Gericht die individuelle Versicherungspflicht als
       verfassungswidrig erklärt, ist dann das ganze Gesetz in Gefahr? 
       
       Ich glaube nicht, dass das Verfassungsgericht unter irgendwelchen Umständen
       die komplette Reform kippen könnte oder wollte. Es gibt sicherlich eine
       Reihe von wichtigen und beliebten Teilen, die gefährdet wären. Zum
       Beispiel: die Diskriminierung von Patienten mit Vorerkrankungen zu
       eliminieren. Oder: jeden krankenzuversichern. Unstrittig bleiben
       Bestandteile wie die Ausweitung der bereits bestehenden staatlichen
       Krankenversicherung für alte und behinderte Bürger.
       
       Das Urteil wird im Juni erwartet – auf dem Höhepunkt des Wahlkampfs. Wie
       könnte sich ein negatives Urteil für Präsident Obama auswirken? 
       
       Die Basis der Demokratischen Partei, der die Reform ohnehin nicht weit
       genug ging, würde das wohl als politischen Eingriff des Verfassungsgerichts
       ansehen, der politische Inhalte bedroht, die den Demokraten sehr wichtig
       sind. Und das wiederum würde die demokratische Basis stärker
       zusammenschweißen.
       
       Eine Niederlage vor dem Gericht könnte die Wahlbeteiligung und auch die
       Unterstützung des Präsidenten eher beflügeln. Auf der anderen Seite könnte
       das Kippen der individuellen Versicherungspflicht den
       Unabhängigkeitsgedanken hier in den USA unterstreichen. Und das könnte
       wiederum dem konservativen Herausforderer des Präsidenten zugute kommen.
       
       Sollte Präsident Obama bei der Wahl bestätigt werden und es weiterhin mit
       einer republikanischen Mehrheit im Parlament zu tun haben: Wäre die Reform
       dann vier Jahre blockiert? 
       
       Es wäre wohl nicht möglich, die Umsetzung der Reform zu blockieren. Der
       Kongress könnte nur hier und da Mittel verweigern, die notwendig sind, um
       weitere Teile des Gesetzes in Kraft zu setzen. Zuletzt hat der Präsident
       immer die Möglichkeit, sein Veto einzulegen.
       
       Und wenn nach der Wahl im November ein Republikaner ins Weiße Haus
       einzieht? 
       
       Auch dann wird es nicht einfach, die ganze Reform rückgängig zu machen,
       denn sie beinhaltet viele populäre Elemente. Die Republikaner könnten
       allerdings die umstrittenen Kernstücke aushebeln – allen voran die
       Versicherungspflicht. Und zwar mit genau dem gleichen Verfahrenskniff
       („Reconciliation“), mit dem Obama damals die Gesundheitsreform durchbekam.
       Kernelemente der Reform wären dann in der Tat in Gefahr.
       
       26 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Antje Passenheim
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) US-Gesundheitsreform: Republikaner beißen weiter
       
       Nach dem Sieg ist vor dem nächsten Kampf: Zwar hat der Supreme Court Obamas
       Gesundheitsrefrom im Kern bestätigt. Die Republikaner aber geben nicht auf.
       
 (DIR) Entscheidung des Obersten US-Gerichts: Obamas Gesundheitsreform bestätigt
       
       Wichtiger Sieg für Obama vier Monate vor der Wahl: Die Gesundheitsreform
       ist verfassungskonform. Millionen Amerikaner erhalten eine
       Krankenversicherung.
       
 (DIR) Kommentar US-Vorwahlen: Doch die Rivalen kämpfen weiter
       
       Mitt Romney ist nach den jüngsten Vorwahlen der US-Republikaner nicht mehr
       zu schlagen. Doch seine Rivalen machen weiter – ihren Themen zuliebe.
       
 (DIR) Vorwahlen der US-Republikaner: Romney, Romney und Romney
       
       Mitt Romney hat drei weitere Vorwahlen gewonnen und damit offenbar genug
       Stimmen, um Präsidentschaftskandidat der US-Republikaner zu werden. Auch
       Obama stellt sich auf ihn ein.
       
 (DIR) Gesundheitspolitik in den USA: Obamas Gesetz vor Gericht
       
       26 US-Bundesstaaten klagen gegen die Reform, die die Bürger zwingt, eine
       Krankenversicherung abzuschließen. Dies sei ein unzulässiger Eingriff des
       Staates.
       
 (DIR) Krankenversicherung in den USA: Jetzt auch für Leukämiekranke
       
       Wer krank war, hatte in den USA bisher kaum eine Chance, versichert zu
       werden. Jetzt ist das anders. Trotz Kritik treibt die Regierung die
       Gesundheitsreform voran.