# taz.de -- Leck auf Nordsee-Bohrinsel: Giftiges Gas breitet sich aus
       
       > Auf der Bohrinsel des Ölkonzerns Total strömt weiter Gas aus.
       > Umweltschützer kritisieren, dass die britische Regierung besonders tiefe
       > Bohrungen gefördert habe.
       
 (IMG) Bild: Explosive Wolke: So nah dürfen Schiffe derzeit nicht an die havarierte Gasplattform „Elgin“ heranfahren.
       
       LONDON/OSLO rtr | Nach der Evakuierung einer Gas- und Ölförderplattform vor
       der schottischen Küste wächst die Sorge vor einer Umweltkatastrophe. An der
       Bohrinsel „Elgin“ des Betreibers Total strömte auch am Dienstag nach
       offiziellen Angaben unkontrolliert giftiges, hochexplosives Gas aus.
       
       An der Wasseroberfläche breitete sich ein Ölfilm aus. Die Behörden
       richteten eine Sperrzone um die Bohrinsel ein, die etwa 240 Kilometer von
       der Stadt Aberdeen entfernt liegt. Umweltaktivisten sprachen von einem
       „Bohrloch der Hölle“.
       
       Der Ölkonzern Royal Dutch Shell evakuierte seine nahegelegene
       Förderplattform Shearwater. Nach Angaben von Total könnte es bis zu sechs
       Monate dauern, bis das Leck gestoppt ist. Der Vorfall weckte Erinnerungen
       an die Explosion der BP -Förderplattform „Deepwater Horizon“ und die
       anschließende Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko vor knapp zwei Jahren.
       
       Der britische Umweltminister Charles Hendry bescheinigte dem Konzern und
       den Behörden ein gutes Krisenmanagement. „Bislang sind alle Vorschriften
       eingehalten und die richtigen Schritte eingeleitet worden“, sagte Hendry
       der Nachrichtenagentur Reuters. Es seien keine größeren Mengen Öl in die
       Umwelt gelangt. Der Ölfilm auf der Meeresoberfläche sei kleiner als ein
       Olympia-Schwimmbecken. Dennoch nehme die Regierung die Lage ernst.
       
       ## Hubschrauber und Schiffe müssen Abstand halten
       
       Die Behörden richteten eine Sperrzone um die Bohrinsel ein. Schiffe dürfen
       demnach nicht näher als zwei Meilen (rund 3,2 Kilometer) an die Plattform
       heranfahren. Flugzeuge, die tiefer als 1200 Meter fliegen, dürfen nicht
       näher als drei Meilen (rund 4,8 Kilometer) an die Bohrinsel herankommen.
       Damit ist der Einsatz von Hubschraubern praktisch unmöglich.
       
       Für die Öffentlichkeit an Land besteht nach Angaben der Behörden keine
       unmittelbare Gefahr. Das ausströmende Gas enthalte aber giftigen
       Schwefelwasserstoff, weshalb Personen direkt am Leck gefährdet seien. Dies
       dürfte auch der Grund gewesen sein, weshalb Total die Plattform bereits am
       Sonntag evakuieren ließ und die 238 Arbeiter vor Ort in Sicherheit brachte.
       Nach Angaben der Behörden wird sich das nach faulen Eiern riechende Gas mit
       der Zeit in die Atmosphäre verflüchtigen.
       
       Die norwegische Umweltgruppe Bellona sprach von einem Horrorszenario. „Das
       Problem ist außer Kontrolle geraten“, sagte Bellona-Chef Frederic Hauge.
       Bevor die Arbeiter auf der Plattform in Sicherheit gebracht worden seien,
       hätten sie sich 14 Stunden um eine Eindämmung des Problems bemüht.
       
       Auch Greenpeace zeigte sich alarmiert und kritisierte die britische
       Regierung, die die Ausbeutung von besonders tief gelegenen
       Rohstoffvorkommen in der Nordsee mit speziellen Anreizen noch gefördert
       habe. Das Gasfeld von „Elgin“ liegt etwa 6000 Meter unter dem Meeresboden.
       
       ## Gezielte Explosion könnte Bohrloch schließen
       
       Total flog nach eigenen Angaben 10 bis 20 Spezialisten ein und heuerte den
       Dienstleister Wild Well Control an, der auch bei der Öl-Katastrophe im Golf
       von Mexiko zum Einsatz kam. Total erklärte, der Konzern halte sich alle
       Optionen offen, darunter auch eine Entlastungsbohrung, was aber rund sechs
       Monate dauern dürfte.
       
       Die andere Alternative sei das „Kill“-Verfahren mittels einer gezielten
       Explosion, was aber deutlich riskanter wäre. An der „Elgin“-Plattform
       förderte Total täglich neun Millionen Kubikmeter Gas, was drei Prozent der
       britischen Gesamtfördermenge von Erdgas entspricht. Zudem wurden an der
       Bohrinsel täglich 60.000 Barrel Leichtöl gewonnen, was rund 5,5 Prozent der
       britischen Gesamtfördermenge von Erdöl entspricht. Nach der Evakuierung der
       Plattform zog der Gaspreis an.
       
       An der Pariser Börse verlor die Total-Aktie sechs Prozent und war damit der
       mit Abstand größte Verlierer im Pariser Leitindex CAC40 sowie im
       EuroStoxx50. Der Kurssturz vernichtete mehr als fünf Milliarden Euro an
       Marktkapitalisierung von Total und drückte die Titel auf ein
       Zweieinhalb-Monatstief.
       
       „Das ruft böse Erinnerungen an die Ölkatastrophe von BP im Golf von Mexiko
       2010 hervor“, sagte ein Händler in Paris. Der weitere Fortgang der
       Geschehnisse in der Nordsee sei schwer absehbar, deshalb werde die Aktie im
       Zweifel lieber verkauft.
       
       28 Mar 2012
       
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