# taz.de -- NRW-Wahlkampf der Linkspartei: Durchhalteparolen vor dem Abgrund
       
       > Ohne Leidenschaft und Selbstvertrauen torkelt die Linke in Richtung
       > Landtagswahl. Die verbliebenen Hoffnungen richten sich auf die
       > Spitzenkandidatin Katharina Schwabedissen.
       
 (IMG) Bild: Die Grundrichtung ist links, die Farbe rot. Und weiter?
       
       HAGEN taz | Die Stimmung in der Hagener Stadthalle am Samstag ist gedrückt.
       Wie ein Damoklesschwert baumelt die Landtagswahl am 13. Mai über den Köpfen
       der rund zweihundert Linkspartei-Delegierten. „Wir sind gekommen, um zu
       bleiben, wir kämpfen und wir werden bleiben“, versucht Katharina
       Schwabedissen ihnen Mut zu machen. Der Beifall bleibt höflich, aber matt.
       
       Wie ein Mantra taucht der Satz von der Mehrheit, deren Interessen die
       Linkspartei vertrete, an diesem Wochenende auf. Auch Wolfgang Zimmermann
       und Bärbel Beuermann, die anderen beiden des sogenannten Spitzentrios, das
       die Linkspartei in den Wahlkampf schicken will, bemühen ihn.
       
       Das Problem ist nur: Die Mehrheit der Menschen hat er bislang nicht
       überzeugen können. Im Gegenteil: Der Wiedereinzug in den Düsseldorfer
       Landtag ist akut gefährdet. Trotz der Beschwörung bisheriger Erfolge: von
       der Abschaffung der Studiengebühren bis zur Aufhebung der Residenzpflicht
       für Asylbewerber.
       
       Das Schlimmste für die Partei ist jedoch, dass sie nicht mehr an sich
       selbst zu glauben scheint. Ohne Leidenschaft bewältigt sie in Hagen ihr
       Pensum. Das leicht modifizierte Landtagswahlprogramm wird ohne größere
       Debatte einstimmig beschlossen.
       
       ## Ein Mandat bei der Linkspartei ist derzeit nicht attraktiv
       
       Auch um die als aussichtsreich geltenden Plätze auf der Landesliste gibt es
       kein Gerangel. Nur zwei der zehn Landtagsabgeordneten, die wieder antreten,
       müssen sich überhaupt einer Gegenkandidatur erwehren. Ein Mandat bei der
       Linkspartei ist derzeit nicht sonderlich attraktiv.
       
       Nur eine will es wissen: Katharina Schwabedissen. Sozialisiert in der
       Anti-AKW- und Friedensbewegung, gilt die 39-jährige Krankenschwester als
       eines der wenigen politischen Talente im Westen. Die eloquente Feministin,
       die einst die Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) in
       NRW in die Linkspartei überführte, steht der Partei in NRW seit 2008 vor.
       Parlamentarischen Verlockungen widerstand sie bislang.
       
       Aber nach der überraschenden Auflösung des Düsseldorfer Landtags hat sich
       die zum linken Flügel zählende Schwabedissen jetzt als Spitzenkandidatin in
       die Pflicht nehmen lassen. Doch nicht alle glauben an die junge
       Hoffnungsträgerin: Bei ihrer Nominierung kommt sie nur auf 70,3 Prozent der
       Stimmen und ist damit weit entfernt von den SED-ähnlichen Ergebnissen der
       ebenfalls an diesem Wochenende gewählten SpitzenkandidatInnen von SPD,
       Grünen und FDP.
       
       Im Wahlkampf setzt die Linkspartei ganz auf die soziale Karte: Sie fordert
       die Einführung eines landesweiten Sozialtickets für 15 Euro, gebührenfreie
       Kitaplätze für alle Kinder, einen gesetzlichen Mindestlohn von 10 Euro und
       das Verbot von Leiharbeit. Eine Politik der Einsparungen lehnt sie ab.
       
       ## Die Aufbruchstimmung ist verflogen
       
       Stattdessen sollen die staatlichen Einnahmen erhöht werden: „Unsere
       Schuldenbremse heißt Millionärssteuer“, sagt Schwabedissen. Zu den Chancen,
       die Fünfprozenthürde zu nehmen, sagt die Landessprecherin „Das wird hart
       werden. Aber wir können es schaffen.“ Ein Scheitern in NRW hätte nicht
       absehbare Folgen für die gesamtdeutsche Linkspartei.
       
       Doch wie immer der Urnengang am 13. Mai ausgehen wird, Rüdiger Sagel wird
       nicht mehr dabei sein. 14 Jahre saß er im Düsseldorfer Parlament. Jetzt hat
       er genug: Sagel ist der einzige aus der bisherigen Fraktion, der nicht
       wieder kandidiert. Das sei kein Abschied von der Linkspartei, die er im
       Wahlkampf kräftig unterstützen wolle, betont Sagel.
       
       Doch die Aufbruchstimmung, die sie 2010 mit 5,6 Prozent knapp in den
       Landtag getragen hatte, sei völlig verflogen. „Da hilft wahrscheinlich nur
       noch ein Wunder“, sagt er. Sagel empfiehlt seiner Partei, auf eine
       Zweitstimmenkampagne auf Kosten der SPD zu setzen: Soziale Politik
       betrieben die Sozialdemokraten nur bei einer starken Linkspartei im
       Parlament.
       
       Manch anderer Delegierter setzt allerdings lieber auf einen ehemaligen
       Sozi: Wenn Oskar Lafontaine noch vor dem Wahltag signalisieren würde, als
       Bundesvorsitzender zurückzukehren, könnte das vielleicht den fehlenden
       Schwung in Nordrhein-Westfalen bringen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
       
       1 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
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