# taz.de -- Kommentar Wahlkampf in Frankreich: Die größte Partei
       
       > Das Volk in Frankreich ist wahlmüde. Desinteresse bestimmt derzeit den
       > Wahlkampf um den nächsten Staatschef. Eine Mehrheit meint, eigentlich
       > keine wirkliche Wahl zu haben.
       
       Im französischen Präsidentschaftsrennen liegen derzeit weder Amtsinhaber
       Sarkozy noch sein Herausforderer Hollande an der Spitze – sondern die
       „Partei“ der Nichtwähler.
       
       32 Prozent der Franzosen wollen einer Umfrage nach die Abstimmung links
       (oder rechts) liegen lassen. Noch nie war das Interesse am nächsten
       Staatschefs in dem Land so gering. Zum Vergleich: 2007 pfiffen nur halb so
       viele Franzosen auf ihr Wahlrecht.
       
       Das aktuelle politische Angebot findet offenbar keine ausreichende
       Nachfrage. Auch die absehbare Stichwahl zwischen Sarkozy und Hollande löst
       keine größere Leidenschaft aus: Gerade einmal 42 Prozent der Befragten
       sehen darin eine Konstellation, bei der sie wirklich eine Wahl hätten.
       
       Hinter dem manifesten Desinteresse verbirgt sich sowohl die Enttäuschung
       ehemaliger Sarkozy-Wähler als auch die Frustration der Gegner des
       konservativen Präsidenten, die sich einen politisch markanteren
       Herausforderer als Hollande gewünscht hätten.
       
       Viele Franzosen gehen davon aus, dass es unter dem Strich egal ist, wer von
       den beiden in den Élysée-Palast einzieht.
       
       Beredt ist auch das Schweigen der Intellektuellen: Philosophen wie André
       Glucksmann haben wenig Lust, sich nochmals an Sarkozy die Finger zu
       verbrennen.
       
       Und Bernard-Henri Lévy mag nicht Wahlhelfer für Hollande spielen, wie noch
       2007 für dessen Parteifreundin Ségolène Royal.
       
       Die amtierende Regierung tut unterdessen wenig gegen die drohende
       Wahlmüdigkeit. Im Gegenteil: Sarkozys Innenminister hat den ersten
       Durchgang auf den 22. April terminiert – mitten in die Osterferien in
       Frankreich.
       
       Seine Partei kann davon profitieren. Senioren und Landwirte fahren weit
       seltener in den Urlaub. Und sie wählen traditionell rechts.
       
       3 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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