# taz.de -- Kolumne American Pie: Der prominente Sündenbock
       
       > Die Dallas Mavericks schicken Lamar Odom fort, um die Saison zu retten.
       > Dabei bräuchte der schwächelnde NBA-Titelverteidiger einen Profi mit
       > seinen Anlagen.
       
 (IMG) Bild: Koloss unterm Korb: Lamar Odom (o.) überspringt Paul Millsap von den Utah Jazz.
       
       Nur zur Erinnerung: Die Dallas Mavericks sind der amtierende Titelträger
       der NBA. Das konnte man in letzter Zeit leicht vergessen. Dirk Nowitzki und
       seine Kollegen verlieren so regelmäßig ihre Partien, dass an eine erneute
       Meisterschaft momentan kaum zu denken ist.
       
       Tatsächlich ist sogar die Qualifikation für die Playoffs in Gefahr. Eins
       ist immerhin sicher: Sollten die Mavs die bereits in zweieinhalb Wochen
       beginnende K.o.-Runde erreichen, werden sie die Mission Titelverteidigung
       ohne Lamar Odom in Angriff nehmen müssen.
       
       Am Montag verkündete Donnie Nelson, der Manager der Mavericks, dass der
       Flügelspieler in den restlichen Saisonspielen nicht mehr eingesetzt werden
       wird: „Wir hatten das Gefühl, so kurz vor den Playoffs wäre das im
       Interesse aller Beteiligten.“ Es ist also im Interesse der Dallas
       Mavericks, auf die Dienste eines Angestellten zu verzichten, der in diesem
       Jahr mit 8,2 Millionen Dollar entlohnt wird und bei seiner Verpflichtung
       noch als entscheidendes Puzzlestück einer Titelverteidigung galt.
       
       Odom kam direkt vor der Saison von den Los Angeles Lakers, mit denen der
       extrem vielseitige Profi zweimal Meister geworden war. Die hatten ihn
       eigentlich mit Chris Paul von den New Orleans Hornets eintauschen wollen.
       Als dieser Deal aber von der NBA verhindert wurde, verscherbelten die
       Lakers den daraufhin grantelnden Odom kurzerhand nach Dallas.
       
       ## Katastrophale Trefferquote
       
       Der sensible Odom quittierte den ungewollten Wechsel mit schlechten
       Leistungen. Der 32-Jährige, in der vergangenen Spielzeit noch als bester
       Einwechselspieler der Liga ausgezeichnet, kam zwar auch für die Mavericks
       meist von der Bank, spielte aber so wenige Minuten wie nie zuvor in seiner
       Karriere und erzielte gerade einmal 6,6 Punkte im Schnitt, auch das ein
       Negativrekord für ihn. Seine Trefferquote war dabei meist so katastrophal,
       dass das Publikum in Dallas begann, ihn auszubuhen. Er wirkte nicht
       austrainiert und kam auch niemals in Form.
       
       Odom verkraftete es offensichtlich nie so recht, aus dem glamourösen Los
       Angeles ins eher provinzielle Dallas verbannt worden zu sein. Noch weniger
       konnte sich vermutlich seine Gattin mit dem Umzug nach Texas anfreunden.
       Die heißt Khloe Kardashian und wurde berühmt durch eine Reality-TV-Serie,
       in der das angeblich so aufregende Promi-Leben ihrer Familie dokumentiert
       wurde.
       
       Auch die Hochzeit von Odom und Kardashian im September 2009 wurde direkt in
       die amerikanischen Wohnzimmer gesendet. Seit Odom in Dallas auch von
       Trainer Rick Carlisle kritisiert wurde, war es vor allem seine Ehefrau, die
       ihn über Twitter verteidigte. Aber Odom, so formulierte es Manager Nelson,
       „hatte persönliche Probleme und in unserer jetzigen Situation müssen wir
       uns auf unsere Leute verlassen können“.
       
       Man kann nun vermuten, die Mavericks versuchen zwei Fliegen mit einer
       Klappe zu schlagen. Einerseits haben sie mit der Beurlaubung von Odom einen
       Sündenbock für die sehr durchwachsenen Leistungen der Mannschaft gefunden.
       Andererseits hat das Team nun keine Entschuldigung mehr, sollte es in den
       letzten Spielen tatsächlich die Playoff-Teilnahme verspielen.
       
       ## Jason Kidd: Ehrenvorsitzender der Seniorentruppe
       
       Das Problem der Mavericks: Odom allein ist nicht schuld an ihrer Misere.
       Tatsächlich vermissen sie überraschenderweise nicht so sehr Tyson Chandler,
       den defensivstarken Center, der den Titelgewinn mit einem lukrativen
       Vertrag bei den New York Knicks versilberte. In der Verteidigung gehören
       die Mavericks auch ohne Chandler zu den besten Teams der Liga.
       
       Dagegen läuft es aber im Angriff momentan gar nicht gut. Vor allem Jason
       Kidd, Aufbauspieler und im letzten Jahr noch Ehrenvorsitzender der
       Seniorentruppe aus Dallas, spielt nun doch seinem Alter entsprechend. Der
       39-Jährige war noch nie der Schnellste, aber nun zieht er so gut wie gar
       nicht mehr zum Korb und wirft fast nur noch aus der Distanz: Mehr als 80
       Prozent seiner Versuche sind Dreier.
       
       Aber weil aus Kidd ein eindimensionaler Spieler geworden ist, leidet das
       Offensivspiel der ganzen Mannschaft. Um seine Probleme zu beheben, würde
       der Titelverteidiger einen möglichst vielseitigen Profi benötigen, der
       überdurchschnittlich punkten, passen und verteidigen kann. Eigentlich
       bräuchten die Mavericks: Lamar Odom.
       
       10 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Winkler
       
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