# taz.de -- Fußballer-Tod in Italien: Zeit der Besinnung
       
       > Bei einem Zweitligaspiel erleidet der Fußballer Piermario Morosini einen
       > tödlichen Herzinfarkt. Daraufhin werden alle Fußballspiele des
       > Wochenendes in Italien abgesagt.
       
 (IMG) Bild: Weltweite Trauer: Gedenken an Piermario Morosini vor dem Spiel des Toronto FC gegen Chivas USA.
       
       BERGAMO taz | Alle Rettungsmaßnahmen kamen zu spät. Am Samstagnachmittag
       starb im Zweitligaspiel zwischen Pescara Calcio und dem AS Livorno der
       Mittelfeldspieler Piermario Morosini, an einem Herzinfarkt. Auch der zu den
       Zuschauern gehörende Chefarzt der Kardiologie im Krankenhaus Pescara konnte
       den 25-jährigen Mittelfeldspieler nicht mehr ins Leben zurückholen.
       Morosini starb etwa eine Stunde nach seinem plötzlichen Zusammenbruch. Der
       italienische Fußballverband sagte daraufhin alle Spiele von den
       Amateurligen bis in die Serie A am Wochenende und am heutigen Montag ab.
       
       Das ist die gute Botschaft innerhalb der schlechten Nachricht: Weil ein
       Mensch stirbt, hält die Welt, aus der er stammt, für einige Tage in ihrem
       rastlosen Lauf inne. Tor- und Einschaltquoten, Werbeumsätze und aktivierte
       Konsumentenmassen, die sonst die Taktfrequenz des Spektakelbetriebs
       vorgeben, sind angesichts des live in die Wohnzimmer gebrachten Tod eines
       jungen Sportlers zu Nebensächlichkeiten geschrumpft.
       
       Die italienischen Fußballfunktionäre reagierten mit der Spieltagabsage
       angemessener auf diesen Unglücksfall als die Organisatoren des Giro
       d’Italia. Die hatten im letzten Jahr nach dem Tod des belgischen Radprofis
       Wouter Weylandt der Trauer keine Chance gegeben und das Rennen fortgesetzt.
       Der italienische Fußball hingegen hat nun Gelegenheit zu einer Besinnung
       auf das, was wirklich zählt.
       
       ## Udinese-Fußballer treten nicht an
       
       Auslöser der Absagen war freilich die Weigerung der Profis von Udinese
       Calcio, das für den Samstagabend nur wenige Stunden nach der Nachricht von
       Morosinis Tod angesetzte Spiel gegen Inter Mailand anzutreten. Morosini
       gehörte seit 2005 zu Udinese und war zuletzt an den AS Livorno ausgeliehen
       worden. „Ein Sohn von Udinese ist für immer weggegangen. Da geht es nicht,
       zu spielen“, erklärte Udinese-Boss Gianpaolo Pozzo.
       
       Zwar hatte Pozzo diesen „Sohn“ in den letzten sechs Jahren an sechs
       verschiedene Vereine der Serie B verliehen, aber mit seiner sympathischen
       und ruhigen Art hatte sich Morosini sowohl in seinem Stammverein als auch
       auf anderen den Stationen seiner Fußballerreise durch Italien viele Freunde
       gemacht.
       
       „Er war von einer ganz besonderen Güte und Herzlichkeit“, sagten seine
       Ex-Mitspieler Alex Pinardi (Vicenza) und Raffaele Schiavi (Padua) der
       Gazzetta dello Sport. „Er hat uns gelehrt, jeden Tag dem Leben mit einem
       Lachen zu begegnen, selbst wenn dieses Leben dir manchmal den Rücken
       zukehrt“, erinnerte sich Marco Andreolli, ein Mitspieler Morosinis in
       Italiens U21-Auswahl.
       
       Morosinis optimistische Grundhaltung war allerdings schweren Prüfungen
       ausgesetzt. Bereits 15-jährig verlor er seine Mutter durch einen Tumor.
       Zwei Jahre später starb sein Vater an einem Herzinfarkt. Danach nahm sich
       sein behinderter Bruder das Leben.
       
       ## Kein Millionario
       
       Wegen dieser überstandenen Schicksalsschläge gibt Morosini ein Bild ab, das
       sich radikal vom Image der egoistischen Millionarios, von denen sich einige
       zudem einen Zusatzverdienst durch Spielmanipulationen organisieren,
       unterscheidet. „Er war wunderbar, als Mensch wie als Fußballer. Er hat sich
       in der Kirche engagiert, war ausgeglichen und sehr reif für sein Alter“,
       meinte Giacomo Randazzo, sein Trainer in der Jugend von Atalanta Bergamo,
       wo Morosini aufwuchs.
       
       Warum es zum Todesfall kam, und vor allem, ob er hätte vermieden werden
       können, ist bislang ungeklärt. Dem Krankenwagen wurde der Weg ins Stadion
       durch ein am Tor abgestelltes und von seinem Fahrer allein gelassenes
       Polizeifahrzeug verstellt. Ordner wollten zunächst nicht den von den Rängen
       herabeilenden Chefkardiologen des Krankenhauses Pescara aufs Spielfeld
       lassen und verzögerten so möglicherweise die Rettung.
       
       Auch die Reihenuntersuchungen der Sportler stehen auf dem Prüfstand. „Das
       sehr muskulöse Sportlerherz versteckt stärker als normale Herzen
       Anomalien“, erklärte Ciro Campanella, Herzchirurg am römischen
       Krankenhauses San Filippo Neri. Er hält auch die üblichen Belastungstests
       für nicht vergleichbar mit den Belastungen während eines Spiels. Der zweite
       Todesfall eines Profisportlers binnen wenigen Wochen in Italien – am 24.
       März starb der Volleyballer Vigor Bovolento während eines Zweitligaspiels –
       könnte für ein Umdenken sorgen.
       
       15 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tom Mustroph
       
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