# taz.de -- Sportler mit Herzproblemen: Schwierige Herzenssache
       
       > Immer wieder brechen vermeintlich kerngesunde Fußballer auf dem Spielfeld
       > zusammen – wie zuletzt Fabrice Muamba. Über die Gründe wird viel
       > spekuliert: Vorerkrankung? Doping?
       
 (IMG) Bild: Schweigendes Stadion: Sanitäter betreuen den kollabierten Fabrice Muamba.
       
       BERLIN taz | Es ist sehr still, wenn ein ausverkauftes Stadion schweigt.
       Die Blicke der Zuschauer zentrieren sich auf einen fernen Punkt auf dem
       Rasen. Alle starren fassungslos, ungläubig auf das Knäul aus Betreuern,
       Spielern und Sanitätern auf dem Platz. Jeder versucht irgendwie zu
       begreifen, was da mit Fabrice Ndala Muamba passiert ist. Es ist der Abend
       des 17. März 2012 als der gebürtige Kongolese beim FA-Cup-Viertelfinalspiel
       zwischen Tottenham Hotspur und den Bolton Wanderers in der Nähe des
       Mittelkreises in sich zusammensackt. Der 23-Jährige kollabiert mit einem
       Herzstillstand.
       
       Minutenlang versuchen Ärzte den Bolton-Spieler wiederzubeleben. 15
       Stromstöße jagen durch den leblosen Körper. Es folgt der Abtransport in ein
       Krankenhaus. Schiedsrichter Howard Webb bricht die Partie ab. Es wird 78
       Minuten dauern bis das Herz des defensiven Mittelfeldspielers wieder zu
       schlagen beginnt. Der behandelnde Kardiologe spricht von einem „Wunder“.
       Muamba befindet sich bis heute auf der Intensivstation des Londoner Chest
       Hospitals, ist aber ansprechbar und auf dem Weg der Besserung.
       
       Wie kann es sein, dass ein körperlich vermeintlich gesunder und
       durchtrainierter Fußballer einfach so zusammenbricht? Kurz nach dem Drama
       um Fabrice Muamba brach der indische Stürmer Venkatesh während eines
       Heimspiels seines Teams Bangalore Mars in der nationalen A-Liga ebenfalls
       mit einem Herzstillstand zusammen und starb.
       
       In den letzten zehn Jahren horchte die Öffentlichkeit immer wieder auf,
       wenn die Rede vom plötzlichen Herztod im Fußball war. Mindestens ein
       Dutzend Kicker starben in diesen Zeitraum. Unvergessen sind die
       erschütternden Bilder, die den Tod des Kameruner Nationalspielers
       Marc-Vivien Foé, während des Confed-Cups 2003 in Lyon dokumentieren.
       
       Die Suche nach Gründen kreist meist um zwei Themenbereiche: Zum einen wird
       in der Regel oft eine nicht erkannte kardiale Vorerkrankung angenommen, zum
       anderen wird ebenso gern wie vage über eine mögliche Dopingvergangenheit
       des betroffenen Spielers spekuliert. Es ist medizinisch unstrittig, dass
       Substanzen wie Anabolika oder Erythropoietin (EPO) auch massiv das Herz
       schädigen können.
       
       Darauf weist der Mannschaftsarzt der deutschen Fußballnationalmannschaft
       Wilfried Kindermann in einem Aufsatz hin. Er kommt zu dem Fazit: „Doping
       kann zum plötzlichen Herztod führen, darf aber nicht ohne ausreichenden
       Beweis für jeden ungeklärten Tod eines Sportlers als Ursache propagiert
       werden.“
       
       ## „Keine harten Verdachtsmomente“
       
       Der Sportmediziner und Anti-Doping-Beauftragter des Landessportbunds
       Schleswig-Holstein, Burkhard Weisser, sieht das ähnlich: „Im Fußball gibt
       es im Hinblick auf Doping keine harten Verdachtsmomente. Der DFB hat auch,
       um Imageschäden zu vermeiden, seine zuvor laxen Kontrollen massiv
       verschärft. Eine nicht erkannte kardiale Erkrankung ist die häufigste
       Ursache für den plötzlichen Herztod im Fußball.“ Wie im Fall des Spaniers
       Antonio José Puerta Pérez vom FC Sevilla, der im Spiel gegen Getafe 2007
       zusammenbrach.
       
       Der in Kiel lehrende Internist relativiert auch den Aspekt einer Zunahme
       der Fälle: „Fraglos gibt es im Fußball eine erhöhte mediale Aufmerksamkeit.
       Aus statistisch-medizinischer Sicht kann man aber nicht von einer Häufung
       sprechen.“ Laut Kindermann gibt es in Deutschland im Jahr bei jungen
       Sportlern „0,5 bis 2 plötzliche Herztodesfälle pro 100.000“.
       
       Der prominenteste Fall ist der von Axel Jüptner, der in den 90ern für
       Stuttgart und Uerdingen in der Bundesliga spielte. Jüptner, nun bei Jena
       unter Vertrag, starb 1998 nach einer Trainingseinheit an einem kardiogenen
       Schock. Ein Jahr später setzte die Spielergewerkschaft VdV im DFB eine
       „Weisung Jüptner“ durch, die für Profis genaue internistische
       Untersuchungen einmal pro Jahr vorschreibt.
       
       Seitdem hat sich viel getan: Defibrilatoren gehören zum Stadioninventar,
       geschultes medizinisches Fachpersonal ist umgehend vor Ort. Da ist aber
       noch ein anderer Sicherungsmechanismus. „Es gibt im englischen Fußball den
       Begriff des One-Million-Dollar-Heart, der prägnant umschreibt, wie wertvoll
       die Spieler allein als Kapitalanlage mittlerweile sind. Insofern kann man
       davon ausgehen das regelmäßige und gründliche Gesundheitchecks
       stattfinden“, sagt Burkhard Weisser.
       
       Dennoch, Fälle von plötzlichem Herztod wird es trotz aller Vorschicht auch
       weiterhin geben – Momente wie der am 17. März an der White Hart Lane in
       London, wenn ein ausverkauftes Stadion schweigt.
       
       30 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Scheper
       
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