# taz.de -- Kommentar Solarindustrie: Photovoltaik ist kein Selbstläufer
       
       > Die Werksschließung der First Solar in Deutschland zeigt einen
       > bedrohlichen Trend. Um ihn aufzuhalten, bedarf es intelligenter Förderung
       > und schnellen Handelns.
       
       Mit dem Rückzug von First Solar aus Deutschland erreicht die Krise der
       Solarindustrie einen neuen Höhepunkt. Schließlich geht es nicht um
       irgendeine Firma, das von der aktuellen Entwicklung überfordert ist,
       sondern um das zweitgrößte Solarunternehmen der Welt, das Deutschland den
       Rücken kehrt - und zwar explizit unter Verweis auf die veränderten
       politischen Rahmenbedingungen.
       
       Obwohl die Branche bei der Vorstellung der neuen, drastischen Kürzungen der
       Solarvergütung vor massenhaften Entlassungen und Standortschließungen
       gewarnt hat, kommt die Entwicklung für die Politik offenbar überraschend.
       Und das ist durchaus nachvollziehbar: Schließlich hatten die
       Solar-Lobbyisten bisher vor jeder Kürzung den Untergang an die Wand gemalt
       – und anschließend mehr Solarzellen verkauft als zuvor. Doch diesmal hat
       die Politik den Markt tatsächlich überfordert.
       
       Zuvor hatte mit Q-Cells bereits der ehemals größte Solarzellenhersteller
       der Welt Insolvenz angemeldet, auch Solon und Odersun sind pleite. Kritiker
       der Solarförderung argumentieren, dass die Probleme der Firmen in
       Deutschland eine völlig normale marktwirtschaftliche Entwicklung sind.
       
       ## Deutschland oder China
       
       Wenn Solarzellen in China deutlich billiger hergestellt werden können als
       hierzulande, dann wandert die Produktion ab – genauso wie bei vielen
       anderen elektronischen Geräten. Und wenn das wichtigste Ziel der
       Förderpolitik ist, möglichst viel Solarstrom ins Netz zu bekommen, um
       Atomkraft und Kohle zu ersetzen, könnte es ja eigentlich egal sein, ob die
       dafür notwendigen Geräte in Deutschland oder China hergestellt werden.
       
       Diese Diskussion verkennt aber, dass es für die Akzeptanz der
       Ökostrom-Umlage, die alle Verbraucher zahlen, entscheidend ist, dass diese
       zumindest teilweise der Schaffung heimischer Arbeitsplätze dient. Doch
       selbst wenn die Politik nun aufwachen würde und alles versuchte, die
       Industrie im Land zu halten: Eine höhere Solarförderung in der bisherigen
       Ausgestaltung würde das Problem nicht lösen. Denn diese kommt den
       chinesischen Herstellern in gleicher Weise zu gute wie den deutschen.
       
       Die Lösung könnte ein Fördermodell sein, das die Vergütung teilweise daran
       koppelt, wo die Solarzellen hergestellt werden. Gerechtfertigt werden
       könnte dieser Verstoß gegen Freihandelsprinzipien damit, dass China seine
       Solarindustrie ebenfalls staatlich fördert, etwa durch vergünstigte Kredite
       und Grundstücke. Während in den USA deshalb bereits eine
       Anti-Dumping-Untersuchung läuft, ignoriert Deutschland das Problem bisher.
       Wenn die Zukunftstechnik das Land nicht komplett verlassen soll, ist
       schnelles Handeln gefragt.
       
       18 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Kreutzfeldt
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Handelskrieg in der Solarbranche: Chinas Klimaschutz ärgert Altmaier
       
       Bundesumweltminister Altmaier wünscht sich Strafzölle auf chinesische
       Solarmodule, die die deutsche Branche unter Druck setzen. Die Chinesen
       fühlen sich ungerecht behandelt.
       
 (DIR) Reaktionen auf US-Sanktionen: Solarfreunde aus China unter Druck
       
       Die USA haben Strafzölle gegen chinesische Solarunternehmen verhängt. Die
       Europäische Union tut sich mit solchen Maßnahmen schwer.
       
 (DIR) Hohes Wachstum bei Solaranlagen: Ausbau an der Kapazitätsgrenze
       
       In Deutschland setzt sich der Ausbau der Fotovoltaik rasant fort, die
       genaue Zahl der Anlagen ist umstritten. Im ersten Quartal 2012 wurden 40
       Prozent mehr Solarstrom erzeugt als im Vorjahr.
       
 (DIR) First Solar entlässt 1.200 Arbeiter: Paintball in der Solarhalle
       
       Das US-Unternehmen First Solar entlässt 1.200 Arbeiter. Für die Region um
       Frankfurt/Oder eine Katastrophe – wenn auch nicht die erste. Eine Reportage
       aus den Werkshallen.
       
 (DIR) Solarfirma schließt deutsche Standorte: Die nächste Sonnenfinsternis
       
       Das US-Unternehmen First Solar schließt seine deutschen Standorte. Neuer
       Höhepunkt der Krise in der Fotovoltaikindustrie. Politiker fordern, die
       heimische Industrie zu stützen.