# taz.de -- 1. Mai: Es kommt die schöne Maienzeit
       
       > Der Innensenator und die Polizeichefin sehen den Ereignissen am Tag der
       > Arbeit gelassen entgegen. Dabei dreht die Autonome Szene schon auf - und
       > nicht nur verbal.
       
 (IMG) Bild: Innensenator Henkel (CDU) und Polizeivizepräsidentin Koppers
       
       Frank Henkels Hemd ist wieder kragennah aufgeknöpft, er schmunzelt vor sich
       hin. Auch Margarete Koppers scherzt und lacht. Als der CDU-Innensenator und
       die Interim-Polizeipräsidentin am Mittwoch ihre Einsatzstrategie für den 1.
       Mai präsentieren, gibt sich das Sicherheitspärchen ganz entspannt. Dabei
       hat ihm die autonome Szene zuletzt durchaus Nadelstiche versetzt.
       
       „Wir gehen von einem friedlichen 1. Mai aus“, stellt Henkel klar. In der
       taz hatte er bereits angekündigt, an der Doppelstrategie seines Vorgängers
       festzuhalten: Priorität habe die Kommunikation, bei Straftaten werde man
       aber „konsequent eingreifen“. Auch Koppers bekräftigt, dies sei „der
       absolut richtige Weg“. Die Polizei werde „mit Augenmaß“ vorgehen.
       
       Bisher verläuft die Mobilisierung der linken Szene ruhig. Anders als in
       Vorjahren wird auf allzu krawallige Aufrufe und Plakate verzichtet. Mit dem
       Slogan „Der Druck steigt“ reiht man sich in die internationalen
       Krisenproteste ein und gibt sich über die Szene hinaus anschlussfähig.
       
       Erstmals seit Jahren soll auch die „Revolutionäre 1. Mai“-Demonstration von
       Kreuzberg vors Brandenburger Tor ziehen. Es gelte nun, so Koppers, eine
       Route zu finden, „die beide Seiten tragen können“. Die Polizei will die
       Demo nicht am Springer-Hochhaus vorbeiführen und am Leipziger Platz enden
       lassen. Die Polizei trifft sich kommende Woche nochmals mit den
       Veranstaltern. Eine endgültige Entscheidung über die Route falle „einige
       Tage vor dem 1. Mai“, so Koppers.
       
       Parallel machen inzwischen aber auch militantere Linke aktiv. In einem
       Schreiben bekannte sich am Mittwoch eine autonome Gruppe zu einem Anschlag
       auf eine Kreuzberger Firma für Graffitibeseitigung. Dort hatten in der
       Nacht zu Dienstag vier Firmenautos gebrannt. Wer „sich brüstet, seit 1999
       regelmäßig politische Schriftzüge am Kottbusser Tor zu entfernen“, heißt es
       in dem Schreiben, und wer „einen ’Notfallservice‘ für den 1. Mai anbietet,
       bei dem seit mehr als 150 Jahren Menschen für ihre Rechte auf die Straße
       gehen“,der habe „damit zu rechnen, von denen Antworten zu bekommen, gegen
       die er kämpft“. Die Aktion wird als „Service im Rahmen der Insurrection
       Days“ bezeichnet.
       
       Zu den „Insurrection Days“, den „Tagen des Aufstands“, rufen Linksradikale
       ab der kommenden Woche auf. Spontane Aktionen sollen „für ein paar Tage ein
       Klima der Unsicherheit und Verlustängste für die staatliche und
       gesellschaftliche Obrigkeit“ erzeugen. Im Fokus steht die BVG: Aufgerufen
       wird, Fahrkartenautomaten „mit Bauschaum außer Kraft“ zu setzen und sich
       „Kontroletten gezielt zu widersetzen“.
       
       Koppers sagte, die Brandanschläge könnten durchaus „als kleiner Auftakt“
       der Militanten zum 1. Mai verstanden werden – um sofort wieder Gelassenheit
       zu demonstrieren: Ähnliche Aufrufe und Aktionen kenne man aus den
       Vorjahren, ohne dass dies etwas über den Verlauf des 1. Mai ausgesagt habe.
       Auch zu dem Plan von Autonomen, unangemeldet durch das „Myfest“ ziehen zu
       wollen, äußerten sich Henkel und Koppers entspannt. Die Linken wollen gegen
       „explodierende Mieten“ demonstrieren. „Es wäre absurd“ – so ein Aufruf –
       dafür „bei dieser Politik und Polizei um Erlaubnis zu fragen“.
       
       Die Grünen lobten die besonnenen Töne von Senat und Polizei. Auch dass am
       1. Mai erstmals Polizisten individuell mit Nummern gekennzeichnet seien,
       sei ein „Entgegenkommen“, so Innenexperte Benedikt Lux. „Nun werden wir vor
       Ort schauen, wie sich das Bekenntnis in der Einsatzstrategie abbildet.“
       
       Eine Provokation kommt dagegen mal wieder vom Kreuzberger CDU-Abgeordneten
       Kurt Wansner: Er will wie in den Vorjahren mit einem Stand gegen
       Linksextremismus aufwarten, inmitten des Myfests. Das, so heißt es selbst
       in der CDU, sei eine Schnapsidee, die man Wansner wohl nicht mehr
       austreiben könne.
       
       18 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
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