# taz.de -- Regierungskrise in Tschechien: Die Koalition zerlegt sich selbst
       
       > Intrigen und Bestechung prägen das politische Bild in Tschechien. Die
       > liberale Koalition ist schlicht am Ende, der Koalistionsvertrag wird
       > aufgelöst.
       
 (IMG) Bild: Ministerpräsident Necas (M.) würde gerne hinschmeißen.
       
       PRAG taz | Es war die bislang stärkste Regierung in der Geschichte der
       Tschechischen Republik. Mit 118 von 200 Parlamentsmandaten war die liberale
       Koalition aus Bürgerdemokraten (ODS), TOP 09 und der Partei „Öffentliche
       Angelegenheiten“ (VV) im Sommer 2010 angetreten, um die Staatsverschuldung
       mittels rigider Reformen und die Korruption durch eine unnachgiebige
       Politik einzudämmen.
       
       Knapp zwei Jahre später ist die Koalition am Ende. Am Sonntag hieß es, der
       Koalitionsvertrag werde aufgelöst. Auslöser ist der Austritt von
       Vizeministerpräsidentin Karolina Peake aus der VV, dem inzwischen weitere
       zehn Abgeordnete der Partei gefolgt sind. Als Grund für ihren
       Parteiaustritt nannte Peake die Politik der VV, die hauptsächlich aus
       Intrigen, Bestechung und dem Bespitzeln von Parteimitgliedern bestand.
       
       Böse Zungen behaupten aber, Peake ginge es vor allem um ihr politisches
       Überleben. Denn die VV, deren Geldgeber und graue Eminenz Vít Barta,
       vergangene Woche wegen Korruption zu einer Bewährungsstrafe von 18 Monaten
       verurteilt wurde, liegt in Umfragen unter einem Prozent.
       
       Pünktlich zur koalitionsinternen Krise machte sich ein Spieler bemerkbar,
       den die tschechische Politik eigentlich nur in Wahlkampfzeiten bemerkt: das
       Volk. Über 100.000 Demonstranten protestierten am Samstag in Prag in der
       größten Demonstration seit der „Samtenen Revolution“ 1989 gegen die
       Reformen der Regierung, die sich recht einfach zusammenfassen lassen: Alles
       wird gekürzt, nur die Mehrwertsteuer wird erhöht.
       
       Kein Wunder also, wenn Ministerpräsident Necas am liebsten das Handtuch
       werfen würde. Doch trotz Aus für die gegenwärtige Koalition haben sich ODS,
       TOP 09 und der Rumpf der VV versprochen, bis zum offiziellen Ende der
       Legislaturperiode weiterzuwursteln. Ob ihnen das gelingt, bleibt
       zweifelhaft.
       
       Was bleibt das Erbe dieser Regierung, die es in weniger als zwei Jahren
       geschafft hat, jegliche Legitimität beim Wähler zu verspielen? Geht man von
       den jüngsten Umfragen aus, dann kommt die Lage den Stalinisten der
       „Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens“ zugute, die nach den
       Sozialdemokraten schon zweitstärkste Partei sind.
       
       23 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sascha Mostyn
       
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