# taz.de -- Kommentar EU-Grenzüberwachung: Europas heimliche Aufrüstung
       
       > Wie viele Millionen für die Überwachung an den Außengrenzen genau
       > ausgegeben werden, ist kaum bekannt. Zuallererst profitieren die
       > Rüstungskonzerne.
       
       BRÜSSEL taz | Es passiert im Stillen und praktisch ohne öffentliche
       Kontrolle: Die Europäische Union rüstet auf für eine lückenlose Überwachung
       vor allem an den Außengrenzen, aber auch in den 27 Mitgliedstaaten.
       Millionen Euro Steuergelder fließen dabei in diverse Programme für
       Technologien, mit denen die EU Flüchtlinge abwehrt und gegen organisierte
       Kriminalität vorgeht. Dass dabei immer mehr Grundrechte auf der Strecke
       bleiben, wird in Kauf genommen.
       
       Die konservativen Regierungen treiben diese Entwicklung voran, der jüngste
       Brief des französischen und des deutschen Innenministers zu den Kontrollen
       im Schengenraum hat das gezeigt. Eurosur, das System zur Grenzüberwachung,
       ist für diese Entwicklung ein anderes Beispiel. Ein weiteres heißt
       „Indect“, führt computergesteuerte Drohnen, Kameras, Satelliten und
       Datenspeicherung zusammen und soll kriminelles Verhalten aufdecken. Jeder
       steht unter Verdacht.
       
       Profitieren können zuallererst die Rüstungskonzerne. Kritiker, von denen es
       im Europäischen Parlament zu wenige gibt, sprechen von versteckten
       Subventionen für die Waffenschmieden. Erst vor einigen Monaten hat die
       konservative Mehrheit im EU-Parlament durchgesetzt, für die
       Sicherheitsforschung mehr Geld bereitzustellen. Experten schätzen den Markt
       für die dabei entwickelte Technik auf mehrere zehn Milliarden Euro.
       
       Vielen in Brüssel und den Mitgliedstaaten ist gar nicht bewusst, welches
       Drohpotenzial in diesen Systemen steckt. Eurosur, Indect und ähnliche
       Programme werden als angeblich harmlose polizeiliche Hilfsmittel verkauft.
       Doch es handelt sich um Projekte, die nicht nur der Jagd auf Menschen
       dienen sollen, sondern die auch in gefährlicher Nähe zu Technologien
       stehen, die für militärische Zwecke eingesetzt werden könnten. Die
       Zuständigkeit für Verteidigung haben aber immer noch die nationalen
       Regierungen.
       
       Wie viele Millionen dafür genau ausgegeben werden, ist kaum bekannt. Umso
       wichtiger wäre es, wenn in den nun beginnenden Debatten über den mehrere
       Jahre geltenden EU-Haushalt ab 2013 die versteckte Aufrüstung in den
       öffentlichen Fokus rückt. Dass die Parlamentarier in Straßburg und die
       Politiker in Brüssel zurzeit alle Hände voll mit der Finanz- und
       Wirtschaftskrise zu tun haben, kann keine Ausrede sein: Eine demokratische
       Auseinandersetzung über die heimliche Aufrüstung der Europäischen Union ist
       dringend nötig.
       
       25 Apr 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ruth Reichstein
       
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