# taz.de -- Kommentar zu Chen Guangcheng: Aufatmen für Chen
       
       > Der chinesische Bürgerrechtler Chen Guangcheng wollte auf die Willkür
       > seiner Peiniger aufmerksam machen. Auch wenn er erpresst wurde, hat er
       > sein Ziel erreicht.
       
       Sechs Tage beherbergen die USA den entflohenen chinesischen Bürgerrechtler
       Chen Guangcheng in ihrem Botschaftsgebäude in Peking – und das ausgerechnet
       kurz vor einem ohnehin schwierigen Besuch von US-Außenministerin Hillary
       Clinton in der Volksrepublik. Was normalerweise die schwierigen Beziehungen
       der beiden Großmächte noch mehr zerrüttet hätte, hat Clinton noch einmal
       geschickt aufgefangen.
       
       Auch wenn dem blinden Bürgerrechtler nach eigenen Angaben mit der Tötung
       seiner Frau gedroht wurde, falls er die US-Botschaft nicht verlasse –
       immerhin haben die USA der chinesischen Seite abringen können, dass dem
       blinden Bürgerrechtler Chen Guangcheng und seiner Familie künftig kein Leid
       angetan wird.
       
       Der blinde Aktivist soll mit seiner Familie nicht nur vor seinen bisherigen
       Peinigern geschützt werden, das heißt vor der Polizei in der Provinz
       Schandong. Die Zentralregierung in Peking hat auch versprochen, Chen den
       Besuch einer Universität zu ermöglichen. Bricht sie dieses Versprechen,
       macht sie sich auch in ihren eigenen Reihen unglaubwürdig.
       
       Chen selbst hat stets betont, dass er die Volksrepublik nicht verlassen
       will. Es gehe ihm einzig und allein darum, auf die Willkür seiner Peiniger
       aufmerksam zu machen und dass er auch nach chinesischem Recht illegal in
       seinem Haus festgehalten wurde. Auch wenn er sich auf die Erpressung
       einlassen musste – diese Vermittlung ist ihm immerhin gelungen.
       
       Wenige Monate vor dem Führungswechsel innerhalb der chinesischen
       Zentralregierung scheint der noch amtierende Premierminister Wen Jiabao mit
       sich reden zu lassen. Das hat er auch dringend nötig. Was die
       Menschenrechte in China betrifft, hat sich die Lage entgegen
       anderslautenden Versprechen zuletzt wieder deutlich verschärft. Ob die
       Übereinkunft mit den USA insgesamt einen Richtungswechsel einleiten wird,
       ist aber eher unwahrscheinlich. Dafür bleibt die Volksrepublik zu sehr
       Diktatur.
       
       3 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
       
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