# taz.de -- Piraten im Landtag von Schleswig-Holstein: Neulinge, für alles offen
       
       > Nach ihrem dritten Wahlerfolg in Folge wollen die Piraten „im
       > Bedarfsfall“ Koalitionsgespräche führen. An einen solchen Bedarf glauben
       > sie allerdings selbst nicht.
       
 (IMG) Bild: Sonnige Aussichten: Spitzenkandidat Torge Schmidt (l.) spricht von einem „Mörderergebnis“.
       
       KIEL taz | Berlin, Saarland und jetzt Schleswig-Holstein: Die Piraten haben
       am Sonntag den Einzug in den dritten Landtag in Deutschland geschafft. Die
       Hochrechnung der Wahlforscher sahen sie bei etwa 8,3 Prozent der Stimmen,
       in Zukunft haben sie voraussichtlich sechs Sitze im Kieler Landeshaus.
       
       „Das ist ein Mörderergebnis“, sagt Spitzenkandidat Torge Schmidt. Die
       Piraten wollen die „Strukturen verändern und für eine transparentere
       Politik kämpfen“, so Schmidt. Zur Kieler Piratenfraktion wird
       wahrscheinlich nur eine Frau gehören: Der ehemaligen grünen
       Bundesvorsitzenden Angelika Beer gelang mit dem Piraten-Erfolg ihr
       persönliches politisches Comeback.
       
       Die anderen fünf Piratenparlamentarier sind Neulinge. Sie interessieren
       sich vor allem für die klassischen Piratenthemen Bürgerrechte und Freiheit
       im Netz - sie sind also gewissermaßen Innen- oder Rechtspolitiker. Der
       23-jährige Spitzenkandidat Torge Schmidt, gelernter Kaufmann, sieht sich
       selbst als Vorkämpfer für Bürgerrechte und Freiheitsrechte im Netz.
       
       Der Zollbeamte und Polizeigewerkschafter Wolfgang Dudda kämpft auch in
       seiner Organisation für die Kennzeichnungspflicht von Beamten und gegen die
       Vorratsdatenspeicherung. Auf Platz drei und vier stehen
       Datenschutzexperten. Im Wahlkampf hatte die Partei betont, nicht länger
       eine Ein-Themen-Partei zu sein. Dazu traten sie mit dem Slogan „Jetzt mit
       mehr Inhalt“ an. Und in der Tat: Das Programm rund hat 60 Seiten, es
       enthält auch Passagen zur Umwelt-, Sozial- und Bildungspolitik.
       
       Die Piraten bekennen sich dabei zur Schuldenbremse und setzen ihre
       Forderungen unter Finanzierungsvorbehalt. Das Programm sorgte allerdings im
       Wahlkampf für Schlagzeilen, weil herauskam, dass Passagen von anderen
       Landesverbänden übernommen wurden - zum Teil, ohne zu prüfen, ob die
       Begriffe in Schleswig-Holstein passen oder die Forderungen schon erfüllt
       sind.
       
       ## 
       
       Ihre Positionen wollen die Piraten jetzt aus der Opposition heraus
       vertreten: Sie wollen „parlamentarische Erfahrung sammeln und
       themenbezogene Bündnisse schließen“, heißt es. Allerdings haben sie es
       nicht völlig ausgeschlossen, sich an einer Regierung zu beteiligen: „Im
       Bedarfsfall“ sei die Partei zu Gesprächen mit allen demokratischen Parteien
       bereit.
       
       Allerdings stellen sie Bedingungen, die wohl für die anderen Parteien
       unerfüllbar sind: „Koalitionsverhandlungen gibt es nur, wenn sie
       transparent und nachvollziehbar sind“, sagt Schmidt. Die Verhandlungen
       müssten per Livestream übertragen werden. Außerdem soll es bei ihnen keinen
       Fraktionszwang geben.
       
       Bei den Piraten geht allerdings niemand davon aus, dass es auch nur zu
       Verhandlungen kommen wird. Wenn es jetzt eine große Koalition geben sollte,
       wäre das zwar nicht im Sinne der Piraten. Aber verantwortlich fühlt Schmidt
       sich dafür nicht: „Wenn es ein solches Bündnis gibt, dann liegt das an den
       anderen Parteien.“ Um das Landesparlament billiger zu machen, wollen sie
       als Erstes die Zulage für parlamentarische Geschäftsführer der Fraktionen
       abschaffen – am liebsten per Mehrheit, im Zweifel aber auch mithilfe des
       Landesverfassungsgerichts.
       
       6 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Kummetz
       
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