# taz.de -- 20 Jahre Haft wegen Majestätsbeleidigung: Tod im Gefängnis
       
       > Ein kranker 62-Jähriger wurde in Thailand wegen vier angeblich
       > majestätsbeleidigender SMS zu 20 Jahren Haft verurteilt. Nun ist er im
       > Gefängnis gestorben.
       
 (IMG) Bild: Protest vor dem Kriminalgericht in Bangkok.
       
       BANGKOK taz | Schock und Trauer sind Rosamalin Tangnoppakul ins Gesicht
       geschrieben. Sie ist in diesem Moment offenbar zu fassungslos, um zu
       weinen. Die Frau des gerade verstorbenen Amphon sitzt wie versteinert auf
       einer Bank im Eingang des Bangkok Remand Prison.
       
       Auch Angehörige und Sympathisanten sind da. Viele lassen ihren Tränen
       freien Lauf, umarmen und trösten die 61-Jährige. Kurz darauf wird die
       Leiche ihres Mannes zur Autopsie durch die Behörden abtransportiert.
       
       Rosamalins Mann, ehemals Lkw-Fahrer, hatte seit Tagen über Magenschmerzen
       geklagt und war in das Gefängnishospital verlegt worden, wo er am Dienstag
       starb. Ohnehin war der Fall des 62-jährigen Amphon Tangnoppakul, genannt
       „Onkel SMS“ oder „Ah Kong“, einer der tragischsten und skandalösesten in
       Thailands Justizgeschichte.
       
       Ende November 2011 war Amphon zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Die
       Justiz hatte ihm vorgeworfen, im Mai 2010 per Handy vier
       SMS-Textnachrichten an den Privatsekretär des damaligen Premierministers
       Abhisit Vejjajiva geschickt zu haben, die nach Ansicht der
       Strafverfolgungsbehörden die Monarchie beleidigten.
       
       Der an Mundhöhlenkrebs leidende Amphon hatte immer wieder seine Unschuld
       beteuert. Auch wisse er gar nicht, wie man eine SMS versende. Zudem sei
       sein Handy damals, als besagte SMS-Nachrichten verschickt worden seien, in
       Reparatur gewesen.
       
       ## Justiz belibt hart
       
       Doch die Justiz focht all das nicht an. Sie verweigerte Amphon acht Mal die
       Freilassung auf Kaution mit der Begründung, bei dem altersschwachen Mann
       bestünde Fluchtgefahr.
       
       Seit seiner Verhaftung habe seine Familie eine unerträgliche Zeit
       durchgemacht, sagte Ampons Frau Rosamalin, die sich im Februar zeitweilig
       einem Hungerstreik für die Freilassung aller anderen wegen
       Majestätsbeleidigung Inhaftierten vor Bangkoks Strafgerichtshof
       angeschlossen hatte, damals zur taz.
       
       Thailand hat das drakonischste Gesetz gegen Majestätsbeleidigung, auch als
       „Lese Majeste“ bekannt. Nach Paragraf 112 des Strafgesetzbuches ist
       jegliche Kritik am König, an der Königin und am Thronfolger verboten. Seit
       dem Militärputsch von 2006 haben die Anzeigen wegen Majestätsbeleidigung
       drastisch zugenommen. Kritiker monieren, das Gesetz diene zunehmend dazu,
       um im Namen der nationalen Sicherheit gegen politisch Andersdenkende
       vorzugehen und die Meinungsfreiheit im Land zu ersticken.
       
       ## Selbst die Debatte ist verboten
       
       Schon Debatten über mögliche Änderungsvorschläge werden als mangelnder
       Respekt gegenüber der Monarchie interpretiert und können entsprechend
       geahndet werden.
       
       „Der Fall Ah Kong wird weitreichende Konsequenzen im Kampf gegen das Gesetz
       haben“, sagt der Kommentator Pravit Rojanaphruk, einer der
       unerschrockensten Journalisten Thailands, zur taz. „Selbst wenn Amphon
       diese SMS-Nachrichten tatsächlich versendet hätte“, sagt Pravit, „hätte er
       in einer demokratisch gesinnten Gesellschaft nicht eine einzige Minute im
       Gefängnis verbracht.“
       
       „Niemals hätte er verhaftet werden dürfen“, sagt auch Suda Rangkupan,
       Akademikerin und Aktivistin, die an einer Protestaktion vor Bangkoks
       Strafgerichtshof teilnimmt.
       
       ## Weitere Gerichtsverhandlungen
       
       „Ich hoffe, dass Thailands Bevölkerung sich gegen diese Ungerechtigkeit
       ausspricht.“ Es dürften nicht noch mehr Menschen aufgrund des drakonischen
       Gesetzes sterben: „Der Fall Ah Kong ist schrecklich genug.“
       
       Beobachter sprechen von hunderten Fällen. Darunter ist auch Chiranuch
       Premchaiporn, Webmasterin des populären Portals Prachathai. Ihr „Vergehen“
       bestand darin, Kommentare, die nach Ansicht der Autoritäten die Monarchie
       verunglimpft hatten, nicht rasch genug von der Prachathai-Webseite gelöscht
       zu haben.
       
       Im Falle eines Schuldspruchs drohen ihr 50 Jahre Haft. Das Urteil gegen sie
       war Ende April aus fadenscheinigen Gründen auf Ende Mai verschoben worden.
       
       8 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicola Glass
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Thailand
       
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