# taz.de -- Schauspielerprotest bei „Gottschalk Live“: Unter Thorstens und Thereses
       
       > Endlich bekommt „Gottschalk Live“ einmal positive Aufmerksamkeit: Dank
       > kreativ protestierender Schauspielstudenten von der Berliner
       > Ernst-Busch-Hochschule.
       
 (IMG) Bild: Das ist unser Haus vom Nikolaus! 90 mal Thorsten und Therese bei „Gottschalk“.
       
       Vor dem Humboldt Carré am Gendarmenmarkt diskutiert ein Bild-Reporter mit
       einer Traube von Studierenden der Hochschule für Schauspielkunst Ernst
       Busch: Er will David S. sprechen, der am Sonntagabend die Talkshow „Günther
       Jauch“ störte, seine Kommilitonen wollen das Interview verhindern.
       
       „Der Inhalt unseres Protests ist wichtig, nicht die handelnden Personen“,
       sagt einer von ihnen, der sich – ganz in diesem Sinne – als „Thorsten“
       vorstellt, wie alle Männer. Die Frauen nennen sich durchweg „Therese“. Je
       stärker der Boulevardmann insistiert, desto höher ziehen die
       Schauspielstudenten die Mauer um David S. – auch, weil sie fürchten, dass
       ihm diese Öffentlichkeit später schaden könnte.
       
       Gerade eben, oben im dritten Stock des Prunkpalais, waren ein Thorsten und
       zwei Thereses zu Gast in der ARD-Show „Gottschalk Live“, um ihren Protest
       gegen untragbare Arbeitsbedingungen an den vier Schulstandorten und zum
       gefährdeten Neubau in Berlin-Mitte fortzusetzen. Am Freitag hat der
       Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses das seit drei Jahren geplante Projekt
       wegen erwarteter Mehrkosten in Höhe von 1,85 Millionen Euro vorerst
       gestoppt.
       
       Alternative wäre eine Sanierung der bisherigen Standorte. „Wir wollen, dass
       dieser Beschluss noch mal gekippt wird“, sagt Thorsten in der Sendung. Und
       eine Therese fordert den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD)
       auf, der Ankündigung seiner Unterstützung Taten folgen zu lassen: „Er muss
       sich innerhalb seiner Partei durchsetzen.“
       
       Ihre mit allerlei Nikolaushäusern dekorierten 90 Kommilitonen im Publikum
       erfüllen Gottschalks Aufforderung zu „gespielter Beglückung“ nur allzu gern
       und feiern ihre Mitschüler, als hätten die gerade den Oscar gewonnen. Trotz
       dieser Grenzhysterie soll das alles hier aber bitte niemand für einen
       Scherz halten – erst recht keiner der Studenten: Wer nicht mit dem nötigen
       Ernst bei der Sache ist, erntet finstere Blicke. Wie auch der Kameramann,
       der versucht, David S. im Publikum einzeln zu filmen – keine Chance.
       
       ## Ausharren im Camp
       
       Der Auftritt ist ein PR-Coup – für Gottschalk, der endlich mal positive
       Aufmerksamkeit auf sein am 7. Juni endendes Vorabendintermezzo lenken kann,
       vor allem aber natürlich für die Ernst-Busch-Studenten, die das Fernsehen
       zur Bühne ihres Protests gemacht haben und so um ein Vielfaches mehr
       Öffentlichkeit schaffen als mit ihrem von der Occupy-Bewegung inspirierten
       Protestcamp im Hochschultheater.
       
       Ironischerweise erfüllt dies genau die Funktion, die sich die Studierenden
       von dem zentralen Neubau erhoffen: die vier denAbteilungen Schauspiel,
       Regie, Puppenspiel und Tanz zusammenzuführen. „Wir lernen uns jetzt erst
       richtig kennen“, sagt ein Thorsten nach der Sendung, für den
       „interdisziplinäre Zusammenarbeit die Zukunft des Theaters“ ist. Er ist
       überzeugt: „Wir sind ein Exempel für das Verhalten der Politik in
       Krisenzeiten: dass bei Bildung und Kunst zuerst gespart wird.“
       
       Bis zur endgültigen Entscheidung am 14. Juni wollen die Studierenden im
       Camp ausharren. Als einer der zahlreichen prominenten Unterstützer war auch
       Schauspieler Ulrich Matthes schon dort zu Gast, hat Schiller-Balladen
       gelesen. An dem Neubau festzuhalten hält er für einen „Akt der Vernunft“.
       
       Im Falle der Auslagerung in Provisorien während einer Sanierung befürchtet
       Matthes den „schleichenden Tod dieser Top-Institution“: „Die Ernst Busch
       mag nicht so prestigeträchtig sein wie die Berliner Philharmoniker, ist
       aber für das kulturelle Leben dieser Stadt ähnlich bedeutend.“ Auch Matthes
       baut auf Wowereit: „Meine schrecklichste Befürchtung ist aber, dass er
       jetzt mit dem Flughafen so viel an der Backe hat, dass er sagt: Lasst mich
       doch mit diesen Peanuts in Ruhe.“
       
       10 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) David Denk
 (DIR) David Denk
       
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