# taz.de -- Eröffnung des Berliner Fughafens unklar: Planlos in Schönefeld
       
       > Was alles kostet, weiß keiner. Aber nicht nur Airlines und Passagiere
       > sind sauer. Auch Geschäftsbetreiber und die Anwohner von Berlin-Tegel
       > sind gar nicht erfreut.
       
 (IMG) Bild: Stillleben auf dem Berliner Großflughafen
       
       BERLIN taz | Immerhin: Die „Publikumstage“ auf der Großbaustelle wurden
       nicht verschoben. Am vergangenen Wochenende konnten Besucher den fast
       fertigen Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) besichtigen.
       
       Innen bearbeitet gerade ein Bauarbeiter die Bodenplatten, durch die
       Glassfassade beobachtet von zwei Herren in den Sechzigern mit Fotoapparat
       um den Hals. „Der Brandschutz war nur eine Ausrede für die Verschiebung –
       es kommt doch ganz vieles zusammen“, glaubt Herr Neldner aus Zehlendorf.
       „Es ist schwachsinnig, Tegel und Schönefeld zu schließen – so dumm kann nur
       Berlin sein!“, findet sein Begleiter Herr Seemann aus Lichtenrade.
       
       Auf dem Platz vor dem Terminal dominieren Fressbuden und die Werbestände
       der Airlines. Auch Klaus Wowereit und Rainer Schwarz, Geschäftsführer der
       Flughafengesellschaft, sind vorbeigekommen. Um 13 Uhr treten sie, die seit
       Tagen im Fokus der Kritik stehen, vor das Publikum. „Sie können heute
       sehen, wie weit es vorangegangen ist“, ruft der Bürgermeister, in eine
       dicke schwarze Jacke gehüllt. Hämisches Gejohle antwortet ihm. Daneben
       steht ziemlich regungslos Rainer Schwarz im Anzug.
       
       ## Baulich fertig
       
       „Der Flughafen ist baulich fertig – aber noch nicht technisch“, sagt er.
       Dann ein Satz, für den es vereinzelt Applaus gibt: „Die Mitarbeiter auf der
       Baustelle können wirklich nichts dafür. Verantwortlich sind die Planer und
       die Zuständigen für die Umsetzung.“ Wowereit verspricht, dass die
       Verschiebung aufgearbeitet und gegebenenfalls personelle Konsequenzen
       gezogen würden. „Ich hoffe, dass wir nach der nächsten Aufsichtsratssitzung
       am Mittwoch einen neuen Termin haben“, sagt Wowereit.
       
       Fast eine Woche ist es nun her, dass Berlin und Brandenburg die Notbremse
       zogen und die Eröffnung am 3. Juni absagten – aber wann der neue
       Großflughafen in Berlin-Schönefeld nun wirklich an den Start geht, steht
       immer noch in den Sternen. Allerdings verdichten sich die Indizien dafür,
       dass der Flughafen wohl erst im Oktober eröffnet, wenn der Winterflugplan
       in Kraft tritt. Umzug und Flugplanwechsel miteinander zu verbinden, ist für
       die Fluggesellschaften logistisch leichter zu bewerkstelligen.
       
       Zwei der wichtigsten Gesellschaften in der Hauptstadtregion, Air Berlin und
       die Lufthansa, setzen auf einen Zeitpunkt, der technisch und
       organisatorisch leistbar ist; eine neue Terminpleite wollen sie unbedingt
       vermeiden. Er wünsche sich den Umzug erst für die Zeit nach Abschluss des
       Sommerflugplans, der „in Deutschland und Europa nicht im August, sondern im
       Oktober endet“, sagte Air-Berlin-Chef Hartmut Mehdorn. Und
       Lufthansa-Sprecher Wolfgang Weber sagte der taz: „Wir möchten, dass der
       Flughafen eröffnet wird, wenn ein sicherer und stabiler Flugbetrieb
       garantiert ist.“
       
       Problematischer als die Eröffnung im Oktober wäre ein Termin im September
       gewesen: Denn die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA)
       findet im September am alten Flughafenstandort in Schönefeld statt. Wegen
       des Flughafeneröffnungstermins am 3. Juni war die ILA, die traditionell im
       Frühsommer stattfindet, bereits verschoben worden, weil zwei Großereignisse
       – Flughafeneröffnung und Flughafenmesse – parallel kaum zu bewerkstelligen
       sind. Öffnet der Großflughafen erst im Oktober, bliebe die ILA davon
       unbehelligt.
       
       Folgen und Kosten, die durch die Verschiebung des Eröffnungstermins
       entstehen, sind noch nicht abzusehen. Doch allein die öffentliche
       Flughafengesellschaft soll monatlich 15 Millionen Euro zahlen müssen, heißt
       es gerüchteweise in Berlin. Groß ist der Aufwand auch für die Airlines:
       Neben der Lufthansa plant auch Air Berlin, ab Juni zusätzliche Flüge in
       Tegel durchzuführen, und fordert, das dortige Nachtflugverbot vorübergehend
       zu lockern – für Zehntausende Berliner in Pankow, Wedding und Spandau
       könnten die Sommernächte also laut werden.
       
       ## Schwierigkeiten für Geschäfte
       
       Während die Folgen für Passagiere überschaubar sind, trifft es vor allem
       Einzelhändler und Gastronomen hart, die ab Juni in Schönefeld ihr Geschäft
       eröffnen wollten. „Besonders Geschäfte mit großem Personaleinsatz werden
       Schwierigkeiten bekommen“, sagte der Berliner Einzelhandelschef Nils
       Busch-Petersen. Denn diese hätten ihre neuen Mitarbeiter bereits
       vertraglich verpflichtet. Ihnen soll unbürokratisch geholfen werden,
       versprach Wowereit.
       
       Umplanen müssen auch die Verkehrsanbieter. „Alle Verbindungen nach
       Schönefeld bleiben zunächst einmal wie bisher“, sagte eine Sprecherin des
       Berlin-Brandenburger Nahverkehrsverbandes. Das bedeutet: Die zusätzlichen
       Regionalzüge zum neuen Großflughafen, die Berlin und Brandenburg bestellen
       und bezahlen, sind vorerst nicht nötig.
       
       Allerdings hatten sich die Fahrpläne längst darauf eingestellt und müssen
       nun wieder umgestellt werden. Besonderes Problem für die Planer: Da sie
       noch keinen neuen Eröffnungstermin kennen, haben alle ihre Berechnungen
       eine entscheidende Unbekannte.
       
       13 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) J. Kulms
 (DIR) R. Rother
       
       ## TAGS
       
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