# taz.de -- Europäisierte Ärzte-Ausbildung: Prestigeprojekt mit Konfliktpotenzial
       
       > Ab Oktober will die Uni Oldenburg mit der Uni Groningen Mediziner
       > ausbilden. In der Hochschule und unter Ärzten sorgt der Modellstudiengang
       > für Unruhe.
       
 (IMG) Bild: Ein Mann hat einen Traum: Gründungsdekan Eckhart Hahn.
       
       OLDENBURG taz |Ein Mammutprojekt hat sich die Universität Oldenburg
       vorgenommen: Im kommenden Wintersemester soll hier die European Medical
       School (EMS) starten, eine Kooperation mit der niederländischen Uni
       Groningen. 40 Studierende sollen dann an beiden Standorten Humanmedizin
       studieren können. Ein bundesweit einmaliger Studiengang – allerdings auch
       mit einigem Konfliktpotenzial, wie eine Anhörung im Landtag zeigte.
       
       Im Eilverfahren will Niedersachsens schwarz-gelbe Landesregierung die für
       die deutsch-niederländische Kooperation nötige Änderung des
       Hochschulgesetzes durchbringen: Noch berät der zuständige Landtagsausschuss
       den Gesetzentwurf, im Juni soll ihn das Plenum verabschieden. In Oldenburg
       drängt die Zeit: Bis Oktober muss eine komplett neue Fakultät eingerichtet
       werden. 49 Millionen Euro steuert das Land zur EMS bei, Regierungschef
       David McAllister (CDU) nennt sie ein „Leuchtturmprojekt“. Weitere 8,5
       Millionen schießt die VW-Stiftung zu.
       
       Von einem „Kraftakt“ sprach bei der Anhörung am vergangenen Freitag die
       Oldenburger Uni-Präsidentin Babette Simon, selbst Medizinerin und vor zwei
       Jahren mit dem Auftrag gewählt, die Neuausrichtung der Hochschule auf
       Natur- und Ingenieurswissenschaften voranzutreiben. „Nicht überfordern“
       dürfe man die Uni, sagt Simon jetzt. Intern sorgt das Prestigeprojekt für
       Unruhe: Nur acht der 22 geplanten Professuren werden neu geschaffen, 13
       verlieren die Naturwissenschaften und die Informatik.
       
       Ulrich Ruschig, Direktor des Instituts für Philosophie, sprach vor dem
       Landtag von der Sorge vor „hochprivilegierten Professuren in einer
       ansonsten verarmten Uni“. Für Unmut sorge auch die geplante Finanzierung:
       Die Zuschüsse für die EMS sollen in den Globalhaushalt der Uni fließen. Die
       Mittel für die Medizin aber müssten vom sonstigen Uni-Budget klar getrennt
       werden, so Ruschig: „Sonst wird bei den anderen Fächern immer der Eindruck
       entstehen, dass Gelder abgezogen werden.“
       
       Auch der Entwurf zur Novelle des Hochschulgesetzes von
       Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) sorgt für Kritik: Die Gründung
       eines Fakultätsrats ist erst für 2015 geplant. Dessen Aufgaben soll bis
       dahin der Senat der Uni übernehmen und dabei von einem Beirat der neuen
       Fakultät beraten werden. Darin säßen aber nur Professoren und Ärzte –
       wogegen sich bei der Anhörung neben dem Asta auch der Personalrat und der
       Uni-Senat selbst aussprachen.
       
       Die Hochschuldemokratie, fasst der Linksabgeordnete Victor Perli die
       Vorbehalte zusammen, werde „geschreddert“. Auch der SPD-Abgeordnete und
       Wissenschaftsausschuss-Vorsitzende Wolfgang Wulf spricht von einem
       „autoritären Entwurf ohne demokratische Struktur“. Grünen-Fraktionsvize
       Gabriele Heinen-Klajic mahnt dringend Korrekturen an.
       
       Weitgehend befriedet ist unterdessen die Ärzteschaft selbst. Dort war die
       Kritik an den ursprünglichen Plänen, in Oldenburg Humanmediziner mit
       Bachelor- und Master-Abschlüssen auszubilden, groß – gegen die
       Bologna-Reform im Medizinstudium wehren sich Berufsverbände seit Jahren mit
       Erfolg. Niedersachsens Ärztekammer etwa befürwortet die EMS erst, seit man
       in Oldenburg statt Bachelor und Master das deutsche Staatsexamen anbieten
       will.
       
       Von der Praxisnähe des Studiengangs gibt sich Kammerpräsidentin Martina
       Wenker nun sogar „nahezu begeistert“: Ab dem ersten Semester sind an der
       EMS Praktika nicht nur in den städtischen Kliniken, sondern auch bei
       Hausärzten vorgesehen.
       
       Deren Verbandsvorsitzender Ulrich Weigeldt lobt zwar die
       länderübergreifende Zusammenarbeit, befürchtet aber zugleich, dass Bologna
       mit der EMS doch noch ins deutsche Medizinstudium einziehe: Dass die
       Oldenburger Studierenden in Groningen auch mit Bachelor und Master
       abschließen können, nennt er einen „Irrweg“.
       
       13 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Teresa Havlicek
 (DIR) Teresa Havlicek
       
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