# taz.de -- Das Terrortrio NSU und Blood-and-Honour: Blut-und-Ehre-Mörder aus Jena
       
       > Der NSU hatte nicht nur Kontakt zur Blood-&-Honour-Bewegung, sondern war
       > womöglich Teil des militanten Netzes. 1998 rechneten Fahnder sie zum
       > „harten Kern“.
       
 (IMG) Bild: Urlaub muss auch mal sein: die Neonazis Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe (v.l.) auf einem Foto von 2009, das vom Bundeskriminalamt veröffentlicht wurde.
       
       BERLIN taz | Es ist nur ein kurzer Satz in dem internen Schreiben des
       Thüringer Landeskriminalamts, doch er wirft ein neues Licht auf die
       erfolglose Suche nach den Neonazis des „Nationalsozialistischen
       Untergrunds“ (NSU). Im September 1998, ein Dreivierteljahr nach dem
       Abtauchen des Trios, schrieb das für die Zielfahndung zuständige Dezernat
       12 des LKA: die drei gehörten „zum harten Kern der Blood-&-Honour-Bewegung“
       in Jena.
       
       Das hätte auch die Bundesbehörden aufhorchen lassen müssen, die in die
       Suche eingebunden waren. Denn in dem militanten, internationalen
       Neonazinetzwerk wurde genau zu dieser Zeit der Untergrundkampf propagiert.
       „Die Patrioten von heute müssen sich auf den größten aller Kriege, den
       Rassenkrieg, vorbereiten“, hieß es schon 1996 in einem Heft der „Blood &
       Honour Division Deutschland“. Fast zeitgleich zum ersten NSU-Mord im
       September 2000 wurde der deutsche Ableger von „Blood & Honour“ verboten.
       
       An diesem Dienstag wird in Erfurt der ehemalige Bundesrichter Gerhard
       Schäfer die Ergebnisse seiner vom Thüringer Innenminister einberufenen
       Expertenkommission vorstellen. Er wird sich mit der verpatzten Festnahme
       des Neonazi-Trios 1998, dessen Untertauchen und den Fehlern bei der Suche
       nach Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe befassen. Schäfers
       Bericht wird mit Spannung erwartet, ist er doch der erste Bericht von
       inzwischen sechs Gremien zum NSU; seine Deutung wird die weitere Aufklärung
       stark beeinflussen.
       
       Schon jetzt ist das Versagen der Behörden an vielen Stellen deutlich
       geworden. Dazu gehört auch die unterschätzte Bedeutung des
       Blood-&-Honour-Netzes. Unter den zwölf Männern und Frauen, die heute als
       NSU-Helfer beschuldigt werden, sind zwei frühere Blood-&-Honour-Männer aus
       Sachsen. Einen von ihnen, den heute 44-jährigen Thomas S., kannten die drei
       seit mindestens 1996, mit ihm marschierten sie damals in der
       KZ-Gedenkstätte Buchenwald auf. Als Thomas S. im Gefängnis saß,
       unterstützten sie ihn, eine Zeit lang soll er mit Zschäpe eine Beziehung
       gehabt haben.
       
       ## Nach dem Abtauchen abgefangen
       
       Kein Wunder also, dass das Blood-&-Honour-Netz die drei auch nach dem
       Abtauchen aufgefangen haben soll. Laut Zeugen organisierten Thomas S. und
       dessen Chemnitzer Skinheadkameraden die erste Wohnung im Untergrund für das
       NSU-Trio.
       
       Die Fahnder des Thüringer LKA kamen nicht dahinter, dass die
       Untergetauchten sich nur 100 Kilometer östlich von Jena versteckten. Dabei
       hatte die Polizei in einer Garage der Neonazis neben Rohrbomben und einem
       Text namens „Alidrecksau wir hassen dich“ auch eine Liste mit Adressen und
       Telefonnummern sichergestellt.
       
       Mehrere Blood-&-Honour-Leute waren unter den drei Dutzend Einträgen,
       darunter auch Thomas S. aus Chemnitz. Wären die Fahnder der Spur konsequent
       gefolgt, hätten sie die drei womöglich noch vor dem ersten Mord gefasst.
       
       15 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf Schmidt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Terror
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Terror
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Terror
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Terror
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Terror
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Terror
 (DIR) Schwerpunkt Rechter Terror
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) NSU-Doku auf RTL: Biblisches Gleichnis
       
       Der Sozialarbeiter Thomas Grund lernte die späteren NSU-Terroristen in
       seinem Jenaer Jugendclub kennen. Jetzt schickt er Schüler auf Spurensuche.
       
 (DIR) Ermittlungen gegen NSU: Mutmaßlicher Terrorhelfer frei
       
       Der dringend verdächtige Kreis um die Terrorgruppe NSU wird immmer kleiner.
       Heute wurde vom Bundesgerichtshof ein weiterer Haftbefehl aufgehoben.
       
 (DIR) Neonazi-Terrorzelle: Mutmaßlicher NSU-Helfer freigelassen
       
       Der Haftbefehl gegen den mutmaßlichen Terrorhelfer Holger G. wurde
       aufgehoben. Die von ihm überbrachte Waffe soll bei den NSU-Taten keine
       Rolle gespielt haben.
       
 (DIR) Untersuchungen zu Neonazi-Terror: Spur führte früh nach Bayern
       
       Bevor sie 1998 untertauchten, trafen sich Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt
       wiederholt mit bayerischen Rechtsextremen. Hätten die Ermittler die
       Verbindung entdecken müssen?
       
 (DIR) Thüringer Ausschuss präsentiert NSU-Bericht: „Katastrophale Aktenführung“
       
       Das Gutachten des Ausschusses zum NSU-Terrortrio kommt zu einem
       vernichtenden Urteil. Handwerkliche Fehler und Konkurrenz zwischen Behörden
       verhinderten die Festnahme.
       
 (DIR) Sinti und Roma statt NSU unter Verdacht: Das Bedauern des Bundeskriminalamts
       
       BKA-Chef Ziercke bedauert, dass Sinti und Roma nach dem Mord an der
       Polizistin Michèle Kiesewetter unter Verdacht gerieten. Die Schuld gibt er
       den Medien.
       
 (DIR) NSU-Ausschuss des Bundestages: Ermittlungen im „Staatsdöner“
       
       Ein halbes Jahr lang verkaufte ein V-Mann Döner. So hofften die Ermittler
       die Mordserie an Migranten aufzuklären. Im Fokus hatten sie keine Nazis,
       sondern die "Dönermafia".
       
 (DIR) Pannenserie bei NSU-Aufklärung: Den Ermittlern fehlte die Fantasie
       
       Früh gab es Hinweise, dass die Mordserie an Migranten mit einem Anschlag
       2004 in Köln zusammenhängen könnte. Im BKA hielt man das für ein
       Hirngespinst.
       
 (DIR) Ermittlungen zum NSU-Terror: Nach Chemnitz statt ans Kap
       
       Die Deutschen alarmierten 1998 Bulgariens Polizei: Sie müsse die Neonazis
       Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe festnehmen. In Sofia tauchten zwei andere
       Rechtsextreme auf.