# taz.de -- Führung der Linkspartei: Hochamt für das linke Traumpaar
       
       > Strategie der Trennung? Bei einem Treffen der Parteilinken rügt Sahra
       > Wagenknecht den „Genossen Dietmar Bartsch“. Und Oskar Lafontaine predigt
       > klassenkämpferisch.
       
 (IMG) Bild: Mit uns zieht die neue Zeit/ Lafontaine und Wagenknecht Seit an Seit.
       
       Während nebenan in der Kapelle die katholische Gemeinde „Dank sei dir,
       Herr!“ singt, ertönen im großen Saal der Berliner Diakonie laute „Oskar!
       Oskar!“-Rufe, als Lafontaine Seit’ an Seit’ mit Sahra Wagenknecht den
       Mittelgang hinunter … ja, schreitet, muss man sagen. Die 400 Genossen sind
       entzückt.
       
       Mitten im Ringen um die Vorherrschaft innerhalb der Linkspartei und zwei
       Wochen vor dem Bundesparteitag in Göttingen, wo eine neue Führung gewählt
       wird, hat die Antikapitalistische Linke zu einer „Strategiekonferenz“
       geladen. Titel: „Neue Kraft voraus. Für eine starke Linke!“ Ein passendes
       Motto angesichts der Krise der Partei. Erstmals seit der Fusion von PDS und
       WASG steht die Frage der Trennung im Raum. Fünf Jahre lang hat der Tenor
       von der „historischen Mission einer vereinigten Linken“ die
       innerparteiliche Spaltung in Reformer und stramme Antikapitalisten
       übertönt. Doch jetzt sind die Dissonanzen unüberhörbar.
       
       In ihrer Rede zu Beginn macht Sahra Wagenknecht klar, wer die Partei führen
       sollte und wohin: Oskar Lafontaine gegen die SPD, deren Vorsitzender er
       selbst einst war. „Oskar hat sein Angebot gemacht. Das wird aber
       systematisch unterlaufen“, rügte sie den Reformerflügel. Dessen Kandidat,
       „der Genosse Dietmar Bartsch“, sei ein Mann der „strategischen Bündnisse“
       mit den verhassten Sozialdemokraten.
       
       ## Keine Kompromisse
       
       Man dürfe, ruft Wagenknecht den Genossen zu, die Partei „nicht denen
       überlassen, die aus der Linken eine Light-Version machen und damit sicher
       keinen Erfolg haben werden“. Es ist eine Absage an den Kompromissvorschlag,
       mit Dietmar Bartsch die Doppelspitze zu bilden. Er schätze Wagenknecht „für
       die Fähigkeit, Kritik an anderen direkt zu äußern und nicht hinter deren
       Rücken“, hatte Bartsch ihr über die Welt ausgerichtet. Wagenknecht habe
       sich positiv entwickelt und wisse viel über die Finanzmärkte. Es ist dies
       der übliche gönnerhafte Ton, der in der Linkspartei gegenüber Frauen
       gepflegt wird.
       
       Wer von den Jungs (mit einer einzupassenden Frau) nun die Partei führen
       könnte, darüber wollten am Sonntagabend Lafontaine und Bartsch reden. Dabei
       sein sollten Parteichef Klaus Ernst und Fraktionschef Gregor Gysi. Das
       Angebot von Bundesgeschäftsführerin Caren Lay und der Vizevorsitzenden
       Katja Kipping, zu moderieren, wurde geflissentlich überhört. Lay, die der
       Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung gesagt hatte, sie „erwarte, dass
       sich die beiden einigen und kein Duell im Morgengrauen inszenieren“,
       äußerte sich gegenüber der taz desillusioniert, was die Rolle der
       Parteifrauen angeht. „In der jetzigen Situation haben Frauen den Schwarzen
       Peter“, sagt sie, „wer auf Integration setzt, wird im Moment nicht
       belohnt.“
       
       Klar ist, es muss eine Lösung gefunden werden. Die Bundespartei schlingert
       aktuell an der Fünfprozenthürde entlang. Infratest/dimap sieht die Linke
       bei nur noch 5 Prozent. In der emnid-Umfrage würden derzeit 6 Prozent die
       Partei wählen. Bei der Bundestagswahl 2009 waren das noch 11,9 Prozent.
       Misslingt eine Einigung, könnte die Linke wieder in jene ostdeutsche
       Regionalpartei und die westdeutsche Splitterpartei von vor fünf Jahren
       zerfallen.
       
       In seiner Abschlusspredigt empfahl Lafontaine mit weit ausgebreiteten Armen
       seinen ZuhörerInnen, nicht an den „klassenkämpferischen Grundsätzen“ der
       Partei zu rütteln: „Gegen den Fiskalpakt, gegen Demokratieabbau, gegen die
       Demontage des Sozialstaates“. Zur Führungsdebatte sagte er: „Ich dränge
       mich nicht permanent nach Spitzenkandidaturen, ich bin bereit, wenn wir es
       schaffen, eine kooperative Führung aufzubauen, in der alle auf das
       gegnerische Tor zu spielen und nicht auf das eigene“. 10 bis 15 Personen
       führten ununterbrochen eine Personaldebatte, statt die Auseinandersetzung
       in der Sache zu führen. „Wer nichts zu bieten hat, soll doch einfach in
       Urlaub fahren.“
       
       20 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Maier
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Streit der Woche: Stirbt die Linkspartei?
       
       Miese Ergebnisse bei den Landtagswahlen, Absturz in Umfragen und ein
       zermürbender Machtkampf um den Chefposten. Die Linke hat schon bessere
       Zeiten gesehen.
       
 (DIR) Machtkampf um Führung der Linkspartei: Geht das auch in Teilzeit?
       
       Die Sächsin Sabine Zimmermann traut sich zu, die Partei zu führen. Auch
       Katharina Schwabedissen und Katja Kipping sind im Gespräch. Und Sarah
       Waterfeld. Sarah wer?
       
 (DIR) Machtkampf in der Linkspartei: Die Zwei-Parteien-Partei
       
       Lafontaine oder Bartsch? West oder Ost? Der Machtkampf um die Führung lähmt
       die Linkspartei. Wie so oft in der Krise sollen es jetzt die Frauen
       richten. Davon ist abzuraten.
       
 (DIR) Kommentar Linkspartei: Der Magier Oskar
       
       Lafontaine muss sich dazu herablassen, gegen Bartsch anzutreten, oder
       verzichten. Verloren hat er so oder so. Klug wäre es, nach Gysis Wink, den
       Rückzug anzutreten.
       
 (DIR) Führungsstreit in Linkspartei: Gysi mischt die Karten neu
       
       Die Linke streitet über eine neue Parteispitze. Dietmar Bartsch will
       Vorsitzender werden, Oskar Lafontaine auch. Jetzt springt Fraktionschef
       Gysi seinem Vize zur Seite.
       
 (DIR) Krisentreffen der Linken: Bis einer heult
       
       Es ist ein veritabler Machtkampf, den Dietmar Bartsch und Oskar Lafontaine
       ausfechten. Eine Einigung über die künftige Linken-Spitze ist immer noch
       nicht in Sicht.
       
 (DIR) Weibliche Doppelspitze in der Linkspartei: „Wir sind nicht niedlich“
       
       Keine Spielerei: Katharina Schwabedissen, Chefin der Linkspartei in NRW,
       will eine weibliche Doppelspitze. Und Oskar Lafontaine als Berater.
       
 (DIR) Kommentar Linkspartei: Machtkampf als Chance
       
       Die Linkspartei implodiert und scheint keine Rolle zu haben. Dabei wird sie
       gebraucht: Als einzige Partei vertritt sie die Interessen des unteren
       Fünftels in Deutschland.
       
 (DIR) Führungsstreit in der Linkspartei: Das Duell der Keiler
       
       Nicht nur ein Medienklischee: Der Kampf zwischen Oskar Lafontaine und
       Dietmar Bartsch ist wieder mal der zwischen Fundis und Realos. Und was
       machen die Parteifrauen?
       
 (DIR) Linke-Politiker Gallert über Lafontaine: „Ich lasse mich nicht unterbuttern“
       
       Oskar Lafontaine habe eine patriarchale Vorstellung von der Partei,
       kritisiert der Fraktionschef der Linken in Sachsen-Anhalt, Wulf Gallert. Er
       wünsche sich mehr inhaltliche Arbeit.