# taz.de -- Machtkampf in der Linkspartei: Die Zwei-Parteien-Partei
       
       > Lafontaine oder Bartsch? West oder Ost? Der Machtkampf um die Führung
       > lähmt die Linkspartei. Wie so oft in der Krise sollen es jetzt die Frauen
       > richten. Davon ist abzuraten.
       
 (IMG) Bild: Sehnsucht nach dem Alphaherrchen: Zumindest dieser Hund vermisst Lafontaine an der Linken-Spitze.
       
       Das war wohl nichts. Der Versuch, Oskar Lafontaine und Dietmar Bartsch
       einzuhegen, muss als gescheitert angesehen werden. Oder, wie es Gregor Gysi
       formuliert: „Eine Zusammenführung der unterschiedlichen Teile der Partei
       hat nicht stattgefunden.“ Dieser Satz, der den Zerfall der Linken in
       „Teile“ als Tatsache anerkennt, kann getrost als Aktenvermerk gelesen
       werden, der den innerseelischen Zustand der Nur-noch-sechs-Prozent-Partei
       umreißt.
       
       Irgendwo zwischen Schwerin und Saarbrücken verläuft mittlerweile die
       ideologische Demarkationslinie. Zwei Alphamännchen namens Bartsch und
       Lafontaine wollen Parteichef werden und haben sich auf ihrer jeweiligen
       Seite verschanzt. Dazwischen eilen Unterhändler hin und her. Sie reden gut
       zu, verteilen Bonbons und kleben Pflaster.
       
       Aber keiner der beiden will nachgeben, beide zeigen mit dem Finger auf den
       jeweils anderen: „Mit dem spiel ich nicht!“ jault der Saarländer, „solange
       der auf der Wippe hockt, setz ich mich nicht auf die andere Seite.“
       Außerdem, nuschelt er noch leise, habe der Schweriner vor Urzeiten mal
       seine Freundin beleidigt.
       
       „Ich hab gar nichts gemacht!“, raunzt der Schweriner und pfeift eine Spur
       zu unbesorgt, „Ich bleib einfach sitzen auf der Wippe.“ Es sei ja wohl
       nicht verboten, sich um den Posten als Bandenchef zu bewerben.
       
       ## Jungskram mit Folgen
       
       Kurzum, Jungskram, der, wäre er nicht so peinlich und existenzbedrohend für
       die 69.000-Mitglieder-Partei, durchaus Unterhaltungswert hätte. Aber lustig
       ist es einfach nicht mehr. Schon gar nicht für die allermeisten Mitglieder,
       die endlich mal wieder politisch arbeiten wollen. Doch sie müssen weiter am
       Buddelkastenrand darauf warten, dass sie wieder zu Eimer und Schippe
       greifen können. Obendrauf werden sie auch noch ständig bedrängt, zu sagen,
       für welchen der beiden sie nun sind: den Dietmar oder den Oskar?
       
       Wie so oft in solchen aufgeladenen Situationen wird, wenn gar nichts mehr
       geht, nach den Frauen gerufen. Die Genossinnen mit den heilenden Händen
       sollen jetzt mal machen, wofür man Frauen – bei bestehendem Bedarf – gern
       von der Reservebank holt: moderieren, befrieden, lösen. Sollten sie damit
       aber scheitern, überlassen die Jungs ihnen anschließend gern den ganzen
       verfahrenen Laden. Ach du liebes bisschen!
       
       Mal abgesehen davon, dass das so was von vorgestern ist, offenbart diese
       Sicht auf Politikerinnen als Notnagel auch eine tief sitzende Unfähigkeit
       zur innerparteilichen Demokratie. Eine riesige Angst vor Streit, den man
       mal aushalten müsste. Abgesehen davon, dass es natürlich auch in der
       Linkspartei Frauen gibt, die den Laden führen können – davon, sich als
       Notlösung herzugeben, ist ihnen dringend abzuraten.
       
       „Dass Kandidaten kämpfen, ist ja okay“, sagt Vizechefin Katja Kipping über
       den Führungskrieg, „schlimm ist diese Unversöhnlichkeit. Wenn auf Sieg
       gespielt wird, gibt es beim Parteitag Anfang Juni nur noch Besiegte.“
       Kipping, der selbst viele die Führung zutrauen, mokiert sich über die
       innerparteilichen Sammlungsbewegungen. Wenn eine Partei etwa gegen den
       Castor mobilisiere, sei Zuspitzung ja super. „Aber die Kandidatenfrage ist
       keine Protestbewegung.“
       
       ## Empörung der Jünger
       
       Lafontaine, der am Sonntag bei einer Veranstaltung der Antikapitalistischen
       Linken in Berlin vor seinen Fans gesagt hat, er werde nicht antreten,
       solange Bartsch die Wippe … äh, die Parteiführung beanspruche, kalkuliert
       offenbar mit der Empörung seiner Jünger: Der trotzige Dietmar verhindert
       die Rettung durch den Genossen Lafontaine? Der soll uns kennen lernen!
       
       Wer erlebt hat, wie Oskars Jünger gegen den gegnerischen „Teil“ (Gysi)
       giften, wie tief der Hass sitzt, wie unüberwindlich die Vorbehalte der
       Hüter der wahren Lehre gegenüber den sogenannten Reformern sind, der kriegt
       eine Ahnung davon, was es mit dem Bonmot „Freund, Feind, Parteifreund“ auf
       sich hat.
       
       Der innerparteiliche Kampf geht weiter: Schon wird vorgerechnet, wie viele
       Westgenossen mit den Beiträgen im Rückstand sind, nämlich 19,3 Prozent. Im
       Osten sind es lediglich 6,6.
       
       21 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Maier
       
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