# taz.de -- Fliegen mit Berlins Regierendem: Unter den Wolken
       
       > Klaus Wowereit tauft einen Airbus auf den Namen „Berlin“. Beim Rundflug
       > gibt es Turbulenzen – aber daran ist er ja gewöhnt.
       
 (IMG) Bild: Die liebevolle Taufe des Airbus' A380: Klaus Wowereit verschüttet Spreewasser statt Champagner.
       
       Der Lufthansa-Airbus A 380 startet mit Verspätung vom Flughafen Tegel – nur
       so kann eine Maschine zum Taufflug aufbrechen, die gerade feierlich den
       Namen „Berlin“ verpasst bekam. An Bord des größten Passagierflugzeugs der
       Welt sitzen der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, diverse Ehrengäste
       sowie 100 Berliner Kinder und Jugendliche in Abflugekstase. Darunter ist
       auch das U 17-Mädchenteam des 1. FC Union, das begeistert jubelt. Noch
       ahnen die Fußballerinnen nicht, dass ihre Gesichter bald die gleiche Farbe
       haben werden wie ihre Trikots: Weiß.
       
       Vor wenigen Minuten hatte Wowereit mit einer Karaffe voll Spreewasser den
       Taufakt des Flugzeugs vollzogen – Champagner passe eher nicht zu Berlin,
       fand die Lufthansa. „Ich wünsche diesem Flugzeug, der Besatzung und
       natürlich den Passagieren allzeit einen guten Flug“, rief der Regierende
       und goss die Brühe von der Gangway aus über die Nase des Fliegers.
       Lufthansa-Chef Christoph Franz stand lächelnd daneben. Die beiden sahen aus
       wie ein Paar, das sich ganz viel Mühe gibt, endlich mal einen guten Tag zu
       haben – nach all dem Elend der vergangenen Wochen.
       
       Eigentlich sollte die Taufe zwei Tage vor der Eröffnungsfeier des neuen
       Flughafens „Willy Brandt“ stattfinden. Dass es vorerst keine Eröffnung
       geben wird, dass die Fluglinie nun eine Klage gegen die Berliner
       Flughafengesellschaft erwägt, zu deren Aufsichtsrat Wowereit gehört –
       darauf mochte niemand herumreiten. Außer den anwesenden Journalisten,
       schließlich ist eine Taufe ein Ritual des Übergangs in ein neues Sein, ein
       Sein frei von Schuld. „Es macht keinen Sinn, sich zu beschimpfen“,
       schlichtete Franz. „Mit der Namensgebung bekennt sich die Lufthansa zu
       Berlin“, strahlte Wowereit und wähnte sich in einem wundersamen Kreislauf
       der Dinge. Denn bereits 1960 hatte Willy Brandt, damals Regierender
       Bürgermeister, die erste Lufthansa-Maschine nach dem Krieg auf den Namen
       „Berlin“ getauft.
       
       Eine halbe Stunde nach der Taufe kurvt der Airbus mit seinen 376 Tonnen am
       Hauptstadthimmel herum. „Links sehen Sie den Alexanderplatz, bald kommt
       Potsdam, dessen Kulturlandschaft zum Unesco-Welterbe gehört“, gibt der
       erste Offizier Robert Jandel zu Protokoll. „Der hat Wikipedia gelesen“,
       kommentiert eine der jungen Fußballerinnen Jandels Reiseführerqualitäten.
       Doch tatsächlich: Der Alex ist in Details zu erkennen, die Flughöhe beträgt
       bisweilen nur 1.000 Meter. Das wiederum bringt den zweistöckigen Megaliner
       stark ins Wackeln. Er ruckelt durch die Kurven, den ersten Mädchen wird
       schlecht.
       
       Juliane vom 1. FC starrt blass und starr auf den Vordersitz. „Das ist wie
       Achterbahn fahren!“, ruft ein paar Reihen vor ihr ein Schüler aus der 7a
       der Flatowschule, einige fliegen heute zum ersten Mal. Stewards schieben
       sich mit Spucktüten durch die Gänge, dahinter kommen die Stewardessen mit
       Schokolade für diejenigen, die jetzt noch ans Essen denken können.
       
       ## Schnack mit den Schülern
       
       Mitten hinein in dieses Gewirr aus Tüten, Riegeln und Stimmen platzt Klaus
       Wowereit, ein Tross aus Kameraleuten ist ihm dicht auf den Fersen. An
       Turbulenzen gewöhnt, bewegt er sich souverän durch die Gänge. Irgendwo da
       draußen ist die Baustelle des Flughafens BER zu sehen, doch Wowereit guckt
       nicht raus. Er beginnt einen Schnack mit den Flatower Schülern: „Was ist
       bei euch ausgefallen heute?“, fragt er fröhlich. Sichtlich bemüht, dem
       Regierenden jetzt nicht vor die Füße zu kotzen, bewahren zwei Jungen
       konzentriert Ruhe, der dritte ruft schließlich „Mathe und Englisch!“.
       
       Wowereit zieht weiter in den hinteren Teil des Flugzeugs, kommt aber leider
       nicht am Platz von Rubin Sidiqque vorbei. Dabei hat der Mann, der im
       Trainingszentrum der Lufthansa die Geschäfte führt, Grundsätzliches über
       gute Teamarbeit zu sagen: „Die Einzelnen denken mit und ziehen die
       Notbremse, falls etwas schiefläuft.“ Was beim Fliegen gilt, trifft beim
       Flughafenbau nicht immer zu.
       
       Nach einer Stunde landet der Airbus wieder in Tegel. Die Turbinen ragen
       über die Rollbahn auf die Rasenflächen und wirbeln Erde auf,
       Reinigungsautos fahren hinterher, um den Dreck wegzuputzen – der A 380 ist
       viel zu groß für Tegel. Bis BER fertiggestellt ist, wird er nicht mehr in
       Berlin landen. Als die Fußballerinnen über die Gangway aufs Rollfeld
       laufen, reißen sie wie nach einem Sieg die Arme in die Höhe. Endlich haben
       sie wieder festen Boden unter ihren Füßen.
       
       23 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Joanna Itzek
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
       
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