# taz.de -- Weitere NSU-Helfer kommen frei: U-Haft soll aufgehoben werden
       
       > Er verschaffte dem NSU die Mordwaffe. Trotzdem sollen Carsten S. und ein
       > weiterer mutmaßlicher Helfer der Neonazis nun aus der U-Haft entlassen
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Der mutmaßliche Rechtsextremist Matthias D. (M.) wird in Karlsruhe von Beamten der Bundespolizei in ein Gebäude geführt (Dezember 2012).
       
       BERLIN taz | Nach der überraschenden Freilassung eines mutmaßlichen Helfers
       des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) in der vergangenen Woche
       hat die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe am Dienstag beantragt, zwei weitere
       Männer aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Darunter ist Carsten S., der
       gegenüber den Ermittlern zugegeben hatte, dem NSU Ende 1999 oder Anfang
       2000 die Waffe verschafft zu haben, mit der die Neonazis neun Migranten
       ermordeten.
       
       Die Bundesanwaltschaft hält den heute 32-jährigen Carsten S. zwar weiterhin
       für dringend verdächtig, durch die Lieferung der Waffe Beihilfe zum Mord in
       neun Fällen geleistet zu haben. Trotzdem beantragte die Karlsruher
       Anklagebehörde nun, den Haftbefehl gegen ihn aufzuheben. Die Begründung: Es
       bestehe keine Fluchtgefahr.
       
       Carsten S. habe sich „umfassend zum Tatvorwurf eingelassen und entscheidend
       zur Tataufklärung beigetragen“, hieß es in einer Mitteilung der
       Bundesanwaltschaft. Zudem liege seit Dienstag ein Sachverständigengutachten
       vor, wonach bei dem zur Tatzeit 19-Jährigen wohl das Jugendstrafrecht
       anzuwenden sei. Weil ihn dadurch eine geringere Strafe erwarte und er
       sozial fest eingebunden sei, bestehe keine Gefahr mehr, dass er sich dem
       weiteren Strafverfahren durch eine Flucht entziehe, hieß es zur Begründung
       weiter.
       
       ## Vom Neonazi zum Schwulenaktivisten
       
       Carsten S. war in den 90er-Jahren wie Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate
       Zschäpe Mitglied des rechtsextremen Kameradschaftsbundes „Thüringer
       Heimatschutz“. Zudem war er zwischenzeitlich Funktionär der rechtsextremen
       NPD und deren Jugendorganisation JN. Im Jahr 2001 vollzog er dann einen
       Bruch mit der rechtsextremen Szene und zog schließlich nach
       Nordrhein-Westfalen. Dort arbeitete er zuletzt bei der Aidshilfe und im
       Team eines schwul-lesbischen Jugendzentrums.
       
       Nach seiner Verhaftung im Februar 2012 hatte Carsten S. gegenüber den
       Ermittlern über seine düstere Vergangenheit ausgepackt und schließlich
       zugegeben, dem Neonazi-Trio im Untergrund eine Ceska-Pistole Kaliber 7,65
       mm samt Schalldämpfer verschafft zu haben, mit der die NSU-Terroristen
       zwischen September 2000 und April 2006 neun türkisch- und
       griechischstämmige Kleinunternehmer erschossen hatten.
       
       Anders gelagert ist die Sache bei Matthias D. Der 36-Jährige war im
       Dezember verhaftet worden, die Bundesanwaltschaft wirft ihm die
       Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vor. Er habe dem Trio zwei
       Wohnungen in Zwickau überlassen, „um diesen ein Leben im Untergrund zu
       ermöglichen“, hieß es damals im Haftbefehl.
       
       ## Nur noch drei in Haft
       
       Nun sieht sich die Karlsruher Anklagebehörde gezwungen, diesen auch im
       Falle von Matthias D. aufheben zu lassen. Der Grund ist die Argumentation,
       mit der der Bundesgerichtshof in der vergangenen Woche überraschend den
       mutmaßlichen NSU-Helfer Holger G. aus der Untersuchungshaft entlassen
       hatte.
       
       Der heute 38-Jährige hatte zwar in seinen Vernehmungen gestanden, dem
       Neonazitrio im Untergrund seine Papiere überlassen und ebenfalls eine Waffe
       verschafft zu haben, mit der die NSU-Terroristen aber vermutlich keine
       Straftaten begingen.
       
       Da ihm zudem nicht nachzuweisen sei, dass er damals von der Mordserie
       wusste, bestehe „kein dringender Tatverdacht“ wegen Beihilfe zum Mord und
       wegen Unterstützung einer Terrorgruppe, befanden die Bundesrichter. Im
       Lichte dieser Entscheidung könne man auch bei Matthias D. nicht mehr davon
       ausgehen, dass die Verdachtsmomente reichen um die weitere
       Untersuchungshaft zu rechtfertigen, teilte die Bundesanwaltschaft am
       Dienstag mit.
       
       Außer der mutmaßlichen NSU-Terroristin Beate Zschäpe sitzen somit bald nur
       noch zwei Helfer des NSU in Untersuchungshaft.
       
       29 May 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf Schmidt
       
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