# taz.de -- Bundestrainer Löw vor der Fußball-EM: Im Gleichgewicht zu scherzen bereit
       
       > Nichts, was ein Schuss Aggressivität nicht richten könnte: Bundestrainer
       > Löw sieht der EM trotz dröger Testspiele freudig entgegen. Er sehnt den
       > Wettbewerb herbei.
       
 (IMG) Bild: Hauptsache gepflegt lächeln, da sind auch dröge Testspiele auszuhalten: Joachim Löw.
       
       LEIPZIG taz | Jogi Löw war zu allem bereit, sogar ein Foto mit einer
       Junggesellen-Gang war drin. „Nu gomm, Jogi, ehn Foudo“, rief ein Glatzkopf
       in breitem Sächsisch. Und siehe da: Der Jogi stellte sich in Positur und
       lächelte gepflegt. Keine Frage, der Bundestrainer war gut drauf nach dem
       2:0 gegen Israel im letzten Testspiel vor der Europameisterschaft.
       
       Zuvor hatte er schon einen Scherz auf Kosten des etwas fülligen Pressechefs
       Stenger gemacht („Wo bleibt denn Harald, ist der schon zum Buffet
       abgebogen?“) und hatte die Pressekonferenz einfach selbst eröffnet. „Ich
       gehe entspannt und freudig in die (kommenden) Wettkämpfe“, sagte er.
       
       „Wir hatten jetzt fast ein halbes Jahr nur Testspiele, das ist nicht im
       Sinne eines Trainers.“ Er will, dass es endlich ernst und emotional wird,
       er will den echten Belastungstest – und nicht so ein dröge
       zusammengegurktes Zweinull gegen ziemlich schwache Israelis, die nur allzu
       bereitwillig die Rolle des Aufbaugegners übernahmen.
       
       Trotzdem passte ihm dieser wenig aussagekräftige letzte Test in den Kram.
       Das sei eine „gute, ordentliche Abschlussprüfung“ gewesen, resümierte Löw.
       Nun könne man mit einer gewissen Sicherheit und einem guten Gefühl in die
       nächste Woche gehen, auch weil seine Mannschaft etwas munterer gespielt
       habe als beim 3:5 gegen die Schweiz. Die Laufbereitschaft und die Laufwege
       seien am Donnerstag ein bisschen besser gewesen, analysierte der
       Bundestrainer.
       
       ## Nobel in „Oliwa“
       
       Nach zwei freien Tagen am Wochenende reist der Tross des Deutschen
       Fußball-Bundes (DFB) am Montag nach Danzig. Etwa 30 Kilometer vom
       Stadtzentrum entfernt bezieht er die Nobelherberge „Oliwa“. Am nächsten
       Samstag ist die deutsche Auswahl zum ersten Mal gefordert. Das erste
       EM-Vorrundenspiel gegen Portugal steht in Lemberg an. Vier Tage später
       kommt es im ukrainischen Charkiw zum Duell mit den Holländern. Am 17. Juni
       wird die Vorrunde mit einem Spiel gegen Dänemark abgeschlossen.
       
       Die Nationalmannschaft fliegt jeweils von Danzig aus zu den Spielorten und
       kehrt nach Spielende gleich wieder zurück in ihre polnische Herberge an der
       Ostsee. Der DFB hat das Fünfsternehotel bis zum 1. Juli gebucht. An diesem
       Tag findet das EM-Finale in Kiew statt. So ziemlich alle Wettbüros,
       Fußballexperten und -fans zweifeln nicht daran, dass die deutsche
       Nationalmannschaft an diesem Endspiel teilnimmt.
       
       Jogi Löw weiß natürlich, dass Portugal mehr als nur ein Sparringspartner
       sein wird. „Wir werden noch einen Schuss Aggressivität zulegen müssen“,
       sagte er. „Noch ist nicht die Frische da, das Spiel nächste Woche wird mit
       einem ganz anderen Tempo gespielt werden.“ Positiv sei allerdings, dass
       Portugal seinem Team mehr Räume lassen werde. So kommt sicherlich mehr
       Schwung in die Partie.
       
       ## Noch nicht alles festzurren
       
       Allerdings ist fraglich, ob das der deutschen Defensive recht sein kann.
       Denn man weiß nicht, was sie zu leisten imstande ist. Hält sie dicht oder
       ist sie so durchlässig wie die Grenzstation von zwei Schengen-Ländern? Löw
       fand das Auftreten der Verteidigung „strukturierter“, verteilte aber
       trotzdem nur die Note „zufriedenstellend“ an das Abwehrquartett, das sich
       diesmal aus Philipp Lahm (links), Per Mertesacker, Holger Badstuber (beide
       Innenverteidiger) und Jerome Boateng (rechts) zusammensetzte.
       
       Da es sich um die EM-Generalprobe handelte, schielte natürlich jeder auf
       die erste Elf. Wird Löw gegen Portugal auch mit jener 4-2-3-1-Formation
       auflaufen, mit Mario Gomez in der Sturmspitze, im Mittelfeld mit Lukas
       Podolski (links), Mesut Özil (zentral) und Thomas Müller (rechts), mit den
       sehr offensiv agierenden Sechsern Sami Khedira und Toni Kroos sowie
       besagter Viererabwehrkette? „Es ging nicht darum, mit dem heutigen Spiel
       alles festzuzurren“, sagte Löw.
       
       Vorstellbar ist, dass ein an der Wade genesener Bastian Schweinsteiger für
       Kroos hereinkommt, Miroslav Klose für Gomez stürmt oder Mats Hummels für
       Per Mertesacker verteidigt. Einen guten Eindruck hinterließ auch Andre
       Schürrle, der für Podolski eingewechselt wurde. Löw will sich erst nächste
       Woche entscheiden. Große Experimente wird er freilich nicht wagen, das ist
       nicht sein Ding.
       
       Eines ist aber klar: Jogi Löw hat Lust auf diese EM, die seine
       Wettkampfinstinkte zu wecken scheint. Vor großen Turnieren sei er zwar nie
       völlig zufrieden, ließ er wissen, aber auch nicht in Sorge. „Ich bin im
       Gleichgewicht.“ Diese innere Harmonie muss er jetzt nur noch seinem Team
       vermitteln.
       
       1 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
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