# taz.de -- Rechter Mob wütet gegen Sexualstraftäter: „Szenen einer Menschenjagd“
       
       > 50 Demonstranten wollen Selbstjustiz üben und versuchen in Stendal, das
       > Haus von zwei entlassenen Sexualstraftätern zu stürmen. Die Opposition
       > kritisiert die Landesregierung.
       
 (IMG) Bild: Bereits im Januar diesen Jahres demonstrierten 100 Menschen in Stendal. Damals blieb es gewaltfrei.
       
       STENDAL dpa/dapd | Vor dem Haus zweier entlassener Sexualstraftäter in
       Sachsen-Anhalt ist die Lage bei einer neuerlichen Demonstration eskaliert.
       Wie die Polizei in Stendal am Wochenende mitteilte, versuchten etwa 50
       Demonstranten am Freitagabend mehrmals, eine Polizeiabsperrung zu
       durchbrechen und auf das Grundstück der beiden Männer in dem Ort Insel zu
       gelangen.
       
       Die Beamten konnten dies verhindern. Niemand wurde verletzt. Die Übergriffe
       endeten erst kurz vor Mitternacht. Zuletzt versuchten sieben Angehörige der
       rechten Szene, über die Rückseite in das Wohnhaus einzudringen.
       
       Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Magdeburger Landtag,
       Sebastian Striegel, verurteilte die Vorfälle in dem Ortsteil von Stendal
       als Versuch der Selbstjustiz. Er forderte die Landesregierung zum Handeln
       auf.
       
       Die Regierung müsse deutlich machen, dass sie das Recht beider ehemaliger
       Sicherungsverwahrter auf freie Wahl des Wohnortes achte, sagte Striegel.
       „Was sich in Insel abspielt, erinnert an Szenen der Menschenjagd und ist
       völlig inakzeptabel“, erklärte Pascal Begrich vom Verein Miteinander.
       
       Justizministerin Angela Kolb (SPD) verurteilte am Sonntag die Eskalation
       der Proteste, die angesichts der bislang lautstarken, aber friedlichen
       Demonstrationen nun eine neue Stufe erreicht hätten. „Die Gesellschaft ist
       gefordert, ein Zeichen zu setzen, dass man diese Form der Proteste nicht
       akzeptiert“, sagte Kolb. Zudem werde das Ministerium nichts tun, um die
       Männer von dort wegzubringen, sondern sie in ihrer Resozialisierung weiter
       unterstützen.
       
       Linke-Rechtsexpertin Eva von Angern appellierte an Ministerpräsident Reiner
       Haseloff (CDU) „endlich persönlich in Insel klar Position zu beziehen“. Die
       Menschenrechte würden auch für ehemalige Straftäter gelten.
       
       Mit Blick auf Teile der Berichterstattung sagte sie weiter, dass es schlimm
       sei, wenn auf der einen Seite zurecht Menschenrechtsverletzungen in der
       Ukraine angeprangert würden, „andererseits aber ehemaligen Straftätern in
       der Bundesrepublik Deutschland elementare Menschrechte abgesprochen
       werden“.
       
       ## Polizei ist alarmiert
       
       Nach den jüngsten Vorfällen ist auch die Polizei alarmiert. Wie eine
       Sprecherin in Magdeburg am Sonntag sagte, wurde die Präsenz vor dem Haus
       der 64 und 54 Jahre alten Männer erhöht. Wie sie weiter mitteilte, hat
       jemand aus dem rechten Spektrum für den kommenden Freitag eine neue
       Demonstration in dem Stendaler Ortsteil angemeldet.
       
       Bereits seit vergangenem Jahr demonstrieren in dem Altmark-Dorf immer
       wieder Bürger auch mit Unterstützung von Neonazis gegen die beiden früheren
       Häftlinge, die 2009 in Baden-Württemberg auf freien Fuß kamen. Die wegen
       Vergewaltigung verurteilten Männer hatten von einem Urteil des Europäischen
       Gerichtshofs für Menschenrechte profitiert, wonach die damalige
       nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung unzulässig war.
       
       Aufgrund der andauernden Proteste war der 54-Jährige vor zwei Wochen nach
       Chemnitz gezogen, jedoch am vergangenen Mittwoch nach Insel zurückgekehrt.
       Auch die Chemnitzer Adresse des Mannes war schon nach kurzer Zeit
       bekanntgeworden mit der Folge, dass es dort ebenfalls zu Protesten kam.
       
       3 Jun 2012
       
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