# taz.de -- Eskalation bei Demo gegen Straftäter: Ängste ausgenutzt
       
       > Rechtsextreme sorgten gezielt dafür, dass im nordfriesischen Leck eine
       > Demonstration gegen einen Sexualstraftäter eskalierte. Weitere Aktionen
       > angedeutet.
       
 (IMG) Bild: Kurz vor der Eskalation: Demo gegen einen Sexualstraftäter in Leck.
       
       Leck taz | Sie wollen wiederkommen: „Wir werden so lange weitermachen, bis
       dieses perverse Schwein für immer hinter Schloss und Riegel ist“, erklärt
       der rechtsextreme „Freie Widerstand Südschleswig“ auf seiner Internetseite.
       Am vergangenen Samstag war im schleswig-holsteinischen Leck (Kreis
       Nordfriesland) eine Demonstration gegen einen verurteilten Sexualstraftäter
       eskaliert: Aus einer Gruppe von zunächst rund 50 Protestierenden hatten
       etliche versucht, gewaltsam in die Wohnung des Mannes einzudringen, was die
       Polizei verhinderte.
       
       Noch als Minderjähriger belästigte der heute 18-Jährige ein sechs Jahre
       altes Mädchen sexuell und wurde zu zwei Jahren Jugendstrafe verurteilt.
       Bereits vor der Demonstration am Samstag war beim Sozialnetzwerk Facebook
       sowie auf Flugblättern gegen ihn gehetzt worden. Eine der NPD nahestehende
       Frau, selbst Mutter, behauptete, der Mann habe eine 13-Jährige angesprochen
       und ihr in seiner Wohnung Alkohol gegeben.
       
       Am Samstagnnachmittag standen so besorgte Anwohner neben erklärten
       Rechtsextremen auf der Straße. Vor Ort übernahm der „Widerstand“ um den
       mehrfachen NPD-Kandidaten Arne Kaehne die Führung. Ein im Internet zu
       findendes Video zeigt die szenebekannte Husumerin Denice W.: „Wer sich an
       Kindern vergeht wie dieses Exemplar hier, hat die Stufe des Menschseins
       verlassen“, erklärt sie per Megaphon, um gleich darauf die Todesstrafe zu
       fordern. Rechts neben ihr steht Kaehnes Ex-Frau, links Kaehne selbst. „Alle
       Mann los, los“, ruft W. plötzlich, woraufhin sich eine Gruppe in Bewegung
       setzt in Richtung des Hauses, in dem der Straftäter wohnt. Über 30
       Polizisten waren nötig, um die Menge zu stoppen.
       
       Seit Jahre schon setzen NPD und rechte Kameradschaften auf das Thema
       sexueller Missbrauch. Auch im Norden marschierten sie wiederholt mit
       Transparenten wie „Todesstrafe für Kinderschänder“ vor den Wohnungen
       verurteilter oder auch bloß angeblicher Straftäter auf. Auch in Leck wurden
       jetzt Flugblätter der NPD verteilt.
       
       „Lokale Initiativen müssen die Ängste der Menschen ernst nehmen und das
       Feld nicht den Nazis überlassen“, sagt Sabine Grenz, von der Amadeu Antonio
       Stiftung. Laut dem Kieler Sexualmediziner Hartmut Bosinski ist in der
       Bevölkerung die Sensibilität für das Thema stark gewachsen. Diese
       öffentliche Wahrnehmung verzerrt aber die statistische Realität. „Nur 0,6
       Prozent aller Straftaten sind Sexualstraftaten“, sagt Bosinski, und das
       umfasse Straftaten von Exhibitionismus über Vergewaltigung bis hin zum
       Kindesmissbrauch. Dessen Häufigkeit sinke aber seit Jahren.
       
       Lecks stellvertretende Bürgermeisterin Ingrid Marcussen-Kressin (CDU) hat
       sich unlängst mit Vertretern von Schulen, Kirche, Politik und Behörden
       ausgetauscht. Gespräche mit Eltern sind geplant. Den Rechtsextremen,
       versichert Marcussen-Kressin, werde man nicht nochmal eine Plattform
       bieten.
       
       Die Szene indes erklärt unbeirrt, „nicht die Füße stillhalten“ zu wollen:
       Man wisse um „weitere Kinderschänder“, die in Husum und Bredstedt wohnten.
       Und werde über „weitere Schritte“ informieren.
       
       8 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Speit
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA