# taz.de -- Bürgerkrieg in Syrien: Kurde führt die syrische Opposition
       
       > Der Syrische Nationalkongress wählt einen Kurden zum neuen Vorsitzenden.
       > Die Gewalt erreicht die Hauptstadt Damaskus. Und Russland mauert weiter.
       
 (IMG) Bild: Abdulbaset Sieda (re.) wirkte kurz nach seiner Wahl zum Vorsitzenden des Syrischen Nationalrats überrascht.
       
       MOSKAU/ BEIRUT dapd | Trotz zunehmender Besorgnis über den Konflikt in
       Syrien lehnt Moskau eine ausländische Militärintervention weiterhin ab.
       „Die Situation wird besorgniserregender“, räumte Außenminister Sergej
       Lawrow ein. Auch nehme der Eindruck zu, dass Syrien am Rande eines
       Bürgerkriegs stehe.
       
       Als Mitglied des UN-Sicherheitsrates werde Russland einer militärischen
       Intervention von außen aber nicht zustimmen. Unterdessen eskalierte die
       Gewalt in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Aktivisten sprachen von einem
       Wendepunkt im Kampf gegen den syrischen Präsidenten Baschar Assad.
       
       Moskau wolle mit dieser Haltung nicht den syrischen Präsidenten Baschar
       Assad und dessen Regime schützen, betonte Lawrow am Samstag in der
       russischen Hauptstadt Moskau. Syrien sei ein komplizierter
       multikonfessioneller Staat „und wir wissen, dass einige von denen, die nach
       militärischer Intervention rufen, dies ruinieren und Syrien zu einem
       Schlachtfeld für die Vorherrschaft in der islamischen Welt machen wollen“.
       Deshalb sei Russland gegen eine Militärintervention von außen.
       
       Lawrow sprach sich für eine internationale Syrien-Konferenz aus, um den
       Friedensplan des Sondergesandten der UN und Arabischen Liga für Syrien,
       Kofi Annan, zu retten. Zu den Teilnehmern an einer derartigen Konferenz
       sollten neben den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats auch die
       Europäische Union sowie einflussreiche Länder in der Region zählen, sagte
       er. Lawrow bezeichnete Einwände der USA gegen eine mögliche Teilnahme des
       Irans als „oberflächlich“.
       
       ## Damaskus erlebt die schwersten Gefechte seit Beginn des Aufstands
       
       Unterdessen fielen der Gewalt in Syrien am Samstag nach Angaben von
       Aktivisten mindestens 52 Zivilpersonen zum Opfer. 20 davon seien bei
       schwerem Beschuss der südlichen Stadt Daraa getötet worden, darunter neun
       Frauen und Kinder, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für
       Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien. In Damaskus waren nach Angaben
       von Bewohnern die ganze Nacht über Schüsse und Explosionen zu hören. Es sei
       die bisher schlimmste Auseinandersetzung in Damaskus seit Beginn des
       Aufstands gegen Assad vor 15 Monaten gewesen.
       
       Die Kämpfe zwischen Rebellen und Regierungstruppen in den Damaszener
       Vierteln Kabun und Barseh hätten bis 1.30 Uhr morgens gedauert, sagte der
       Bewohner und Aktivist Maath al Schami. „Gestern war der Wendepunkt im
       Konflikt“, sagte al Schami via Skype. „Der Kampf ist jetzt in Damaskus.“
       Mindestens vier Menschen seien ums Leben gekommen, die Panzer hätten
       schließlich vor Sonnenaufgang die Viertel wieder verlassen.
       
       Die jüngsten Massentötungen hätten dazu geführt, dass die Bevölkerung die
       Rebellen zunehmend als Beschützer vor den Truppen Assads betrachteten,
       sagte ein Sympathisant der Aufständischen in Kabun. „Das Regime hat die
       Rebellen in die Stadt gezwungen.“ Wenn das Regime Angriffe starte, Massaker
       begehe oder Leute festnehme, kämen die Rebellen, um die Menschen zu
       verteidigen.
       
       ## UN-Beobachter: Definitiv Massaker in Masraat al-Kubair
       
       In der Nacht zum Samstag begann auch der Beschuss von Daraa im Süden des
       Landes. Truppen des Regimes hätten überraschend das Viertel Mahata mit
       Mörsern beschossen, sagte ein Aktivist aus Daraa. Daraa liegt im Süden des
       Landes und ist jene Stadt, in der die Protestbewegung gegen Assad im März
       vergangenen Jahres begann. Auch aus der mittelsyrischen Stadt Homs meldeten
       Aktivisten Angriffe und Gefechte.
       
       UN-Beobachter hatten am Freitag zum ersten Mal den Schauplatz eines
       mutmaßlichen Massakers mit fast 80 Todesopfern inspiziert. Im Dorf Masraat
       al-Kubair sei definitiv ein schreckliches Verbrechen verübt worden, sagte
       eine Sprecherin der Beobachter, Sausan Ghosheh. Die Angaben der Bewohner
       seien widersprüchlich, daher müssten nun Namenslisten verglichen werden.
       
       ## Syrischer Nationalrat erhält neuen Vorsitzenden
       
       Der oppositionelle Syrische Nationalrat (SNC) wählte unterdessen den
       kurdischen Dissidenten Abdulbaset Sieda zu seinem neuen Vorsitzenden. Die
       Entscheidung bei dem Treffen am Wochenende in Istanbul sei einstimmig
       gefallen, teilte der SNC am Sonntag in einer Stellungnahme mit. Der
       56-jährige Sieda folgt damit Burhan Ghaliun, der nach wachsender Kritik an
       seinem Führungsstil seinen Rücktritt angeboten hatte.
       
       Ghaliun hatte dem Rat seit dessen Gründung im vergangenen August
       vorgesessen. Sein Nachfolger Sieda ist ein säkulares Mitglied der
       kurdischen Minderheit in Syrien. Er lebt im schwedischen Exil.
       
       10 Jun 2012
       
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