# taz.de -- Nach den Parlamentswahlen in Frankreich: Noch 60 Punkte bis zur Reform
       
       > Das linke Regierungsbündnis in Frankreich hat eine Perspektive: Nach den
       > erfolgreichen Parlamentswahlen kann Präsident Hollande sein
       > Reformprogramm beginnen.
       
 (IMG) Bild: Auf der Fahrt ins Reformprogramm. Mal schauen, wie lange das für Hollande so lustig bleibt.
       
       PARIS taz | Für die Linksregierung von Premierminister Jean-Marc Ayrault
       sind die Parlamentswahlen eine zweifache Bewährungsprobe. Für die seit dem
       16. Mai regierende Linke ging es darum, die Mehrheit in der
       Nationalversammlung zu erhalten, die sie für die Umsetzung des
       60-Punkte-Programms von Präsident François Hollande benötigt.
       
       Zugleich stellten sich 25 Regierungsmitglieder einem Popularitätstest, bei
       dem sie indirekt auch ihr Ministeramt in die Waagschale warfen: Eine
       ungeschriebene Regel will es, dass Minister, die bei Wahlen durchfallen,
       ihren Rücktritt erklären. So weit scheint es nicht zu kommen.
       
       Dank der bestandenen Vertrauensfrage kann die Regierung also mit
       längerfristiger Perspektive an die Arbeit gehen. Eine größere Umbildung
       drängt sich nicht auf. Ebenso wenig eine Änderung der jetzigen Koalition
       von Sozialisten mit den Grünen und den linken Radikalen, die bereits mit je
       zwei Ministern in der Regierung vertreten sind.
       
       Die erfolgreiche Bewährungsprobe stärkt die Regierung auch nach außen. In
       der heftigen Diskussion über die Krisenpolitik in der EU wäre eine schwache
       Regierungsmehrheit oder gar eine Niederlage bei den Parlamentswahlen das
       Letzte gewesen, das Präsident Hollande in der Debatte mit Angela Merkel
       hätte brauchen können.
       
       Auf der Agenda des nächsten Ministerrats steht ein neues Gesetz, das
       sexuelle Belästigung unter Strafe stellt. Der bisherige Paragraf war wegen
       formaljuristischer Mängel kassiert worden, was eine vorübergehende
       Gesetzeslücke geschaffen hatte. Danach möchte Hollande die
       Jugendarbeitslosigkeit anpacken. Dazu sollen zusätzliche 100.000 staatlich
       subventionierte Einstiegsjobs geschaffen werden.
       
       Keine Ausrede hat die Regierung, um mit einer Steuerreform die Frage zu
       klären, wie sie den Staatshaushalt trotz schlechter Konjunktur und
       zusätzlicher Ausgaben ausgleichen will. Hollande möchte die von den
       Vorgängern beschlossene Mehrwertsteuererhöhung rückgängig machen und dafür
       die unter der Rechtsregierung eher privilegierten höchsten
       Einkommensklassen stärker belasten.
       
       Ein Symbol dieser proklamierten Steuergerechtigkeit wäre die Einführung
       einer Reichtumsabgabe für Einkommen ab einer Million Euro zu einem
       Steuersatz von 75 Prozent. Zunächst aber löst die Staatsführung noch ein
       Wahlversprechen ein: Am 1. Juli soll trotz Protesten der privaten
       Arbeitgeber der gesetzliche Mindestlohn um fast 5 Prozent angehoben werden.
       
       11 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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