# taz.de -- Kolumne Ostwärts immer: Immer noch gekränkte Polen
       
       > Zum Glück spielen die Engländer nicht in Polen. Denn seit die BBC den
       > vermeintlichen Rassismus des EM-Gastgebers gegeißelt hat, ist das Land
       > not amused.
       
       Die Polen hatten es nie leicht. Erst die Deutschen und die Russen. Dann
       wieder die Russen und die Deutschen, zwischendrin noch die Ösis mit ihrer
       Monarchie. Später mussten die Polen schlimme Witze ertragen („Woran merkt
       man, dass die Polen schon im Weltall waren? Am Großen Wagen fehlen die
       Räder“). Schließlich nahm sich eine deutsche Satireseite die Frechheit
       heraus, den polnischen Premier als Kartoffel zu bezeichnen.
       
       Doch seit geraumer Zeit dürfen die Polen wieder ungestört Polen sein. Sie
       haben keine aberwitzige Inflationsrate mehr und die EM haben sie jetzt
       auch. Sie wollen etwas darstellen in Europa und sich nicht wieder in die
       nationale Suppe spucken lassen.
       
       Im Moment können die Engländer von Glück reden, dass sie in Donezk und Kiew
       spielen. Der Spielplan bringt es mit sich, dass sich nur wenige englische
       Fans in Polen aufhalten. Das ist von Vorteil, denn vergessen ist sie noch
       nicht, jene tendenziöse BBC-Reportage („Stadiums of Hate“), in der Polen
       als Hort von Antisemitismus und Rassismus gegeißelt wurde.
       
       Die Gemüter haben sich noch nicht beruhigt. Tenor: So etwas Bösartiges habe
       man noch nie erlebt. Nun hat sich auch der Chef des jüdischen
       Gemeinschaftszentrums von Krakau zu Wort gemeldet, Jonathan Ornstein. Er
       hat seine Wurzeln in den USA, ist aber anscheinend ein glühender polnischer
       Patriot. Er lebe glücklich und sicher in Polen, versichert Ornstein. Die
       BBC habe ihn als Quelle missbraucht: „Die Fernsehanstalt hat mich und
       andere benutzt, um das ernste Thema des Antisemitismus für ihre
       Sensationslust zu manipulieren, sagt er. „Die BBC hat alle Polen
       beleidigt.“ Die Engländer sollen sich an die eigene Nase fassen, heißt es
       im Netz.
       
       Auf YouTube ist ein Clip zu sehen mit speziellen Olympischen Sommerspielen
       in London. Beim Taekwondo sieht man Jugendliche Scheiben eintreten. Bei
       einer „Turnvorführung“ entblößt ein Teenie sein Hinterteil, geboxt wird mit
       der Polizei. Ein Pole hat das Video ins Netz gestellt. Auch ein Foto, auf
       dem das Graffito „Poles out“ zu sehen ist. Es ist mit einem Hakenkreuz
       verunziert und soll zeigen, wie verhasst die Polen in England seien.
       
       Die Gemeinschaft der Polen in England hat eine Presseerklärung
       veröffentlicht. Es habe hunderte „Hate Crimes“ gegen Polen gegeben, heißt
       es da. Hoffentlich revanchieren sich die Polen nicht, wenn England
       möglicherweise sein Halbfinale in Warschau spielt. Aber das ist so
       wahrscheinlich wie der freiwillige Beitritt Polens zum Russischen Reich.
       
       13 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
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