# taz.de -- Internet für alle: Surfen an der Spree
       
       > Freies WLAN überall in Berlin? Immer noch ein netter Traum. Die
       > Initiative Freifunk macht jetzt in Friedrichshain-Kreuzberg einen
       > Vorstoß.
       
 (IMG) Bild: Surfen ohne Gewissensbisse - mit dem Freifunker-WLAN.
       
       Berlin ist einen Schritt weiter auf dem Weg zu einem freien WLAN – einem
       nicht kommerziellen. Die Initiative Freifunk baut zusammen mit Anwohnern in
       Friedrichshain und Kreuzberg ein offenes Netz auf. Mit einem technischen
       Kniff umgehen die Freifunker dabei ein rechtliches Hindernis, das bisher
       viele Menschen davon abhielt, ihr WLAN für andere Nutzer zu öffnen: die
       Störerhaftung.
       
       Die Berliner Freifunk-Initiative wurde 2003 gegründet und zählt in der
       Hauptstadt nach eigenen Schätzungen etwa 2.000 Mitstreiter. Weltweit
       existieren zahlreiche solcher Initiativen. Ziel der Freifunker ist es, von
       Bürgern selbstverwaltete, drahtlose Freifunknetzwerke zu bauen. „Doch seit
       einiger Zeit sind die Bürger verunsichert und nicht bereit, ihren Anschluss
       mit anderen Nutzern zu teilen“, sagt Jürgen Neumann, Mitgründer der
       Freifunker. Zu groß sei die Angst vor Klagen. „Dabei haben wir in Berlin an
       einer Ecke zum Teil 20 verschiedene WLANs“, sagt Neumann. Die meisten seien
       passwortgeschützt. „Würden die Berliner ihre Anschlüsse zur freien Nutzung
       öffnen, wäre das Problem des stadtweiten freien WLANs gelöst“, ist sich
       Neumann sicher. „So könnte man außerdem Kosten sparen und die
       Strahlenbelastung reduzieren.“
       
       Die Verunsicherung gründet auf der Rechtlage: Bislang haftet der Inhaber
       eines Anschlusses für mögliche Straftaten, die über seine
       Internetverbindung von anderen begangen werden, etwa durch illegales
       Hochladen von Musik. Von dieser Rechtslage profitiert in Deutschland
       derzeit eine ganze Abmahnindustrie spezialisierter Anwaltskanzleien, die
       die Anschlussinhaber mit Klagen überziehen. Selbst wenn die Inhaber ihre
       Unschuld beweisen können, bleiben sie auf den Anwaltskosten sitzen.
       
       ## Inhaber nicht zu ermitteln
       
       Hier setzen die Freifunker mit ihrer Aktion an, die jetzt in Friedrichshain
       und Kreuzberg startet. Zwischen Kottbusser Tor und Boxhagener Platz
       verteilen sie in den kommenden Wochen hundert Gratis-Router an
       Privatpersonen, Vereine und Caféinhaber, die ihr WLAN öffnen wollen:
       sogenannte Freifunk Freedom Fighter Boxen. Diese verschlüsseln den Verkehr
       aus dem offenen WLAN und tunneln ihn zum Provider nach Schweden. Erst dort
       gehen die Daten dann ins Internet – mit der Adresse des Providers. Und der
       ist nicht im Visier der Abmahnkanzleien. Der Berliner Anschlussinhaber ist
       derweil nicht mehr zu ermitteln, ebenso wie die Nutzer, die über sein
       offenes WLAN surfen. Nach Meinung der Freifunker schützt das die
       Beteiligten ausreichend vor möglichen Klagen.
       
       „Das Konzept der Freifunker ist techisch eine sehr vernünftige Lösung“,
       sagt Ulf Buermeyer, Richter am Landgericht Berlin und IT-Experte. „Es nimmt
       den Abmahnanwälten den Wind aus den Segeln.“ Denn für sie lohne sich das
       Geschäft nur, wenn der Arbeitsaufwand gering ist.
       
       Dass die hundert von einem Anbieter gesponserten Router der Freifunker nur
       der Anfang für ein flächendeckendes WLAN sein können, ist der Initiative
       klar: „Natürlich werden wir mit dieser Aktion nicht schlagartig das
       WLAN-Problem Berlins lösen“, sagt Neumann. Seit fünf Jahren müht sich der
       Senat, ein freies Internet für die Berliner einzurichten, bislang jedoch
       ergebnislos. Vor einigen Wochen sorgte der Stadtmöblierer Wall für
       Aufsehen, weil er für die Sommermonate freies Netz an diversen
       innerstädtischen Hotspots installierte.
       
       Die Freifunker hingegen arbeiten weiter an einem WLAN von unten: Sie suchen
       nach zusätzlichen Providern, die sich an ihrer Aktion beteiligen.
       „Letztlich muss die Störerhaftung abgeschafft werden“, sagt Neumann. So
       ließe sich ein offenes WLAN fördern, das auf privater Basis betrieben wird.
       
       Ein entsprechender Antrag liegt bereits im Bundesrat vor. Eingereicht haben
       ihn kürzlich die Berliner SPD und CDU, die das Haftungsrisiko für
       Privatbetreiber eingeschränkt sehen möchten.
       
       14 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Joanna Itzek
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
       
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