# taz.de -- Bürgerbeteiligung bei Stuttgart 21: Es geht um mehr als Blumenkübel
       
       > Am Samstag findet erstmals ein Bürgerdialog zu Stuttgart 21 statt.
       > Kritiker sprechen von einer Alibiveranstaltung, die höchstens kosmetische
       > Änderungen zulässt.
       
 (IMG) Bild: Auch Hasenmänner finden den Tiefbahnhof doof.
       
       STUTTGART taz | Bei einem ihrer Prestigeprojekte für Bürgerbeteiligung ist
       die Landesregierung von Baden-Württemberg noch einmal mit einem blauen Auge
       davon gekommen. Nachdem sie mangels Beteiligung zufällig ausgewählter
       Bürger den so genannten Filderdialog zum umstrittenen Tiefbahnhof Stuttgart
       21 zunächst verschieben musste, konnte die Regierung in dieser Woche
       immerhin 70 Anmeldungen vermelden. Damit findet die erste Sitzung des
       Dialogs am Samstag statt.
       
       Dabei geht es um die Anbindung des Stuttgarter Flughafens an den geplanten
       Tiefbahnhof in der Innenstadt. Sechs Varianten stehen zur Diskussion.
       Entscheidend wird dabei nicht nur die optimale Infrastruktur sein, sondern
       auch die Geldfrage. Keiner der S21-Projektpartner ist bislang bereit, mehr
       Geld auf den Tisch zu legen. Die Staatsrätin für Bürgerbeteiligung, Gisela
       Erler (Grüne), sieht dennoch Spielräume. „Es ist sehr wohl möglich, dass
       die Bürger über mehr entscheiden, als wo der Blumenkübel steht.“
       
       Kritiker bezweifeln diesen Spielraum. Eine Gruppe der Parkschützer spricht
       in einer Mitteilung von einer „Alibiveranstaltung, die den Bürgern
       Beteiligungsmöglichkeiten vorgaukeln soll, aber allenfalls kosmetische
       Änderungen an der total verkorksten S21-Lösung auf den Fildern zulässt“.
       Sie planen am Samstag eine Kundgebung vor dem Veranstaltungsort.
       
       Drinnen werden die eingeladenen Bürger in Kleingruppen zusammen mit
       Vertretern von Kommunen, Bürgerinitiativen und Projektpartnern diskutieren.
       Erler hofft darauf, dass die bislang nicht involvierten Bürger die harten
       Konfliktlinien aufbrechen können.
       
       ## Anfangs kaum Interesse der Bürger
       
       Beinahe wäre der Filderdialog gescheitert. Die erste Sitzung sollte
       eigentlich schon Ende Mai stattfinden. Damals hatte die grün-rote
       Landesregierung gerade mal eine Woche vorher 250 Bürger angeschrieben.
       Davon hatten sich nur fünf angemeldet. Somit musste der Dialog verschoben
       werden.
       
       Doch nicht nur die kurzfristige Ansetzung und die geringe Anzahl an
       verschickten Einladungen sieht Erler im Nachhinein als Fehler an. „Das
       Hauptproblem lag wohl darin, dass wir unser erstes Anschreiben zu kühl
       formuliert haben. Ich habe mir erst später klar gemacht, dass viele Bürger
       Angst hatten, wieder in die alte Kontroverse um Stuttgart 21 hineingezogen
       zu werden. Sie befürchteten, dass sie öffentlich Position beziehen sollten
       und dafür angeprangert werden“, sagte sie diese Woche in einem Interview
       mit der Stuttgarter Zeitung.
       
       „Daher haben wir versucht, den Bürgern in einem neuen Anschreiben
       klarzumachen, dass sich bei der Veranstaltung niemand outen muss, sondern
       Sachverstand und Alltagswissen gefragt sind.“
       
       ## Hoher Frauenanteil
       
       Statt 250 Bürger wurden dieses Mal also 4.500 angeschrieben. Bei den nun
       über 70 Anmeldungen freut sich Erler vor allem über den aus ihrer Sicht
       relativ hohen Anteil von Frauen. Mit 45 Prozent liege dieser immerhin fast
       viermal höher als bei den von Kommunen, Interessensgruppen,
       Bürgerinitiativen und Projektpartnern gesetzten Vertreterinnen und
       Vertretern. Dieser betrage nur zwölf Prozent. „Das ist eine Auswirkung der
       Zufallsauswahl“, sagte die Staatsrätin. „Bestimmte Gruppen, in diesem Fall
       Frauen, die sonst komplett unterrepräsentiert wären, sind jetzt im
       Beteiligungsprozess vertreten.“
       
       Der Filderdialog soll bis zu den Sommerferien abgeschlossen sein.
       
       15 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nadine Michel
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Stuttgart 21
 (DIR) S21
 (DIR) Schwerpunkt Stuttgart 21
 (DIR) Schwerpunkt Stuttgart 21
 (DIR) Schwerpunkt Stuttgart 21
 (DIR) Schwerpunkt Stuttgart 21
 (DIR) Schwerpunkt Stuttgart 21
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) „Stuttgart 21“ wird noch teurer: Ein Fass ohne Boden
       
       Die Bahn soll sich bei Brandschutz, Grundwasser und Immobilien verschätzt
       haben. Die Folge: S21 kann bis zu einer Milliarde Euro teurer werden.
       
 (DIR) Von Bahnhöfen und Flughäfen: „Deutsche Basta-Politik bringt nichts“
       
       Der Mediator Horst Zillessen über ahnungslose Politiker, Störenfriede, die
       Arroganz der Macht und wie Großprojekte besser kommuniziert werden könnten.
       
 (DIR) Verzögerung beim Bahnhofsbau: Grundwasser gegen S21
       
       Weiter gibt es Hickhack um den Fortgang des Bahnhofsprojekts in Stuttgart.
       Die Inbetriebnahme 2020 scheint jetzt wegen Grundwassers in Gefahr.
       
 (DIR) Möglicher Stuttgarter OB-Kandidat Turner: „Testosteronpolitiker preschen vor“
       
       Der ehemalige Werbeunternehmer Sebastian Turner über seine mögliche
       Kandidatur in Stuttgart, eine vom S21-Konflikt geprägte Stadt und seinen
       früheren Job als Werber.
       
 (DIR) Kommentar Schlossparkräumung S21: Mehr als verbohrte Wutbürger
       
       Die Gegner von S21 haben eine Debatte über direkte Demokratie entfacht.
       Protest endet nicht, wenn die Mehrheit anderer Meinung ist. Noch ist die
       Sache nicht vorbei.
       
 (DIR) Baumfällungen für Stuttgart 21: Polizei räumt Schlossgarten
       
       In Stuttgart hat die Polizei mit der Räumung des Schlossgartens begonnen.
       Bis 8 Uhr waren die meisten der etwa 1.000 Gegner des neuen Tiefbahnhofs
       nicht mehr vor Ort.
       
 (DIR) Stuttgart 21: Abriss des Südflügels beginnt
       
       Die Bagger graben sich in den zweiten Seitenflügels des Hauptbahnhofs in
       Stuttgart. Unter dem Protest der S21-Gegner beginnen die Abrissarbeiten.
       
 (DIR) Umsetzung von S21 stockt: Die Winterruhe der Fledermäuse
       
       Um mit den Bauarbeiten für den Tiefbahnhof Stuttgart 21 zu beginnen, fehlt
       der Bahn die Genehmigung zum Roden. Dass sorgt für neuen Mut bei den
       Protestlern.