# taz.de -- Kommentar Ägypten: Nach türkischem Vorbild
       
       > Parlament aufgelöst, Präsidentenamt ausgehöhlt: Das ägyptische Militär
       > hat sich zur unantastbaren Institution gemacht. Der Plan ist, das das auf
       > Jahrzehnte so bleibt.
       
       Wie heißt der nächste ägyptische Präsident? Das ist eigentlich unwichtig.
       Denn, wie fasst heute eine unabhängige ägyptische Tageszeitung den Coup der
       Armee in ihrem Titel zusammen: „Das Militär übergibt die Macht … an das
       Militär“.
       
       „Übergangsverfassung“ nennt sich das Werk, mit dem sich das Militär
       weitreichende Befugnisse sichert, auf Kosten des Präsidenten, der nominell
       das höchste Amt im Staat am Nil innehat.
       
       Kaum jemand in Ägypten hatte wirklich geglaubt, dass der oberste Militärrat
       tatsächlich, wie angekündigt, seine Macht nach der Wahl an einen zivilen
       Präsidenten übergeben werde. Aber das Drehbuch der Militärs übertrifft die
       schlimmsten Erwartungen. Letzte Woche hatte sich die Armee das Recht
       gesichert, Zivilisten zu verhaften.
       
       Am Tag darauf wurde vom Verfassungsgericht das Parlament aufgelöst. Damit
       liegt die gesamte gesetzgebende Macht beim, genau, beim Militär. Und jetzt
       mit der Übergangsverfassung haben sich die Generäle endgültig ihre
       Unantastbarkeit festschreiben lassen, das Recht an der zukünftigen
       Verfassung mitzuschneidern.
       
       Kurzum: Das Militär als unantastbare intransparente Institution, die
       niemand zur Rechenschaft ziehen kann, schreibt die ägyptische Verfassung
       und kann sich nun eigene Gesetze schreiben, die ihm das Recht gibt, jeden
       zu verhaften, der dagegen aufbegehrt.
       
       Die eine demokratische Institution, das Parlament, wurde aufgelöst; die
       zweite, das Amt des Präsidenten, ausgehöhlt. Übrig bleibt ein oberster
       Militärrat, der alle Fäden zieht. Nach dem „arabischen Frühling“ war das
       türkische Modell in aller Munde. Gemeint waren die Islamisten, die erstmals
       demokratisch eingebunden werden.
       
       Jetzt ist von einem ganz anderen türkischen Vorbild die Rede: von einem
       Militär, das sich an der Macht festbeißt, um diese jahrzehntelang nicht
       mehr abzugeben.
       
       18 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karim Gawhary
 (DIR) Karim El-Gawhary
       
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