# taz.de -- Abschluss des G20-Gipfels in Mexiko: Mal wieder verbindlich unverbindlich
       
       > Am Ende des G20-Gipfels in Los Cabos wurde es noch einmal versöhnlich,
       > viel mehr hatten die führenden Volkswirtschaften aber nicht in petto.
       > Außer Zuversicht und Worthülsen.
       
 (IMG) Bild: Ähnlich wie diese Demonstranten lassen auch Politiker auf Gipfeln selten die Masken fallen.
       
       LOS CABOS dpa | Ein gutes Zeichen für den freien Welthandel, aber sonst
       wenig Greifbares: Den führenden Volkswirtschaften der Erde (G20) ist die
       Kraft und der Wille abhandengekommen, Probleme vom Ausmaß der
       Euro-Schuldenkrise gemeinsam anzupacken. Beim G20-Gipfel im mexikanischen
       Badeort Los Cabos standen die Europäer am Ende mit ihren Problemen recht
       alleine da, auch wenn es an guten Worten und Ratschlägen nicht mangelte.
       
       Nach dem Schlagabtausch mit viel Kritik am europäischen Krisenmanagement
       zum Auftakt zeigte sich US-Präsident Barack Obama am Dienstag (Ortseit)
       letztlich versöhnlich: „Ich bin zuversichtlich, dass sie (die Europäer)
       diese Prüfungen bestehen können. Wenn die Leute ein Gefühl dafür haben, wo
       es hingeht, kann das Vertrauen schaffen.“
       
       Auch Kanzlerin Angela Merkel suchte die Wogen zu glätten und sprach von
       einem „wichtigen Gipfel“ mit einer ausgewogenen Debatte über
       Wachstumsimpulse in einer „Atmosphäre der Partnerschaft“. Es habe eine
       „ganz ehrliche Aussprache“ über die Probleme aller Länder gegeben.
       
       Neben den USA mahnten Staaten wie China, Indien und Südkorea, in der
       Schuldenkrise rasch zu handeln, um Gefahren für die Weltwirtschaft
       abzuwenden.
       
       US-Finanzminister Timothy Geithner gab der Euro-Schuldenkrise die Schuld,
       dass die Konjunktur der größten Volkswirtschaft der Erde nicht anspringt –
       zu einer Zeit, in der sein Chef im Wahlkampf steht: „Wir wachsen nicht so,
       wie wir wachsen sollten.“
       
       Auch der europakritische britische Premier David Cameron sagte: „Die
       Mitglieder der Eurozone nehmen einen neuen Anlauf, all ihre Mechanismen,
       ihre Institutionen und ihre ganze Feuerkraft zu nutzen, um aufzustehen und
       ihre Währung zu schützen.“
       
       Die Abschlusserklärung war an dieser Stelle eindeutig: Die Eurozone sei in
       der Pflicht, die Finanzmärkte zu beruhigen, Vertrauen zurückzugewinnen und
       Wachstum zu schaffen. „Die Mitglieder der Eurozone in der G20 werden alle
       notwendigen politischen Maßnahmen ergreifen, um die Integrität und
       Stabilität des Währungsraums zu sichern.“
       
       Daran glaubt auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine
       Lagarde: „In Los Cabos wurde die Saat für eine europaweite Erholung
       gelegt“, sagte sie. Sie wertete es als Erfolg, dass der IWF – nach neuen
       Zusagen seiner Mitglieder nun mehr als eine Billion US-Dollar an Mittel
       hat, um kriselnden Staaten überall auf der Welt zu helfen.
       
       EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und EU-Ratspräsident Herman Van
       Rompuy sahen - trotz aller Schelte – auch Verständnis bei den Partnern:
       „Sie (die G20-Führer) haben die Maßnahmen Europas zur Stabilisierung
       unserer Volkswirtschaften und unseres Finanzsystems begrüßt.“
       
       Den Streit über den richtigen Weg zu mehr Wirtschaftswachstum – in Europa
       vor allem zwischen Frankreich und Deutschland – mündete für den Moment im
       Patt. Mit einer unverbindlichen Passage in der Gipfelerklärung gaben sich
       alle zufrieden: diejenigen, die auch auf Pump finanzierte Programme
       gutheißen, wie auch die andere Seite, die mehr auf Haushaltssanierung und
       Strukturreformen setzt.
       
       Frankreichs Präsident François Hollande will ungeachtet aller Differenzen
       mit Merkel zusammenarbeiten, um die Euro-Schuldenkrise zu überwinden.
       Deutschland und Frankreich hätten als größte Volkswirtschaften in Europa
       eine besondere Verantwortung. Die EU trifft sich in der kommenden Woche zu
       einem Gipfel in Brüssel, um über Rezepte für mehr Wachstum und gegen die
       Schuldenkrise zu beraten.
       
       Die G20 verständigen sich auf einen „Los-Cabos-Aktionsplan“ für Wachstum
       und Jobs. Die europäischen Länder sagen Wachstumsimpulse zu, ohne den Kurs
       der Haushaltssanierung aufzugeben. Den USA wird angesichts der
       vergleichsweise schwachen Konjunktur zugestanden, langsamer zu sanieren.
       
       Die G20 setzten ein Zeichen gegen Hürden und Hemmnisses im Welthandel. In
       der Abschlusserklärung heißt es: „Wir sind tief besorgt über zunehmende
       Fälle von Protektionismus rund um den Globus.“ Die G20 versprechen deshalb,
       bis 2014 keine neuen Maßnahmen zu ergreifen, die eigenen Märkte von Waren
       und Dienstleistungen abzuschotten.
       
       Erstmals hatte sich die G20 beim Gipfel in Cannes 2011 auf dieses
       sogenannte Stillhalteabkommen verständigt. Nun wurde es in Los Cabos
       verlängert. Die Verhandlungen über einen freien Welthandel (Doha-Runde)
       liegen seit Jahren brach.
       
       Die Versorgung der Welt mit ausreichend Nahrung ist nach Ansicht der
       G20-Staaten „eine der größten Herausforderung“. Wegen des erwarteten
       starken Anstiegs der Weltbevölkerung von heute 7 auf 9,3 Milliarden bis
       2050 müsse die Produktion von Nahrungsmitteln um 50 bis 70 Prozent
       anwachsen, stellte die G20 fest. Die G20-Staaten wollen die Spekulationen
       mit Agrarrohstoffen eindämmen. Hilfsorganisation warfen den größten
       Volkswirtschaften Unentschlossenheit vor.
       
       Der nächste G20-Gipfel ist am 5. und 6. September 2013 im russischen St.
       Petersburg.
       
       20 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Romanczyk
       
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