# taz.de -- Kolumne B-Note: Freibeuter des Schicksals
       
       > Eine bewusstseinserweiternde Betrachtung des Schiedsrichters Howard Webb
       > beim Spiel Portugal gegen Tschechien.
       
       Jetzt trabt er. Der Trab. Nun schlendert er. Das Schlendern. Das Schlendern
       des Howard Webb, Vertreter des Fußballgottes auf heiligem Grün. Seine Wege
       sind nur schwer zu deuten und unergründlich zwischen all diesen
       tschechischen Budweiserflaschen und portugiesischen Marshmallows. Der
       Pfiff. Der Pfiff des Howard, Howard Webb, immer wieder Howie. Sein
       Rückwärtstraben. Der
       ich-hab-endgültig-auf-Freistoß-entschieden-du-Sackfresse-Rückwärtstrab.
       
       Dieser Pfiff. So endet auch unser aller Leben. Es kommt der ganz große
       Oberchefschiri und pfeift kräftig ab. So cowboymäßig breitbeinig steht er
       dann vor uns, unmissverständlich cool wie Howie jetzt: Budweiserflasche
       jault rum, wälz, wälz, wälz. Howie kalt: scheißegal. Verdammt, wie viel
       steht's eigentlich? Und was ist das für ein Acker, auf dem Howie da traben
       muss? Das ist kein Rasen, das ist ein schrecklich zerfurcht und zerpflügtes
       Schlachtfeld wie die französische Ardennen nach irgend so einer krassen
       Weltkriegsschlacht.
       
       Und überhaupt: Schlacht. Wir haben keinen Krieg mehr! Das ist doch, ich
       meine, das ist doch groß! Ganz groß! So Völker, die sich im fairen
       sportlichen Wettkampf bekriegen und nicht rumbomben und erobern und
       Pfosten. Ronaldo an den Pfosten. Hm. Lethargie. Pfiff. Howie beide Arme so
       doppelt hitlergrußig. Was macht das Bundesverfassungsgericht da jetzt?
       Irgendwie Pause.
       
       Hihi, Howie hat eben versucht dem Ober-Marshmallow mit dem Zeigefinger ins
       Auge zu pieksen. Wasn eigentlich, wenn beim Kopfball der Ball am Kopf
       kleben bleibt, wegen Haargel? Wieder Pfosten. Und Ronaldo mit festgeklebtem
       Ball über die Torlinie läuft?
       
       Ich fordere von den deutschen Kackfeuilletonisten hiermit mehr Metaebene!
       Die Szenen eben zum Beispiel: Marshmallow schlonzt Flanke vors Tor, Ball
       ditscht auf Tschechenbirne, biegt dann aus dem Strafraum, ditscht wieder
       auf, Ronald rumst drauf und der Ball zischt über das Tor. Warum eigentlich
       drüber? Wegen dieses kleinen Grashälmchens, das sich stramm und stolz
       umringt von Seinesgleichen dem Flutlicht entgegenreckt.
       
       Das einzige von Myriaden von Halmen, das nicht gemäht wurde, weil der
       Gärtner pissen musste oder so. Deshalb wird der Ball ein unteilbar kleines
       Atomlängendings nach links verdrillt und der Ronaldo, dessen Synapsen mit
       wirklich allem gerechnet haben, nur nicht mit diesem verdammten Halm, der
       Ronaldo trifft den Ball leicht falsch – vorbei. Ich fordere Grashalme auf
       den Titelseiten. Man, man, das ist Chaos pur. Nur Howie nicht. Howie ist
       der Sturmreiter des Unvorhersehbaren. Hat jetzt viel zu traben.
       Körpersprachenmäßig aber voll präsent. Tor.
       
       Howie jetzt herrischer Freibeuter auf einem grünen Meer aus Beinen und
       Schweiß und Ronaldos und Nanis und diesen Horden schwarz behelmter Torwarte
       und Budweiserflaschen und glipschigen Marshmallows und zwischen drin die
       frech auf Lederplaneten tänzelnden Naturgesetzen mit Drall, Schnitt, Kraft.
       Und. Und wo sind denn nun alle hin? Schon Schluss? Wer isn weiter? Howie?
       
       22 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arzt
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