# taz.de -- Kolumne B-Note: Die Stunde der Nerds
       
       > Der regenbedingte Spielabbruch von Donezk durchbricht die perfekten und
       > inszenierten Bilder von dieser EM. Und erinnert an das Unberechenbare des
       > Fußballs.
       
       In der Sekunde des vorläufigen Abbruchs der Partie in Donezk zwischen der
       Ukraine und Frankreich begann die Stunde der Nerds. Der Bescheidwisser.
       Béla Réthy vom ZDF hatte einen Assistenten, der ihm und uns half: Ja, es
       gab noch nie ein EM-Spiel, das einem Regen „wie aus Feuerwehrschläuchen“
       wegen zumindest einige Zeit lang abgebrochen werden musste.
       
       Zahlenwisser hatten selbstverständlich alles im Blick: 1974, bei der WM in
       der BRD, litt das Halbfinale zwischen Polen und den Gastgebern im
       Frankfurter Waldstadion ebenfalls unter enervierendem Regen - es war die
       „Wasserschlacht von Frankfurt“. Dann gab es da noch ein Bundesligaspiel,
       das gleich ganz abgepfiffen wurde – Nürnberg war daran beteiligt.
       
       Man könnte nun sagen: Na und? Aber Wetterlagen, die ein Spiel unmöglich
       machen, waren früher viel bekannter als heute. Im Winter fiel fast jedes
       dritte Spiel der Bundesliga zwischen Mitte Dezember und Ende Februar aus;
       das war, als in den Stadien der Erst- bis Zweitligisten (früher:
       Regionalligen) bei der Lizenzvergabe zum Mitmachen noch keine Klausel
       enthalten war, dass diese Arena mit Rasenheizung ausgerüstet sein sollte.
       
       Fußball, ein Freiluftsport par excellende, der Rasenpflege wegen nur unter
       bestimmten Bedingungen unter überdachten Verhältnissen austragbar, ist
       während der vergangenen 20 Jahre immer naturbezwingender geworden. Kaum
       noch Spiele werden abgesagt. Die Regenunterbrechung heute in der Ukraine
       gehört zu den Ausnahmen. Das ist schön, denn sie beweist, dass Fußball als
       Frischluftveranstaltung seine Grenzen in Witterungsbedingungen immer noch
       haben kann.
       
       Die perfekten – und inszenierten, auch Politisches aussparenden – Bilder
       von dieser EM in zwei Ländern sind quasi einem nicht planbaren Ereignis
       wegen gebrochen worden. Plötzlich wird merkbar, dass die Maschinerie des
       Events zum Stocken kommen kann - dazu braucht es nur eine
       Hochdruckwetterlage, die durch ein Tiefdruckverhältnis unterlaufen wird,
       auf dass schwüles, fast tropisches, jedenfalls stark platterndes Klima
       entsteht. Gut, das!
       
       Auch eine Sportinszenierungsagentur wie die Uefa kann nicht einfach das
       Wetter unter seine Kontrolle bringen. Insofern hat dieser bizarre
       Monsterschauer über der Ukraine etwas Beglückendes: Nicht alle Widrigkeiten
       sind unter die Fuchtel von Michel Platini und Wiktor Janukowitsch zu nehmen
       und zu befrieden. Regen tut gut!
       
       15 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Feddersen
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