# taz.de -- Stöß und Diepgen im Zoo: Alphatiere im Flusspferdhaus
       
       > Der neue SPD-Chef Jan Stöß muss sich mal wieder mit Hackordnungen
       > auseinandersetzen.
       
 (IMG) Bild: Beschnuppern nach der Wahl: Klaus Wowereit (l.) und Jan Stöß.
       
       Es ist, als würden an diesem Montagabend im Zoo zwei Jahrhunderte
       zusammenkrachen. Gleich hinterm Eingang des Flusspferdhauses: Zoofreunde,
       viele jenseits der Sechzig. Ein Kellner, der völlig ungerührt vom Gestank
       edlen Wein kredenzt. Und während vorne zwei Trommler auf Dschungel machen,
       setzen Nicole und Co zum Gebrüll an – die Nachfahren Knautschkes, von jenem
       Tier, das die Bomben überlebte und für das sich die Berliner in den
       Hungerjahren das Brot vom Munde absparten.
       
       Gelinde gesagt hat man’s also mit einem schrulligen Ambiente zu tun, in das
       Doktor Bernhard Blaskiewitz, Zoodirektor seit 1991, zu seinen
       „Zoogeschichten“ lud. Das Allerschrulligste jedoch ist die Wahl seiner
       Gäste: zum einen Eberhard Diepgen, Regierender Bürgermeister bis 2001, der
       mit seiner jovialen Art und der Rolf-Eden-Frisur hervorragend zu den
       Nilpferden passt. Zum anderen aber: Der Mitte Juni gewählte Landeschef der
       SPD, Jan Stöß, der das neue Berlin verkörpert: schwarzer Anzug,
       Dreitagebart und dann diese kantige Brille, die zuerst vor allem die
       Kulturwissenschaftler trugen. Jan Stöß, der Zugezogene, der sich weltoffen
       gibt und international, weiß offenbar, wie man sich abhebt und „alles
       überragt“, wie der Moderator frotzelnd bemerkt.
       
       Weiß er das wirklich? Schon der erste Schlagabtausch legt nahe, dass dem
       nicht so ist. Denn Blaskiewitz kommt sofort mit Tiervergleichen, gespickt
       mit jenem Berliner Humor, dem so schwer zu entgegnen ist. Da ist nicht die
       Rede vom Machtkampf in der SPD, sondern von Wölfen, bei denen sich mehrere
       Rüden im Rudel gut verstehen – oder von Elefanten, bei denen die Kühe die
       Herde führen, während sich die Bullen meist recht ergebnislos aufspielen.
       Zu alldem fällt Stöß wenig bis nichts ein.
       
       Tja, wo sind sie denn nun, die tierischen Vorbilder für das Verhalten des
       Jan Stöß, der seine Kandidatur so geschickt vorbereitet hat, dass man
       hinter der freundlichen Fassade guten Gewissens kühles Kalkül und eine gute
       Portion Willen zur Macht vermuten kann? Blaskiewitz jedenfalls scheint der
       Ansicht, dass viele Tiere es moderner anstellen als dieser ach so moderne
       SPD-Chef. Ausgerechnet Diepgen versucht, Stöß am Ende symbolisch die Hand
       zu reichen: „Von Zeit zu Zeit braucht es eben eine Kulturrevolution“, sagt
       er mit einem offenherzigen Schulterzucken. Und wirkt einen Moment lang viel
       cooler als der so verzweifelt um Coolness bemühte Jan Stöß.
       
       26 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Messmer
       
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