# taz.de -- EuGH schmettert Microsoft-Klage ab: „Drei Jahre illegales Verhalten“
       
       > Microsoft muss wegen Wettbewerbsverstößen 860 Millionen Euro Bußgeld
       > zahlen. Der Europäische Gerichtshof hat die von der EU-Kommision
       > verhängte Strafe bestätigt.
       
 (IMG) Bild: Für Microsoft Peanuts? Die Strafe von 860 Millionen Euro.
       
       LUXEMBURG dapd | Der Europäische Gerichtshof hat das von der EU-Kommission
       verhängte Rekordbußgeld gegen den US-Konzern Microsoft im Wesentlichen als
       rechtens bestätigt. In seinem Urteil vom Mittwoch bewertete der EuGH die im
       Februar 2008 festgelegte Strafe jedoch als etwas zu hoch und setzte das
       Zwangsgeld von 899 Millionen auf 860 Millionen Euro herab (Rechtssache T
       167/08).
       
       Damit folgten die Luxemburger Richter weitgehend der Entscheidung der
       Kommission und wiesen zudem „alle Argumente zurück, die Microsoft für deren
       Nichtigerklärung anführt“.
       
       Die Brüsseler Kartellwächter hatten das Bußgeld seinerzeit damit begründet,
       dass Microsoft für die Bereitstellung technischer Angaben über sein
       Betriebssystem Windows jahrelang überhöhte Preise von Konkurrenten verlangt
       und damit gegen Auflagen der Kommission verstoßen habe.
       
       Die Weitergabe der Daten sollte Branchenrivalen die Entwicklung eigener
       Server-Software ermöglichen, die mit dem auf den allermeisten Computern
       installierten Microsoft-Betriebssystem kompatibel ist. Der Konzern hatte
       dagegen betont, die Strafe beziehe sich auf längst gelöste „Probleme der
       Vergangenheit“.
       
       Der Streit zwischen der Kommission und Microsoft zieht sich bereits über
       mehrere Jahre. Schon im März 2004 hatte die Behörde ein Bußgeld von 497
       Millionen Euro gegen den Konzern verhängt und ihm auferlegt, technische
       Angaben zu Windows mit anderen Unternehmen und Programmierern zu teilen.
       
       Nachdem das Unternehmen dieser Forderung nach längerem Streit und einem
       weiteren Bußgeld von 281 Millionen Euro nachgekommen war, erklärte die
       Kommission im März 2007, der Konzern verlange für die Bereitstellung der
       sogenannten Interoperabilitäts-Informationen überhöhte Preise. Microsoft
       senkte die Gebühren aber erst im Oktober, nachdem der EuGH die
       Kommissionsentscheidung von 2004 bestätigt hatte.
       
       ## „angemessen und notwendig“
       
       Die Kommission attestierte dem Konzern daraufhin zwar, nunmehr alle ihre im
       März 2004 erlassenen Wettbewerbsauflagen zu erfüllen. Allerdings habe
       Microsoft seitdem „drei Jahre illegales Verhalten“ an den Tag gelegt,
       weshalb das Rekordbußgeld „angemessen und notwendig“ gewesen sei.
       Theoretisch hätte die Kommission nach eigenen Angaben sogar eine Strafe von
       1,5 Milliarden Euro verhängen können. Dass das Bußgeld nun geringfügig
       gesenkt wurde, begründete der EuGH damit, dass die Kommission Microsoft das
       Recht eingeräumt hatte, den Vertrieb von „Open Source“-Produkten bis zum
       EuGH-Urteil im September 2007 zu beschränken.
       
       Immerhin stellten die 899 Millionen Euro auch so die höchste Strafe dar,
       die von den EU-Kartellwächtern bis dahin gegen ein einzelnes Unternehmen
       erlassen worden war. Die seit März 2004 gegen Microsoft verhängten
       Geldbußen addierten sich sogar zu einem Betrag von rund 1,68 Milliarden
       Euro. Später wurde der Rekord dann von einem weiteren US-Konzern
       übertroffen: Intel bekam im Mai 2009 aus Brüssel eine Rechnung von 1,06
       Milliarden Euro wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung
       präsentiert. Die Klage von Intel gegen diese Entscheidung wird nächste
       Woche vor dem Gericht mündlich verhandelt.
       
       Für Microsoft war das EuGH-Urteil indes nicht die einzige schlechte
       Nachricht des Tages: Auf den Sitz des Konzerns in Athen wurde am
       Mittwochmorgen ein Anschlag verübt. Die Attentäter steuerten einen Kleinbus
       durch die Eingangstür und setzten das Fahrzeug danach in Brand. Verletzt
       wurde niemand, wie die Polizei mitteilte. Eine Warnung sei dem Anschlag
       nicht vorausgegangen. Zu der Tat im Vorort Maroussi bekannte sich zunächst
       niemand.
       
       27 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marc Kalpidis
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) EU-Kartellverfahren gegen Microsoft: „Wir nehmen das sehr ernst“
       
       Mit einem Update für Windows 7 verschwand auf einmal das Auswahlfenster für
       andere Browser. Der EU-Wettbewerbskommissar findet das gar nicht lustig.
       
 (DIR) Magere Einnahmen bei Onlinewerbung: Microsoft verbrennt Milliarden
       
       Eine Firmenübernahme von 2007 ist für Microsoft sehr teuer geworden. Der
       Konzern wollte sich damit bei der Onlinewerbung auf Augenhöhe mit Google
       bringen – daraus wurde nichts.
       
 (DIR) Wettbewerbsrecht: Facebook im Visier
       
       Ob Bildbearbeitung oder Gesichtserkennung: Facebook schluckt in schneller
       Folge kleine, innovative Unternehmen. Langsam erwachen nun auch die
       Kartellbehörden.
       
 (DIR) Kartendienste im Netz: Kampf um den beliebtesten Stadtplan
       
       Apple schmeißt Google Maps von seinen Geräten, Google senkt die Kosten für
       seine Kartendienste. Der neue Streit der Netzfirmen könnte Nutzern bessere
       Qualität bescheren.
       
 (DIR) Neuer Tablet-Computer „Surface“: Microsoft bietet Angriffsfläche
       
       Bei Tablets und den nächsten Betriebssystemen geht es offenbar um viel:
       Microsoft baut nun eine eigene Gerätelinie. Und beschwört damit Konflikte
       mit Partnern.
       
 (DIR) EU-Kommission prüft Google: Der rätselhafte Algorithmus
       
       Die EU-Kommission prüft, wie fair die Suchergebnisse von Google sind.
       Werden andere benachteiligt? Jetzt muss sich der Netzkonzern erklären.