# taz.de -- Jahrestagung der Walfangkommission: Tourismusfleisch ist Ladenhüter
       
       > Wale fangen ist Ureinwohnern wie den Inuit in Grönland erlaubt. Auf der
       > Jahrestagung der Wahlfangkommission steht diese Ausnahmegenehmigung
       > jedoch in der Kritik.
       
 (IMG) Bild: Viel Gesünder ist es, Wale anzugucken als zu essen: Hier der erste weltweit gesichtete Albinowal im Nordpazifik.
       
       Ob in Island, Norwegen oder Grönland: Der Tourismus ist mittlerweile ein
       wichtiger Faktor dafür, dass der dortige Walfang überlebt. Ein Großteil des
       angelandeten Walfleisches landet auf der Speisekarte der TouristInnen. So
       findet in Island etwa die Hälfte des verkauften Walfleischs seine Abnehmer
       in den typischen Touristenrestaurants. In den Supermärkten, in denen die
       Einheimischen einkaufen, ist die Ware längst ein Ladenhüter.
       
       Das „Tourismusfleisch“ hat es jetzt auf die Tagesordnung der am Montag in
       Panama beginnenden diesjährigen Jahrestagung der Internationalen
       Walfangkommission (IWC) geschafft. Anders als für Norwegen oder Island, die
       sich an das vor 30 Jahren beschlossene weltweite Walfangmoratorium sowieso
       nicht halten, ist die Stillung der Walfleisch-Neugier von TouristInnen auf
       Grönland nämlich ein Verstoß gegen die IWC-Bestimmungen. Der Walfang auf
       der Arktisinsel ist nur aufgrund der für indigene Völker bestehenden
       Ausnahmeregelungen erlaubt. Soll also dem Nahrungsbedarf der knapp 50.000
       dort lebenden Inuit dienen.
       
       Kritiker dieses Fangs halten das allerdings schon lange für ein
       vorgeschobenes Argument. „Mit Fleischbedarf hat diese Jagd nichts mehr zu
       tun“, sagt beispielsweise der Biologe Thor Hjarsen vom dänischen
       „Ecoadvice“. Jährlich würden in Grönland tonnenweise Wal- und
       Seehundfleisch vernichtet, weil es keinen Absatz dafür gibt. Wale würden
       gejagt, weil die Fischer meinten, dass diese ihnen den Fang wegfressen
       würden.
       
       Der Verkauf an Touristen ist für Walschützer eine Bestätigung dafür, dass
       es gar nicht mehr um einheimischen Nahrungsbedarf geht. Dass Dänemark für
       Grönland nun von der IWC auch noch eine Aufstockung der bisherigen
       Fangquoten auf 1326 Großwale für die kommenden sechs Jahre haben will, hat
       bei Umweltschutzorganisationen deshalb zu Protesten geführt. Speziell gilt
       das für die Forderung auf Fang von fast doppelt soviel, nämlich insgesamt
       114 der im Bestand bedrohten Finnwale - dem nach dem Blauwal grössten Tier
       der Erde.
       
       „Wir erkennen das Recht der Ureinwohner an, Wale zu fangen - doch wir
       wollen auch verhindern, dass Grönland dieses Recht dazu missbraucht, wieder
       kommerziellen Walfang einzuführen“, sagt Sandra Altherr von „Pro Wildlife“.
       Der deutsche EU-Parlamentarier Jo Leinen fürchtet einen „Dominoeffekt“,
       falls durch solche Quotenerhöhungen das Walfang-Moratorium immer mehr
       ausgedünnt werde.
       
       Für die Gesundheit der Konsumenten wäre weniger Walfleisch ebenfalls von
       Vorteil. Alle EU-Staaten in der IWC haben eine Resolution eingebracht,
       welche die Walfangstaaten auffordert, ihre Bevölkerung über die
       gesundheitlichen Risiken des Walfleischkonsums besser zu unterrichten: Das
       ist mittlerweile so mit Schwermetallen und von Umweltgiften belastet, dass
       das Walfangland Norwegen Schwangeren und Stillenden ausdrücklich von einem
       Verzehr abrät.
       
       Eine grundsätzliche Debatte des Walfangmoratoriums fehlt in diesem Jahr auf
       der IWC-Tagesordnung. Statt dessen könnte es ein neues Schutzgebiet für
       Wale geben. Das dritte nach der Antarktis und dem Indischen Ozean soll nach
       einem Vorschlag Brasiliens, Argentiniens und Uruguays im Südatlantik
       eingerichtet werden. Die dafür erforderliche Zweidrittelmehrheit in der IWC
       ist aber fraglich.
       
       1 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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