# taz.de -- Sprinteretappe auf der Tour de France: Cavendish kann’s auch ohne Zug
       
       > Mark Cavendish siegt vor André Greipel. Der Brite gewinnt die erste
       > Sprinteretappe, obwohl sein Team in diesem Jahr kaum für ihn arbeitet und
       > die Konkurrenz stärker geworden ist.
       
 (IMG) Bild: Auf der Suche nach einem Bildausschnitt des britischen Radrennfahres Mark Cavendish ohne Sponsorenlogos wurden wir beim Giro d'Italia 2009 fündig.
       
       TOURNAI taz | Als Solist, im Stile eines Keirin-Sprinters, surfte der
       Weltmeister im Finale der ersten Sprinteretappe der Tour de France 2012
       durch die vorderen Reihen des Feldes, setzte sich am Hinterrad seines
       ärgsten Rivalen André Greipel fest und nahm dem Rostocker schließlich die
       entscheidenden Zentimeter ab, die zum Sieg reichten.
       
       Damit brachte der freche Brite all die Unken zum Verstummen, die ihm
       Schwierigkeiten prophezeit hatten. „In diesem Jahr wird es eng für
       Cavendish, denn er hat seinen gewohnten Zug nicht zur Verfügung. Die
       Mannschaft von Sky kümmert sich ja in erster Linie um Wiggins und das
       Projekt gelb“, hatte Sprinteroldie Oscar Freire der taz gegenüber gehofft.
       
       Rolf Aldag, ehemaliger sportlicher Leiter von Cavendish, meinte:
       „Erfahrungsgemäß kommt Mark schwer in die Tour rein. Bei der ersten Etappe
       kann André Greipel sich Hoffnungen machen.“ Nichts war’s mit den
       Hoffnungen. Greipels Lotto-Express setzte sich zwar an die Spitze des
       Pelotons und nahm damit jene Position ein, die im vergangenen Jahr noch die
       Mannen um Cavendish besetzt hielten.
       
       „Aber Mark ist so schlau. Er trifft oft die richtigen Entscheidungen, was
       seine Position im Feld angeht. Auch jetzt hat er wieder alles richtig
       gemacht“, lobte ihn sein Teamchef Dave Brailsford. Cavendish selbst zeigte
       sich bei der Pressekonferenz unbeeindruckt von der Aufgabenteilung bei Sky.
       „Ich bin stolz, in einer Mannschaft mitzufahren, die um den Gesamtsieg in
       Paris kämpft. Ich wusste ja, worauf ich mich einlasse.“
       
       ## Selbstbewusster Spitzbube
       
       Spitzbübisch setzte er noch einen drauf: „Ich bin ja am liebsten allein. Im
       Finale habe ich Bernard Eisel und Edvald Boasson Hagen noch weggeschickt.
       Zwei Leute sind nicht so gut wie ein Zug. Ich wollte lieber selber meinen
       Weg finden. Schließlich bin ich es, ich allein, der entscheidet, welcher
       Platz für mich der richtige ist.“ Deutlicher kann man Selbstbewusstsein
       nicht kundtun.
       
       Greipel, der konventionelle Powermann von der Ostsee, war stinksauer.
       „Natürlich bin ich enttäuscht. Aber ich kann ja niemandem verbieten, an
       meinem Hinterrad zu sein“, knurrte er. Noch geknickter als Greipel war
       Marcel Kittel. Der blonde Coverboy aus Arnstadt hatte sich so viel für
       seine Tourpremiere vorgenommen.
       
       Kittel jedoch zockelte am Ende des Feldes ins Ziel. Ein Magen-Darm-Virus
       hatte ihn erwischt. „Wir haben gesehen, dass es ihm schlecht geht, und
       entschieden, dass er sich schonen soll. Aber ärgerlich ist das schon. Wenn
       sein Anfahrer Veelers auf Platz vier fährt, dann hätte Kittel die Etappe
       gewinnen können“, meinte ein Betreuer.
       
       ## Knabbern an der Enttäuschung
       
       Während Kittel darauf warten muss, dass sich sein Körper wieder erholt und
       Greipel an der Enttäuschung knabbert, dass auch ein perfekter Zug keinen
       Sieg garantiert, bleibt als einziger Kandidat, der es an Gewitztheit und
       Geschwindigkeit mit King Mark aufzunehmen weiß, nur der Slowake Peter Sagan
       übrig.
       
       Der Liquigas-Fahrer düpierte bereits Fabian Cancellara bei der
       Klassikeretappe nach Seraing. Sagan braucht ebenfalls keinen vorbereitenden
       Zug. Zu viel Fürsorge ist ihm lästig. Lieber setzt er sich über
       Teamabsprachen hinweg, wenn die seinen Siegesabsichten im Wege stehen.
       Liquigas-Kapitän Vincenzo Nibali könnte eine Broschüre mit den
       Eigenmächtigkeiten seines Kollegen füllen.
       
       Aber es ist genau diese Mischung aus Siegeswille, Unbekümmertheit und
       Intuition, die Sagan neben der notwendigen Schnelligkeit so gefährlich für
       Cavendish macht und dem Publikum bei den Flachetappen bis Freitag mehr
       Aufregung spendiert. Cavendish ist der König der schnellen Männer. Aber er
       kann sich seines Throns weniger sicher sein als noch im letzten Jahr. Für
       den Sport ist das prima.
       
       4 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tom Mustroph
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
       
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